Pulver & Schüttgut Silos sicherer machen

Ein federbelastetes Ventil reagiert bei Unterdruck mit Hilfe eines innen liegenden, scheibenförmigen Deckels - hier als blaue Scheibe dargestellt -, der an einem Spiralfederstab aufgehängt ist.

Bild: Wam
18.06.2014

Letzter Rettungsanker bei Über- und Unterdruck in Silos sind Druckausgleichsventile. Bei ihnen gibt es Unterschiede, die in einer Gefahrensituation entscheidend sein können, wie etwa die Reaktionszeit des Ventils. Membran-Druckausgleichsventile regulieren abnorme Druckverhältnisse in Echtzeit.

Die Lagerung von Schüttgütern in Silos erfordert weitreichende Sicherheitsmechanismen. Ob bei der Silobefüllung, während des Lagerns oder beim Materialaustrag – ohne Sicherheitskomponenten kann es beim Betrieb von Silos zu Unfällen kommen, bei denen akute Gefahr für Personal und Umwelt besteht. Hauptursache sind dabei meist abnorme
Druckverhältnisse im Inneren des Silos, also Über- oder Unterdruck.

Überdruck entsteht vor allem dann, wenn das zu lagernde Produkt von Tankfahrzeugen pneumatisch in das Silo eingeblasen wird. Im Normalfall wird die dadurch verdrängte, meist staubhaltige Luft (Rohgasstrom) durch Filtersysteme auf dem Silodach gereinigt, bevor sie schließlich über das Filtergehäuse als Reingas in die Atmosphäre entweichen kann.

Umgekehrt kann bei Unterdrucksituationen, wie sie zum Beispiel beim Materialaustrag aus dem Silo vorkommen, Luft von der Atmosphäre über den Filter in das Siloinnere einströmen. Damit die Luft stets in beide Richtungen ungehindert den Filter passieren kann, werden die Filterelemente in bestimmten vordefinierten Zeitintervallen abgereinigt. Damit wird verhindert, dass sie sich mit Produktpartikeln zusetzen. Neben der eigentlichen Entstaubung übernimmt der Filter also zusätzlich die wichtige Funktion des Druckausgleichs – soweit der Normalfall.

Sind während des Befüllvorgangs oder beim Produktaustrag die Filterelemente jedoch aufgrund ungenügender Abreinigung oder wegen eines Defekts verstopft, kann keine Luft mehr aus dem Silo entweichen oder in das Silo einströmen, wodurch sich sehr schnell enormer Über- oder Unterdruck im Siloinnern aufbaut. Wird die Belastungsgrenze der Silostruktur überschritten, besteht höchste Gefahr für das Bedienpersonal, und, je nach gelagertem Material, auch für die Umwelt.

Druckausgleichsventile als Rettungsanker

Druckausgleichsventile sind der letzte Sicherheitsmechanismus, um das Silo und Personal zu schützen. Auf dem Silodach installiert, müssen die Ventile bei plötzlich auftretendem Über- oder Unterdruck absolut zuverlässig funktionieren und augenblicklich einen Druckausgleich herstellen können. In der Praxis kommen vor allem federbelastete und Membran-Druckausgleichsventile zum Einsatz.

Ein federbelastetes Ventil reagiert bei Unterdruck mit Hilfe eines innen liegenden, scheibenförmigen Deckels, der an einem Spiralfederstab aufgehängt ist. Bei Unterdruck wird der Deckel nach unten gezogen, das Ventil öffnet sich und Luft kann in das Siloinnere einströmen. Normalisiert sich der Druck, wird der Deckel durch den Federzug angezogen und das Ventil wieder geschlossen. Bei Überdruck wird ein außen aufliegender, gefederter Stahlring nach oben gedrückt, sodass die überschüssige Luft aus dem Silo entweichen kann. Ist der Druckausgleich hergestellt, drücken die Federn den Ring wieder in seine Ausgangsposition.

Ab welchem Druck das Druckausgleichsventil auslösen soll, ist bei federbelasteten Ventilen über die Spiralfedern einstellbar. Aufgrund des Trägheitsmoments der Spiralfedern bei federbelasteten Ventilen erfolgt der Druckausgleich zwar schnell, jedoch nicht ohne eine geringe Zeitverzögerung. Je nach den Umständen in der jeweiligen Gefahrensituation, kann es durch diese Zeitverzögerung bereits zu ersten Schäden an der Silowand kommen.

Membran-Druckausgleichsventile regulieren abnorme Druckverhältnisse hingegen sozusagen in Echtzeit. Sie arbeiten mit einer Membran und Gegengewichte, die das Ventil unter normalen Bedingungen geschlossen halten. Durch ein Zusammenspiel von Drücken auf der Membranober- und unterseite, wird ein perfekter Druckausgleich erzielt. Bei Überdruck bewirkt das Zusammenspiel, dass sich die Membran nach oben wölbt, wodurch ein Spalt geöffnet wird, durch den die Luft aus dem Siloinneren in die Atmosphäre entweichen kann. Bei Unterdruck hingegen wölbt sich die Membran nach unten und zieht sich zusammen. Durch den seitlich entstehenden Freiraum kann dann Luft von außen ins Siloinnere einströmen.

Staubfreier Druckausgleich

Bei vielen Ventilvarianten entweicht die staubhaltige Abluft aus dem Silo quasi ungefiltert in die Atmosphäre, was bei Schüttgütern mit Gefahrenpotenzial selbst bei sporadischer Aktivierung des Druckausgleichsventils zu einer ungewollten Verschmutzung der Umwelt führt. Das dargestellte Membran-Druckausgleichsventil löst dieses Problem mit Hilfe eines Abluftstutzens, der an eine Abluftleitung angeschlossen werden kann. Die staubhaltige Luft wird bei Überdruck vom Silo kommend durch den Abluftkanal im Ventilinnern und den äußeren Abluftstutzen aus dem Ventil geleitet. Über die angeschlossene Rohrleitung kann die staubhaltige Luft in einen Behälter oder Staubfilter eingeleitet werden. Es kommt dabei zu keinerlei Emissionen. Der Abluftstutzen selbst ist in diesem Beispiel flexibel und in verschleißfestem Polymer-Kunststoff ausgeführt. Dies bietet Schutz bei abrasiven Produkten und verhindert Materialanbackungen im Innern des Auslaufs, die das Ventil verstopfen und seine Funktion beeinträchtigen könnten.

Eine weitere wichtige Anforderung an Druckausgleichsventile ergibt sich bei deren Einsatz in explosionsgefährlichen Einsatzumgebungen. Feinstaubige Schüttgüter schaffen oftmals explosive Atmosphären oder neigen dazu, sich statisch aufzuladen. Daher ist auch hier der Einsatz von Komponenten mit entsprechender Atex-Zertifizierung vorgeschrieben. Erst wenn nachweislich sichergestellt ist, dass durch die Konstruktions- und Funktionsweise eines Druckausgleichsventils keine Funkenbildung entstehen kann, die im Siloinnern eine explosive Partikelwolke entzünden könnte, darf das Gerät in dieser Anwendung verwendet werden.

Zusammenfassung

Druckausgleichsventile sind ein wichtiger Sicherheitsmechanismus beim Betrieb von Lagersilos und -behälter. Versagt die Druckregulierung durch den Entstaubungsfilter, baut sich während des Befüllvorgangs oder dem Materialaustrag im Siloinnern hoher Über- beziehungsweise Unterdruck auf. Die dabei auf die Silostruktur wirkenden Kräfte können so stark sein, dass nur wenig Zeit bleibt, um das Kollabieren des Silos zu verhindern. Kommt es dennoch zu einer solchen Situation, besteht höchste Gefahr für Bedienpersonal und Umwelt.

Sind auf dem Silodach Druckausgleichsventile installiert, kann bei Überdruck die überschüssige Luft aus dem Silo entweichen oder Luft bei Unterdruck ins Silo einströmen. Gewichtsbelastete Ventile treten durch das Trägheitsmoment der Spiralfedern erst leicht zeitverzögert in Aktion. Bei Membran-Druckausgleichsventilen hingegen geschieht die Druckregulierung quasi augenblicklich: Der Membran-Mechanismus dieses Ventiltyps ist empfindlicher und führt zu einer reduzierten Reaktionszeit bei Druckschwankungen.

Weitere Aspekte beim Einsatz von Druckausgleichsventilen sind das Verhindern von umweltschädlichen Emissionen und der Explosionsschutz. Bei Überdruck gelangt die ausströmende Luft ungefiltert in die Atmosphäre. Gerade bei gefährlichen Lagermaterialien empfiehlt sich die sichere Ableitung der staubhaltigen Abluft über eine Rohrleitung, die an das Ventilgehäuse angeschlossen werden kann. Ebenso ist der Einsatz von Druckausgleichsventilen in explosionsgefährlichen Atmosphären nur mit entsprechender Atex-Zertifizierung möglich.

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