Die drei Ingenieure Tobias Ludwig, Michael Schwarz und Dr. Max Birtel sind zusammen mit Softwareentwickler Tim Burr angetreten, um der Halbleiterindustrie ein neuartiges Tool an die Hand zu geben. Ihre Software „Lubis Eda“ ermöglicht es, Kundenfeedback in der Chip-Entwicklung frühzeitig einzubinden und Fehler so bereits im Prototypenstadium zu korrigieren.
„In puncto Hardware-Design hat sich in der Industrie in den letzten Jahrzehnten nicht viel verändert“, erklärt Ludwig. „Der Fokus liegt darauf, den vorhandenen Prozess schneller zu machen. Die Idee, diesen mithilfe von agilen Ansätzen komplett neu zu gestalten und damit beim Erreichen der Time-to-Market einen großen Zeitsprung nach vorne zu machen, hat bislang noch nicht gezündet.“
Bis zu zehn Prozent Zeitersparnis
Der Werkzeugkasten des jungen Gründerteams soll dieses ungenutzte Potenzial nun erschließen. „Unsere Softwarelösung ermöglicht es Unternehmen, bewährte Ansätze aus der agilen Softwareentwicklung in die Welt der Hardware zu übertragen“, erklärt Ludwig. „Mehr Kundennähe, schnellere Releases, Fehlerminimierung im Initialdesign – all das ist dadurch auch in der Hardwareentwicklung möglich.“
Der entscheidende Vorteil besteht dabei laut den Gründern im frühzeitigen und kontinuierlichen Testen: Es findet somit nicht erst am Ende, sondern nach jedem Anpassungsschritt statt. Die Zeit, die insgesamt benötigt wird, um den Chip zu verifizieren, soll dadurch signifikant sinken.
„Aus der Erfahrung heraus können wir mindestens zehn Prozent Zeitersparnis, allein beim Testen, garantieren“, unterstreicht Birtel. „Da sich die Entwicklungskosten für einen Chip je nach Komplexität in einem Bereich von knapp zwei bis hin zu sechs Millionen Euro bewegen, liegt auf der Hand, welches Einsparpotenzial sich je Projekt eröffnet.“
Vom abstrakten Pflichtenheft zum virtuellen Prototyp
Da sich „Lubis Eda“ parallel zu bestehenden Entwicklungsumgebungen betreiben lässt, kann der Einstieg in die neue Methodik über einen Teilprozess erfolgen. Sprich, Dokumente und Daten aus bestehenden Teilprozessen lassen sich einpflegen und am Ende die Resultate ins bisherige System zurückspielen.
Birtel erläutert: „Unsere Methodik setzt an dem Punkt an, wenn das kundenspezifische Entwurfsdesign erstmals in Gestalt von konkreten Hardwareanforderungen und -eigenschaften festgeschrieben wird. Chip-Hersteller können mithilfe unserer Software das noch abstrakte Pflichtenheft in einen virtuellen Prototyp überführen, der alle Funktionen der späteren physischen Hardware abbildet.“
Dabei sollen sich mit dem agilen System alle relevanten Entwicklungsziele der Halbleiterindustrie erreichen lassen – von möglichst kleinen über möglichst energiesparende bis hin zu möglichst leistungsstarken Chips. „In unserem Tool stecken nahezu 15 Jahre Entwicklungsarbeit“, sagt Birtel. „Jetzt sind wir bereit für Pilotprojekte, um unsere Softwarelösung in spezifischen Anwendungsfällen zu evaluieren. Dadurch erhoffen wir uns auch weitere Impulse für unser Geschäftsmodell, sprich, wie wir die Software letztendlich am Markt am besten anbieten können.“
Geschichte der Entwicklung
Die Entwicklung bis zur Marktreife wurde im Rahmen eines Exist-Forschungstransfers mit dem Namen „Syncopate“ bis März 2021 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und den Europäischen Sozialfond gefördert. Darüber hinaus steht den Ingenieuren das Gründungsbüro der TU Kaiserslautern und der Hochschule Kaiserslautern beratend zur Seite.
Begonnen hat alles damit, dass Ludwig im Rahmen seiner Doktorarbeit am Lehrstuhl „Entwicklung informationstechnischer Systeme“ vorhandene Methoden, die eine agile Hardwareentwicklung ermöglichen, weiterentwickelte. Gemeinsam mit seinem Promotionskollegen Schwarz erkannte er deren Potenzial, hat die Gründung anvisiert und mit Birtel einen Wirtschaftsingenieur an Bord geholt, der die technische Ingenieurssicht mit wirtschaftswissenschaftlichen Kompetenzen ergänzt. Zuletzt komplettierte Softwareentwickler Burr das Team.