Bevor man ein neues Entwicklungsprojekt starten kann, ist eine gewissenhafte Vorplanung erforderlich. Die grundlegende Frage ist zunächst, warum eine Entwicklung überhaupt erforderlich ist. Sieht man sich den Lebenszyklus eines Produktes an, so besteht dieser aus verschiedenen Abschnitten. Der Zyklus beginnt mit dem Abschluss der Produktentwicklung und der Serienreife. Zunächst muss das Produkt am Markt eingeführt werden, wobei die verkauften Stückzahlen noch gering sind. Dies hat zur Folge, dass in dieser Phase zwar der Umsatz ansteigt, die Gewinnzone jedoch noch nicht erreicht werden kann. Grund sind die Kosten für die Markteinführung (wie Schulungen, Werbung, Dokumentation), die Entwicklungsumlage und den Prototypenbau. Außerdem sind die Fertigungseinrichtungen noch nicht mit den geplanten Stückzahlen ausgelastet und dadurch noch unrentabel. In der danach folgenden Wachstumsphase wird die Gewinnzone erreicht, der Profit steigt synchron mit dem Umsatz an, bis er sich nach einer relativ konstanten Ertragsphase im Laufe der Zeit abflacht. Im Markt ist nun für das Produkt eine Sättigung eingetreten und die Stückzahlen gehen nach unten, bis der Produktzyklus quasi beendet ist. Aus diesem Verlauf ist ersichtlich, dass ein Unternehmen zur wirtschaftlichen Existenz nach dem Ende der Ertragsphase ein Nachfolgeprodukt benötigt, das dann gerade in diese Phase eintritt. Ziel der Entwicklungsplanung muss also sein, ein Folgeprodukt zum richtigen Zeitpunkt im Markt zu haben. Das neue Produkt kann sich durch die Anwendung neuer Erkenntnisse oder Technologien auszeichnen, es kann auch einen konkurrenzfähigeren Preis haben oder leichter bedienbar sein. Es gibt viele Möglichkeiten zur Verbesserung. Manche Entwicklungen haben auch kein Vorgängerprodukt, sondern werden als „Leuchtturmprojekt“ erstmalig geboren. Erfolgreiche Unternehmen investieren etwa fünf Prozent ihres Verkaufsertrages in die Produktentwicklung, dies ist die Grundlage für eine stets innovative Produktpalette.
Bedarf analysieren
Die Vorplanung eines Entwicklungsprojektes beginnt mit einer Gesprächsrunde der wichtigsten Entscheidungsträger; über eine Bedarfsanalyse erarbeitet man so die wichtigsten Rahmenanforderungen an das neue Produkt. Das Ergebnis sollte in Form von Stichpunkten festgehalten werden. Wichtige Punkte sind beispielsweise:
Funktionen, technische Eigenschaften, potentieller Kundenkreis, Konkurrenzprodukte, Abschätzung der Entwicklungskosten, angestrebter Zeitrahmen, angestrebte Produktkosten, angestrebter Verkaufspreis, Fertigungsmöglichkeiten und erforderliche Voruntersuchungen (Machbarkeit, Zulassungsfähigkeit).Außerdem wird eine möglichst kurze, prägnante Projektbezeichnung festgelegt. Im nächsten Schritt überlegt man, welche Personen für die Bearbeitung der einzelnen Punkte in Frage kommen, wobei dieser Kreis die Basis für das Entwicklungsteam darstellt. Dies ist ein essentieller Punkt, da eine erfolgreiche Produktentwicklung hiervon abhängig ist. Natürlich muss auch ein Projektleiter bestimmt werden, im Allgemeinen wird dieser aus dem am stärksten involvierten Entwicklungsbereich kommen. Der Projektleiter sollte möglichst Erfahrung in der Leitung eines Projektteams besitzen und in alle wichtigen Entscheidungen involviert werden. Es ist daneben stets ratsam, eine Person mit langer Entwicklungserfahrung im Team zu haben, da diese am Besten in der Lage ist, Abschätzungen zu Zeitbedarfen, Machbarkeiten und Kosten der Projektschritte zu treffen. In den USA tragen diese Personen meist die Bezeichnung „Senior Engineer“, sie können durchaus auch gleichzeitig bei mehreren Projektteams mitarbeiten. Ebenso ist die Einbindung der Fertigungsfachleute bereits in diesem Stadium wichtig. Schlimmstenfalls könnte es ansonsten passieren, dass ein fertig entwickeltes Produkt in der Serie nicht wirtschaftlich herstellbar ist.
Outsourcing bedenken
Bei der Betrachtung der Projektschritte kann auch die Erkenntnis gewonnen werden, einzelne Bereiche aus dem Projekt herauszulösen und an externe Unternehmen zu vergeben, hierzu zählt auch die Fertigung des Produktes. Oftmals lassen sich hierdurch Kosten und Zeit sparen, weil ein anderes Unternehmen auf eine bestimmte Aufgabe spezialisiert ist und daher die Anschaffung von teuren Prüf-, Fertigungs- und Messeinrichtungen entfallen kann. Bei der anschließenden Sitzung des Entwicklungsteams sollten die einzelnen Projektschritte genauer definiert werden. Dabei ist die Erstellung eines Projektplans erforderlich, bei dem man jeden Punkt mit einer kalkulierten Arbeitsdauer versieht und so jederzeit ein Überblick über Gesamtdauer und Stand des Projektes möglich ist. In der einfachsten Form kann der Projektplan mit einer Software zur Tabellenkalkulation erstellt werden, es gibt aber auch diverse Programme, die auf unterschiedliche Anforderungen genau zugeschnitten sind. Im Projektplan legt man ebenfalls für jeden Arbeitsschritt eine Zuständigkeit fest. Es muss ferner die Möglichkeit bestehen, jederzeit zusätzliche Schritte einzufügen, zu löschen oder zu editieren. Die Auswirkung derartiger �?nderungen sollten im zeitlichen Ablaufplan des Projektes sofort sichtbar sein. Die wichtigste Grundlage eines Entwicklungsprojektes ist das Pflichtenheft. Ohne dieses Dokument kann ein Projekt auch einmal im Chaos enden. Für die Erstellung des Pflichtenhefts muss eine geeignete Person, welche die Anforderungen des Projektes genau kennt, benannt werden. Idealerweise liegt ein innerbetriebliches Dokument in Formularform vor, in das man die erforderlichen Angaben eingetragen kann. Ein solches Dokument berücksichtigt die internen Erfordernisse und Strukturen eines Unternehmens und trägt so dazu bei, dass man keine Angaben vergisst. Nach der Formulierung des Pflichtenheftes sollte dieses von den weiteren Mitgliedern des Projektteams geprüft werden, um etwaige Korrekturen vornehmen zu können.
Inhalt eines Pflichtenheftes:
Projektname und Beschreibung, Anforderungen für den angesprochenen Kundenkreis, Zusatzwünsche, welche ohne Aufwand erfüllt werden können („nice to have“), Erwartungen an die Konkurrenzfähigkeit des Produktes, exakte Schilderung der Entwicklungsaufgabe, geplante Stückzahlen, Planung für Entwicklungs- und Fertigungsaufwand, Herstell- und Verkaufspreis, Zeitrahmenplanung, Zieltermin („Deadline“), Einsatzbedingungen, umfassende technische Daten mit Toleranzangaben und Sicherheitszuschlägen, Ausschlusskriterien, Einbauumstände, detaillierte Angaben zu Prüfungen und Zulassungen, detaillierte Angaben zur mechanischen Gestaltung, farbliche Gestaltung, Abmessungen, elektrische und mechanische Genauigkeitsanforderungen, Ausfallsicherheit, Verhalten bei allen denkbaren Betriebssituationen, Bedienungs- und Anzeigeelemente, Beschriftungen, mechanische und elektrische Schnittstellen mit genauer Definition und technischen Daten, genaue Beschreibung der Anforderungen an die Software (einschließlich Programmaufbau, Diagramme, Zeitkriterien), erforderliche Fertigungseinrichtungen (vorhandene und neu zu schaffende Ressourcen), Umfang und Gestaltung der Betriebsanleitung, Wartungsvorschriften und Reparaturmöglichkeiten, Lagerbedingungen und Verpackung.Generell ist die gewissenhafte Vorbereitung eines Entwicklungsprojektes für den Erfolg ausschlaggebend. Je später eine �?nderung erforderlich wird, umso höher ist der Zeit- und damit der Kostenaufwand. Die nachfolgende Erörterung des Pflichtenheftes im gesamten Projektteam kann zu der Entscheidung führen, dass für bestimmte Schritte noch separate Grundlagen- beziehungsweise Voruntersuchungen oder Messreihen erforderlich sind. Diese sollte man vornehmen, bevor der Startschuss für das Projekt fällt. Auch hierfür lassen sich externe Dienstleister oder Labore vorteilhaft einsetzen. Durch diese Vortests kann man so genannte „weiche Punkte“ im Projekt vorher klären, und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von unerwarteten Zeitverlusten im Projektverlauf reduziert sich.