Erste Anzeichen für Trendwende sichtbar Unternehmensinsolvenzen auf Höchststand – Wende in Sicht?

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland bleibt auf hohem Niveau und liegt deutlich über den Werten der Vor-Corona-Jahre. Laut dem IWH-Insolvenztrend gibt es jedoch erste Hinweise darauf, dass die jahrelange Phase steigender Pleiten vorerst enden könnte.

Bild: iStock, FG Trade
10.03.2025

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist nach wie vor hoch und liegt deutlich über dem Niveau der Vor-Corona-Jahre. Besonders betroffen sind die Bundesländer Bayern, Niedersachsen und Sachsen. Wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in einer Analyse feststellt, ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im Februar erneut gestiegen. Die Frühindikatoren deuten jedoch darauf hin, dass die jahrelange Phase steigender Zahlen vorerst beendet sein könnte.

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im Februar bei 1.436. Das sind 7 Prozent mehr als im Januar und 20 Prozent mehr als im Februar 2024. Der aktuelle Wert liegt zudem 54 Prozent über dem durchschnittlichen Februarwert der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie. Die Insolvenzzahlen bewegen sich damit weiter auf deutlich erhöhtem Niveau. Die Zahl der Insolvenzen erreichte in Bayern, Niedersachsen und Sachsen die höchsten Werte seit Beginn der Datenerhebung auf Länderebene im IWH-Insolvenztrend im Januar 2020.

Zahl der Firmenpleiten nochmals angestiegen

Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Laut IWH-Insolvenztrend waren im Februar in den größten 10 Prozent der insolventen Unternehmen fast 19.000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten 40 Prozent höher als im Januar, 51 Prozent über dem Februarwert 2024 und mehr als dreimal so hoch wie im Durchschnitt eines typischen Februars der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019.

Besonders schwer getroffen war im Februar Baden-Württemberg, wo mehr als 5.500 Beschäftigte von Insolvenz betroffen waren, vornehmlich in der Industrie. Neben Baden-Württemberg verzeichnete auch Sachsen einen Höchstwert an betroffenen Jobs (2.600), was jedoch in erster Linie auf das insolvente Erzgebirgsklinikum zurückzuführen ist, das eine Sanierung in Eigenverwaltung durchführt.

Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um zwei bis drei Monate vorauslaufen. Basierend auf den Frühindikatoren der vergangenen Monate rechnet Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung, für die Monate März und April mit konstanten oder leicht rückläufigen Insolvenzzahlen. Erstmals seit Ende 2021 lagen die Frühindikatoren in den Monaten Dezember 2024 bis Februar 2025 unter dem jeweiligen Wert des Vorjahresmonats. Steffen Müller hält es daher für denkbar, dass die Trendwende bei den Insolvenzzahlen bevorsteht: „Es ist möglich, dass die jahrelange Phase steigender Insolvenzzahlen vorerst beendet ist.“

Gründe für die steigenden Insolvenzzahlen der jüngsten Vergangenheit waren laut Müller die schwierige konjunkturelle Lage sowie Nachholeffekte aus Pandemie und Niedrigzinsphase, in denen Insolvenzen aufgeschoben wurden. Da sich die konjunkturelle Situation in den vergangenen Monaten nicht wesentlich verändert hat, hält Müller es für wahrscheinlicher, dass die Insolvenzzahlen stagnieren, weil die Nachholeffekte aus Pandemie und Niedrigzinsphase derzeit nicht weiter ansteigen.

IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik

Der IWH-Insolvenztrend ist ein verlässlicher Frühindikator für das Insolvenzgeschehen und die wirtschaftliche Entwicklung. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90 Prozent der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95 Prozent der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab.

Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet.

Regelinsolvenzen sind also nicht mit Unternehmensinsolvenzen gleichzusetzen. Die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich aufgrund der Vielzahl gesamtwirtschaftlich unbedeutender Insolvenzfälle deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.

Bildergalerie

  • IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten nochmals angestiegen, aber erste Anzeichen für Trendwende.

    IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten nochmals angestiegen, aber erste Anzeichen für Trendwende.

    Bild: IWH

  • Betroffene Beschäftigte der insolventen Unternehmen

    Betroffene Beschäftigte der insolventen Unternehmen

    Bild: IWH

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