Höhere Löhne, mehr Roboter? Warum steigende Löhne die Automatisierung beschleunigen

Automatisierung im Aufwind: Eine Studie zeigt, dass steigende Löhne Unternehmen dazu bewegen, mehr in Automatisierungstechnologien zu investieren. Insbesondere höhere Mindestlöhne fördern Fortschritt, während hohe Facharbeiterlöhne diesen Effekt bremsen können.

Bild: iStock, Dmytro Zhelnovach
26.02.2025

Eine neue Studie der Universität Zürich zeigt, dass steigende Löhne für Geringqualifizierte Unternehmen dazu veranlassen, vermehrt in Automatisierung zu investieren, um die Produktionskosten zu senken. Eine Erhöhung des Mindestlohns kann die Innovationsrate in diesem Bereich um bis zu fünf Prozent steigern. Gleichzeitig zeigt die Analyse, dass hohe Löhne für Fachkräfte diesen Effekt dämpfen, da die Installation und Wartung neuer Technologien spezialisiertes Wissen erfordert. Die Ergebnisse verdeutlichen den engen Zusammenhang zwischen Arbeitsmarktpolitik und technologischer Entwicklung.

Arbeitsmarktpolitische Entscheide beeinflussen die Innovationsdynamik von Unternehmen. Eine neue Studie der UZH zeigt erstmals, dass höhere Mindestlöhne für Geringverdiener die Unternehmen dazu anregen, vermehrt in Automatisierung zu investieren. Steigende Löhne für Hochqualifizierte können diesen Effekt wiederum bremsen.

Führt steigender Lohndruck zu mehr Automatisierung? Die Wirtschaftstheorie sagt: Ja. Höhere Löhne treiben Fortschritt in der Automatisierung voran, da Unternehmen nach kostensparenden Lösungen suchen, um teurere Arbeitskräfte zu ersetzen. Doch spiegelt sich diese Annahme auch in der Realität wider? Fördern Unternehmen tatsächlich gezielt Automatisierungstechnologien, um auf externen Druck wie steigende Löhne zu reagieren? Eine neue Studie von UZH-Wirtschaftswissenschaftlern liefert erstmals empirische Belege, die diese These untermauern.

Neue Methodik: Patentdaten und Lohnanalysen

Für ihre Studie kombinierten die Autoren zwei verschiedene Datensätze. Der erste bestand aus einer neu entwickelten Klassifikation europäischer Automatisierungspatente. Mit der Erfassung von entsprechenden Patenten konnte so die Innovationsaktivität der Unternehmen im Bereich der Automatisierung gemessen werden. Die Forschenden konzentrierten sich dabei auf Patente für Maschinen wie Werkzeugmaschinen, Textil- und Papiermaschinen.

Der Patentdatensatz wurde mit einem makroökonomischen Datensatz kombiniert, der 41 Länder umfasst und sich auf fortschrittliche, global tätige Unternehmen konzentriert. Damit konnten die UZH-Experten die Lohnniveaus berechnen und auf Unternehmensebene untersuchen, wie Lohnschwankungen Automatisierungsinnovationen vorantreiben. „Dieser neue Ansatz erlaubt es uns, die Auswirkungen der Arbeitskosten auf den technologischen Fortschritt zu isolieren und die Reaktionen der Unternehmen auf Lohnänderungen besser zu verstehen“, erklärt Erstautor David Hémous, UZH-Professor für Ökonomik der Innovation und des Unternehmertums.

Erhöhung des Mindestlohns steigert Innovation

Die Autoren analysierten frühere Arbeitsmarktreformen und deren Einfluss auf Innovationstrends. Ihre Studie zeigt, dass steigende Arbeitskosten die Automatisierung vorantreiben. „Unsere Daten belegen, dass höhere Löhne für Geringqualifizierte die Unternehmen dazu anregen, verstärkt in Automatisierungstechnologien zu investieren, um dadurch ihre Produktionskosten zu senken“, sagt David Hémous.

Eine Erhöhung des Mindestlohns um 1 Prozent steigert die Innovation in diesem Bereich um zwei bis fünf Prozent. Steigende Löhne für Hochqualifizierte bremsen diesen Effekt, da die Installation und der Betrieb von Automatisierungstechnologien spezialisierte Fachkräfte erfordern. Höhere Lohnkosten verteuern die Automatisierung, mindern deren Anreiz und hemmen somit den Innovationsschub.

Arbeitsmarktpolitik als Innovationsmotor – oder Bremse?

Vergleichbare Effekte zeigen die von den Autoren untersuchten Hartz-Reformen in Deutschland. Den arbeitsmarktpolitischen Reformen, die zwischen 2003 und 2005 umgesetzt wurden, wird nachgesagt, dass sie das Arbeitsangebot erhöht und die Löhne gesenkt haben – insbesondere für geringqualifizierte Arbeitskräfte. Dies bestätigen die UZH-Forscher in ihrer Studie.

„Wir haben festgestellt, dass die Reformen zu einem Rückgang der Automatisierungsinnovationen bei Unternehmen geführt haben, die dem deutschen Markt ausgesetzt waren“, so Hémous. „Politische Schocks wie die Erhöhung des Mindestlohns und die Hartz-Reformen in Deutschland verdeutlichen, wie die Arbeitsmarktpolitik direkt die Anreize für Unternehmen beeinflusst, in Automatisierung zu investieren – oder auch nicht – und wie sie sich auf die langfristige wirtschaftliche Dynamik, zum Beispiel das Wirtschaftswachstum, auswirkt.“

Lohnschocks beeinflussen nicht alle Innovationen

Die Autoren fanden zudem heraus, dass Innovationen außerhalb der Automatisierung, etwa Verbesserungen der Energieeffizienz, nicht auf Lohnschocks reagieren. Sie empfehlen daher, weiter zu untersuchen, ob und in welchem Ausmaß steigende Löhne für Hochqualifizierte die Entwicklung neuer Automatisierungstechnologien wie Künstlicher Intelligenz beeinflussen.

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