Obwohl es sich nicht um eine neue Technologie handelt, wird der technologische Vorsprung von industriellen Wärmepumpen allmählich allgemein anerkannt. Jüngste Trends wie der Vorstoß zur Dekarbonisierung und Elektrifizierung der Wärmeversorgung, wirtschaftliche Faktoren und staatliche Unterstützung durch Regulierung und Anreize bedeuten, dass der Markt für industrielle Wärmepumpen bis 2030 rasant wachsen wird.
Im Folgenden stellt McKinsey fünf Punkte vor, die im Zuge der Weiterentwicklung der industriellen Wärmepumpentechnologie eine wichtige Rolle spielen:
Unterschiedliche Anforderungen an Industrie- und Fernwärme
Bei Industrie- und Fernwärmeanwendungen gibt es keine Einheitslösung, die für alle geeignet ist. Verschiedene Anwendungen haben unterschiedliche Spezifikationen in Bezug auf Temperatur, Kapazität, Größe und Integration in bestehende Anlagen. Großwärmepumpen stellen zudem oft strenge Anforderungen an die Leistungsabgabe, den Nutzungsgrad und die Temperaturniveaus der Wärmequellen und -senken. Um die Bedürfnisse eines bestimmten Systems zu erfüllen, müssen die Wärmepumpen möglicherweise angepasst oder modifiziert werden.
Für die maßgeschneiderte Auslegung und Installation großer Wärmepumpenanlagen sind daher spezielle Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Durch den Aufbau eines kollaborativen Ökosystems können Wärmepumpen-OEMs, industrielle Anbieter und Fernwärmenetze Wissen austauschen und zu einem besseren Verständnis darüber gelangen, wo und wie sich Großwärmepumpen am besten einsetzen lassen.
Eine leistungsstarke Industriewärmepumpe ist mehr als nur ein Kompressor
Die Leistung einer Wärmepumpe wird in erster Linie durch den Kompressor, die Wärmetauscher und die Steuerungssoftware bestimmt. Kompressor spielen eine Schlüsselrolle, da sie die Durchflussmenge des Kältemittels und die Effizienz des Verdichtungsprozesses bestimmen. Wärmetauscher sind als Technologie gut etabliert und können an die Bedürfnisse großer Wärmepumpenanwendungen angepasst und zugeschnitten werden.
Die Steuerungssoftware ist eine ebenso entscheidende Komponente für industrielle Anwendungen und sollte bei der Entwicklung neuer Angebote berücksichtigt werden. Im Gegensatz zu Wärmepumpen für Privathaushalte oder Gewerbebetriebe gelten für industrielle Wärmepumpen strenge Auflagen an die Leistungszahl (COP). Daher sind Systemsteuerungslösungen und digitale Funktionen von entscheidender Bedeutung.
Insgesamt basieren industrielle Wärmepumpen auf Lösungen, die bereits seit mehreren Jahrzehnten angewandt werden. Intelligente Steuerung und Optimierung tragen jetzt dazu bei, den Betrieb, die Leistung und die Flexibilität dieser Wärmepumpen zu verbessern, was die Betriebs- und Wartungsanforderungen und damit die Betriebskosten minimieren kann.
Kältemittelbedarf: Natürlich vs. synthetische Kältemittel
Um das optimale Kältemittel für eine bestimmte Anwendung zu finden, müssen Wärmepumpen-OEMs und Nutzer die Anforderungen eines bestimmten Projekts diskutieren. Faktoren wie die erforderliche Endtemperatur, Vorschriften und Sicherheitsüberlegungen spielen alle eine Rolle bei der Auswahl des richtigen Kältemittels. Während FKW und FCKW in der Vergangenheit weit verbreitet waren, gibt es einen Trend, insbesondere in Europa, hin zu natürlichen Kältemitteln aufgrund von (potenziellen) Umweltvorschriften, wie der F-Gas-Quote, die die Verwendung von fluorierten Kältemitteln mit hohem Treibhauspotenzial (GWP) einschränkt.
Natürliche Kältemittel ziehen jedoch eigene Herausforderungen nach sich: Propan, Isobutan und Isopentan können hochentzündlich sein. Diese Eigenschaft erfordert spezielle Sicherheitsmaßnahmen. Thermodynamisch verhalten diese sich ähnlich wie FKW und FCKW, so dass sie für viele Anwendungen geeignet sein können, einschließlich der direkten Dampferzeugung für Temperaturen unter 150°C.
Der attraktivste Anwendungsfall kombiniert Heiz- und Kühlbedarf
Wärmepumpen sind weniger dafür bekannt, zusätzlich zur Heizung auch Kühlung bieten zu können. Tatsächlich kann ein einzelnes Gerät beide Dienste bereitstellen. Dabei führen kombinierte Anwendungen zum optimalen Business Case. Zum Beispiel benötigen Brauereien in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie während der Produktion sowohl Heizung als auch Kühlung und können Wärmepumpen für beides nutzen.
Die Kombination von Heiz- und Kühlungsanwendungen erzeugt Synergien zwischen verschiedenen Endverbrauchern, indem zum Beispiel Rechenzentren mit Fernwärmenetzen verbunden werden. In diesen Systemen kühlen Wärmepumpen Rechenzentren und wandeln die Abwärme in Fernwärmenetze um. Die Wirkung der Wärmepumpe verdoppelt sich, indem sie Wärmeenergie auf eine Weise zirkuliert, die für beide Systeme nützlich ist.
Ähnlich kann die Kombination von industriellen Wärmepumpen mit thermischen Speichersystemen helfen, das Stromnetz zu stabilisieren, da erneuerbare Energiequellen wie Windkraft die Volatilität der Stromversorgung erhöhen. Mit einem thermischen Speichersystem können Wärmepumpen überschüssige Energie einfach speichern, indem sie Speichersysteme aufheizen. Thermische Speichersysteme (wie Wassertanks) sind auch im Vergleich zur Speicherung elektrischer Energie in Batterien kostengünstiger. Durch die Kopplung dieser Systeme mit Wärmepumpen wird Fernwärme zu einer Backup-Energiequelle für elektrische Netze.
Zusammenarbeit für die Entwicklung der besten Lösungen
Fakt ist: Die Wärmepumpenindustrie muss ihr Produktportfolio erweitern, um dem wachsenden Bedarf in Zukunft nachzukommen. Wichtig hierbei ist, dass alle für die Entwicklung relevanten Parteien in diesem Ökosystem ihr Wissen bündeln und kombinieren, um die besten Lösungen für gegebene Anwendungen zu entwickeln:
OEMs: Sie müssen das optimale Gleichgewicht zwischen Standardisierung und Modularisierung finden, um optimale Lösungen zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten zu können. Dies erfordert tiefgehende Kenntnisse über industrielle Prozesse und Systemlösungsfähigkeiten wie Nutzung von Abwärme und Anschluss ans Energienetz. Darüber hinaus kann kontinuierliche Forschung und Entwicklung mit Schwerpunkt auf Design-to-Value dazu beitragen, Anwendungen bei hohen Leistungen und Temperaturen zu ermöglichen und die Umweltauswirkungen durch fortschrittliche Kältemittel mit niedrigem GWP zu verbessern, während die Kosten gesenkt werden.
Endnutzer: Das volle Potenzial von Wärmepumpen in Bezug auf Temperatur- und Kapazitätsbereiche ist unter Endnutzern noch nicht allgemein bekannt. In einer frühen Phase der technologischen Entwicklung können Gespräche Win-Win-Situationen schaffen, in denen Ingenieure gemeinsam mit Endnutzern Lösungen für verschiedene Anwendungen, einschließlich industrieller und Fernwärme-Nutzungsfälle, entwickeln.
Engineering, Beschaffung und Bau (EPC): Dank ihrer Installationskompetenz spielen EPC-Unternehmen eine entscheidende Rolle bei der Erleichterung der Entwicklung und Integration maßgeschneiderter Angebote. Sie verfügen über detaillierte Kenntnisse der Prozesse und Umsetzung von Wärmepumpen, zusammen mit langfristigen, vertrauensvollen Beziehungen zu Endnutzern und Erfahrung in der Verwaltung von großtechnischen Projekten.
Zusammengefasst
Industrielle Wärmepumpen sind entscheidend für eine umweltfreundlichere Zukunft. Sie lassen sich vollständig mit grünem Strom betreiben und arbeiten auch effizienter als herkömmliche auf dem Markt befindlichen Heizsysteme. Zudem sind sie anpassungsfähig an verschiedene Anforderungen und können durch individuelle Lösungen verbessert werden. Von großer Bedeutung für die Entwicklung dieser Technologie sind aber auch die richtige Auswahl des Kältemittels, die Integration von Heiz- und Kühlprozessen sowie die Zusammenarbeit im Ökosystem.