Kürzlich ist in der Biogasanlage Nat-Ur-Gas Solschen ein Radlader ausgefallen. Stundenlang suchte der Biogasanlagenbetreiber und Geschäftsführer Heinrich Schaper nach einem passenden Ersatzteil. Denn die Anlage muss kontinuierlich mit Substrat beschickt werden. „Sonst bekommen die Bakterien schlechte Laune und die Biogasqualität sinkt“, erklärt Schaper. „Deshalb muss man darauf achten, dass 365 Tage im Jahr möglichst die gleiche Substanz in der gleichen Mischung und Tonnage gefüttert wird.“
3,5 t frische Biomasse benötigen die beiden Fermenter jeweils pro Stunde. Das Substrat, das in Solschen „gefüttert“ wird, kommt von Landwirten aus der Region. Es besteht zur Hälfte aus Mais, zu rund 30 Prozent aus Zuckerrüben, zu 15 Prozent aus Ganzpflanzensilage (GPS) und zu 5 Prozent aus Putenmist. Dazu kommen noch etwa 0,5 m3 Zuckerrübensaft pro Fermenter und Stunde.
„Mit dieser Mischung sind die Bakterien sehr zufrieden“, berichtet Schaper. „Der Saft ist reine Energie. Damit können wir zur Not auch kompensieren, wenn mal nicht genügend Substrat zur Verfügung steht.“ Die Landwirte verwerten den entstehenden Gärrest zum Großteil wieder auf ihren Feldern, sodass ein fast perfekter Kreislauf entsteht.
Zentrales Pumpwerk ermöglicht flexibles Anlagekonzept
Doch vom Substrat zum Gärrest ist es ein langer Weg. Durchschnittlich 90 Tage verbleibt das Substrat in den Fermentern, wo die Bakterienkulturen die organische Substanz bei etwa 50 °C so weit wie möglich in Methan und Kohlendioxid (CO2) umwandeln. Dafür wird das Material zunächst zerkleinert, von Steinen und Schmutz befreit und durch Zugabe von Rezirkulat aus der Vergärung verflüssigt und vortemperiert. Die nun pumpfähige Brühe gelangt in die beiden 6.000 m3 großen Hochfermenter.
„Die komplette Verfahrenstechnik der Anlage läuft über Pumpen“, erklärt Michael Klawitter. Er betreibt die Biogasanlage gemeinsam mit Schaper. „Wir haben ein zentrales Pumpwerk, über das alle Pumpen bedient werden“, erläutert Klawitter. „Damit können wir flexibel jeden einzelnen Behälter befüllen und auch wieder entladen.“
Unabhängig von Fördergeldern arbeiten
Das erzeugte Biogas wird in einer Aufbereitungsanlage über Membranen kontinuierlich auf einen Methangehalt von 94 Prozent konzentriert. „Stündlich speisen wir 700 m3 Biomethan ins Gasnetz ein“, bilanziert Klawitter. „Hier vor Ort haben wir ein sogenanntes Low-Gas-Netz mit einem Methangehalt von 89 Prozent. Unser Einspeiser, die Firma Avacon, muss das Gas deshalb auf Netzqualität bringen und vor dem Einspeisen praktisch wieder ‚verschlechtern‘.“
Bilanziell wird das Biogas an den Münchner Energieversorger BayWa verkauft. „Wir sind eine der wenigen Biogasanlagen, die einen langfristigen Abnahmevertrag haben“, erläutert Klawitter. „Außerdem sind wir nicht an das EEG angelehnt, das heißt, wir bekommen aus diesem Topf keine Zuschüsse.“ Während der relativ langen Planungsphase habe man verfolgen können, dass sich die Politik in Deutschland von einer EEG-Förderung wegbewege. Deshalb sei klar gewesen, dass die Anlage unabhängig von Fördergeldern rentabel arbeiten müsse.
Entschwefelung als wichtiger Schritt
Die Voraussetzung für einen EEG-unabhängigen Anlagebetrieb war neben der gesicherten Gasabnahme auch ein hohes Maß an Effizienz entlang der gesamten Prozesskette. Im Bereich der Biogas-Entschwefelung trägt Atlas Copco mit einem Sauerstoffgenerator und einem drehzahlgeregelten Schraubenkompressor dazu bei.
„Das größte Problem bei der Herstellung von Biogas ist der entstehende Schwefelwasserstoff“, erläutert Klawitter. „Der verklebt zum einen die Filter in der Aufbereitungsanlage. Zum anderen wird er bei der Verbrennung des Biogases in Schwefeldioxid umgewandelt und führt zu Korrosion in Armaturen und Motoren. Deshalb müssen wir versuchen, so viel Schwefelwasserstoff wie möglich aus dem Gas zu eliminieren.“
In Solschen hat man sich für die sogenannte biologische Entschwefelung entschieden. Bei diesem Verfahren wird der Schwefelwasserstoff unter Zugabe von Luft oder reinem Sauerstoff von speziellen Bakterien im Fermenter zu elementarem Schwefel und Wasser umgesetzt. Der Schwefel verbleibt im Gärrest und erhöht dessen Düngewert, während das gereinigte Gas die weiteren Aufbereitungsstufen durchlaufen kann.
„Wir haben uns bewusst für eine Entschwefelung mit reinem Sauerstoff entschieden“, sagt Klawitter. „Denn anders als bei der Entschwefelung mit Umgebungsluft können wir unseren O2-Generator genau steuern. Dadurch haben wir unter anderem in puncto Explosionsschutz die volle Kontrolle. Wir wissen, dass wir einen O2-Gehalt von 94 Prozent haben und können die Sauerstoffzugabe so dosieren, dass wir definitiv immer unter der unteren Explosionsgrenze von 2,3 Prozent liegen.“
Sehr geringe Schwefelanteile
Mit der Abscheideleistung des Verfahrens ist Michael Klawitter sehr zufrieden. „Wir fahren hier mit sehr geringen Schwefelanteilen“, sagt der Fachmann. „Vor der Aufbereitungsanlage durchläuft das Gas noch einen großen Aktivkohlefilter. Dort kommen wir mit einem Schwefelgehalt von 10 ppm an, was sehr gering ist. Nach dem Filter messen wir 0 ppm Schwefel.“ Ohne die biologische Entschwefelung, so Klawitter, würde das Gas mit 200 ppm in den Filter eintreten. Die insgesamt 3 t Aktivkohle müssten dann alle drei Monate ausgetauscht werden. So rechne man mit einer Standzeit von einem Jahr.
„Außerdem braucht die Aktivkohle mindestens 0,4 bis 0,5 Prozent Sauerstoff, um ihre volle Wirksamkeit zu entfalten“, erklärt Klawitter. „Deshalb muss der O2-Generator permanent laufen und ist praktisch ein Nadelöhr im Prozess.“ Wenn vor der Gasaufbereitung Schwefel gemessen werde, schalte sich die Anlage augenblicklich ab. Und da jede Stunde Stillstand den Umsatz drücke, sei eine Redundanz an dieser Stelle bereits in Planung.
Hochreiner Sauerstoff
Die Anlage zur Sauerstoffversorgung wurde von Atlas Copcos Handelspartner D & N Drucklufttechnik geplant und realisiert. Sie besteht aus einem öleingespritzten drehzahlgeregelten Schraubenkompressor GA 11 VSD+, einem O2-Generator vom Typ OGP 8, jeweils einem Speicher für Druckluft und Sauerstoff sowie den notwendigen Filterstufen für die Druckluft- und O2-Aufbereitung.
Je nach Jahreszeit und Temperatur saugt der Kompressor die Luft entweder von außerhalb oder direkt im Betriebstechnikgebäude an. Die erzeugte Druckluft gelangt dann mit einem Druck von 10 bar über einen Aktivkohlefilter, einen Ölabscheider und einen Schmutzfang in einen Speicherbehälter. Von dem aus wird der O2-Generator gespeist, der die Luft auf einen Sauerstoffgehalt von 94 Prozent anreichert.
Über einen weiteren Puffertank und zwei elektronische Durchflussmesser gelangt der Sauerstoff schließlich in die Fermenter. Die OGP-Sauerstoffgeneratoren von Atlas Copco arbeiten nach dem Prinzip der Druckwechseladsorption und liefern hochreinen Sauerstoff für vielfältige Anwendungen.
Kompressor für flexible Sauerstoffversorgung
„Momentan blasen wir im Schnitt pro Stunde 9 m3 Sauerstoff in die Fermenter ein“, sagt Klawitter. „Die Schwankungen liegen zwischen 6 und 11 m3, denn wenn wir wenig Gas im System haben, müssen wir die O2-Menge aufgrund der Explosionsgefahr herunterregeln.“
Man versuche immer, mit dem empfohlenen Sauerstoffgehalt von 0,5 bis 0,6 Prozent zu fahren. Dafür müsse auch die Druckluftversorgung flexibel sein – ein Grund, warum man sich für die drehzahlgeregelte Maschine von Atlas Copco entschieden habe. Der zweite große Vorteil der Drehzahlregelung ist der geringe Energieverbrauch, und „je effizienter der Kompressor arbeitet, umso sparsamer wird auch der Sauerstoff erzeugt“, weiß Klawitter.
Die GA-VSD+-Kompressoren arbeiten mit einer Drehzahlregelung der neuesten Generation und sind mit energiesparenden Permanentmagnetmotoren ausgestattet. Im Vergleich zu einer schlecht ausgelasteten Drucklufterzeugung mit Last-Leerlauf-Regelung sollen die Maschinen Einsparungen von bis zu 50 Prozent ermöglichen. Im Vergleich zur Vorgängergeneration konnte der Hersteller den Energiebedarf nochmals um 9 Prozent reduzieren.