Um die Produktivität zu steigern, werden künftig zunehmend Maschinen und Automatisierungskomponenten eingesetzt, die mobil und flexibel sind. Hierzu müssen insbesondere deren Gewicht, Platzbedarf sowie Handlings- und Installationsaufwand reduziert werden. Einen zentralen Baustein dafür bilden multifunktionale Steckverbinder. Denn sie ermöglichen mit Hilfe hybrider Schnittstellen, hoher Poldichte und einer modularen Bauform effiziente Lösungen für zahlreiche Anwendungen.
Durch intelligente, vollständig vernetzte Fertigungsprozesse können die Kapazitäten eines Unternehmens optimal an die jeweilige Auftragslage angepasst werden. Um jedoch beispielsweise heute Produkte in Großserienfertigung und morgen kundenspezifische Ausführungen in Losgröße 1 herzustellen, müssen sich Anlagen innerhalb kurzer Zeit verändern lassen. Ein Beispiel dafür sind Handling-Roboter, die an einem Tag in einer Montagelinie eingesetzt werden und am nächsten in der Fördertechnik. Ebenso werden etwa teure Geräte für Schock- und Vibrationsmessungen oder Gasanalysen, von denen oft nicht viele vorhanden sind, an verschiedensten Einsatzorten verwendet.
Damit mobile Maschinen und Automatisierungskomponenten flexibel eingesetzt werden können, sind Steckverbinder erforderlich, die Platz und Gewicht einsparen, sich einfach anschließen lassen, auch bei sehr hohen Steckzyklen nicht verschleißen und unterschiedlichen Umgebungsbedingungen widerstehen. Um die ersten beiden Anforderungen zu erfüllen, sind hybride Schnittstellen entwickelt worden, die sowohl Daten und Signale als auch Leistung übertragen. Diese benötigen weniger Einbauraum und sind zudem auch leichter als klassische Verbindungslösungen, die nur eine Funktion unterstützen.
Vielseitige Schnittstellen
Neuester Stand der Technik sind multifunktionale Steckverbinder, die die elektrische Übertragung auch mit der Übertragung von Fluiden kombinieren können. Mit anderen Worten: Über eine Schnittstelle können nicht nur Daten, Signale und Leistung übertragen werden, sondern etwa auch Wasser, Öle und Druckluft. Entsprechende Lösungen mit multiplen Fluiddurchführungen wurden bereits sowohl für Rund- als auch für Rechtecksteckverbinder realisiert.
Um eine hohe Poldichte zu erreichen, werden dabei quasi haarfeine Kontakte eingesetzt, deren Durchmesser lediglich 0,3 mm beträgt. Das ermöglicht eine Dichte von mehr als einem Kontakt pro mm2. Bezogen auf multifunktionale Rundsteckverbinder können so auf kleinem Raum mehr als 50 Pole umgesetzt werden und bei entsprechenden Rechtecksteckverbindern zwischen 80 und 640 Pole. Dadurch bieten diese Steckverbinder ein optimales Platz-Leistungs-Verhältnis, was insbesondere für kleinere Maschinen, wie die eingangs erwähnten Handling-Roboter, Vorteile bietet. Sprich, es macht sie mobiler und flexibler.
Zusätzliche Sicherheit
Ein weiterer Vorteil gegenüber klassischen Verbindungslösungen besteht darin, dass nicht mehrere Kabel erforderlich sind, sondern nur eines. Somit verringert sich die Gefahr des Verfangens in Kabeln, wenn mobile Maschinen und Personen Hand in Hand zusammenarbeiten – Stichwort Mensch-Roboter-Kollaboration. Denn wenn Bediener an der Maschine stolpern, könnte das dazu führen, dass Prozesse unterbrochen werden oder sogar Bedrohungen für Leib und Leben entstehen. Ferner werden die Kosten für die Ersatzteilbeschaffung und Lagerhaltung reduziert, wenn nur ein Kabeltyp eingesetzt wird.
Um einen Steckverbinder mit Schraubanschluss vorschriftsmäßig zu installieren, dauert es circa eine Minute. Dieser Zeitaufwand ist für mobile Einsatzszenarien im Sinne von Industrie 4.0 deutlich zu lang. Deshalb werden bei multifunktionalen Steckverbindern Schnellverriegelungstechniken wie Push-Pull, Spindelverriegelung oder Break-Away eingesetzt, mit denen die Montage nur wenige Sekunden dauert. Darüber hinaus reduzieren diese Steckverbinder auch mögliche Fehler bei der Installation. Bei klassischen Verbindungslösungen nimmt mit der Anzahl der Schnittstellen zwangsläufig auch das Risiko zu, dass nicht alle korrekt verbunden werden – und bis die Ursache endlich gefunden worden ist, können Stunden vergehen.
Hohe Steckzyklen
Weil mobile Roboter und Automatisierungskomponenten nach jedem Ortswechsel wieder an eine neue Umgebungsinfrastruktur angeschlossen werden müssen, spielt auch das Thema Langlebigkeit eine wichtige Rolle. Steckverbinder wie M12 oder M23 sind für 100 Steckzyklen genormt. Um auch höchsten mechanischen Beanspruchungen gerecht zu werden, hat man multifunktionale Rund- und Rechtecksteckverbinder entwickelt, die 2.000, 10.000 oder 100.000 Steckzyklen standhalten, mitunter sogar eine Million.
Die zuletzt genannten, extremen Steckzyklen sind vor allem bei Dock-Verbindungen für spezielle Anwendungen erforderlich. Hierzu gehört beispielsweise die Endprüfung von Motoren (End-of-Line, EOL). Hierbei werden die Motoren in kurzen Intervallen über eine Schnittstelle an das Test-Equipment an- und wieder abgedockt.
Leistungsfähige Kontaktierung
Wie aber lassen sich derart hohe Steckzyklen erreichen? Die Schlüssel zu langlebigen Steckverbindern sind leistungsfähige Kontaktierungstechniken und Oberflächenbeschichtungen. Für Steckzyklen bis 5.000 werden spezielle gedrehte Kontakte verwendet. Bei darüber hinausgehenden Anforderungen, empfiehlt sich der Einsatz von Lamellen- oder Drahtfedertechnologie. Letztere sorgt durch zahlreiche Federn dafür, dass die Kontaktbuchse stets einen definierten Druck auf die Kontaktstifte ausübt. Das gewährleistet eine extrem sichere Kontaktierung. Um Steck- und Ziehkräfte sowie den daraus resultierenden Verschleiß zu reduzieren, können Stifte und Buchsen außerdem mit spezifischen Funktionsoberflächen beschichtet werden, um ein tribologisch optimales System zu gewährleisten.
Für einen flexiblen Einsatz mobiler Roboter und intelligenter Automatisierungstechnik müssen deren Schnittstellen unterschiedlichen Umgebungsbedingungen widerstehen. Hierzu gehören etwa hohe Temperaturen, starke Vibrationen, Druck, Spritzwasser oder aggressive Chemikalien. Um sicherzustellen, dass multifunktionale Steckverbinder die jeweiligen Anforderungen erfüllen, werden bestimmte Eigenschaften von Werkstoffen wie Kunststoff, Metall und Glas kombiniert. Zusammen mit speziellen Konstruktionsprinzipien und innovativen Vergusstechniken lassen sich Lösungen realisieren, die in zahlreichen Branchen eingesetzt werden können, beispielsweise im Maschinenbau, der Mess- und Prüftechnik oder der Medizintechnik.
Durch einen modularen Aufbau können diese Lösungen zudem auf individuelle Anforderungen angepasst werden. Während es bei den multifunktionalen Rundsteckverbindern spezifische Einsätze mit mehreren Funktionen gibt, lassen sich die rechteckigen Ausführungen nach dem Baukastenprinzip modular konfigurieren. Hierzu stehen beispielsweise sowohl unterschiedliche Gehäuse, Kontakttechnologien, Anschlusstechniken und Verriegelungsarten zur Verfügung als auch Module für die Übertragung von Signalen und Daten via Kupfer-, Lichtwellenleiter- und Koaxialkabel sowie für die Übertragung von Hochstrom, Hochspannung und Fluiden. Dadurch lassen sich widerstandsfähige, kompakte Schnittstellen nach Maß realisieren. Der Variantenvielfalt sind dabei nahezu keine Grenzen gesetzt.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass multifunktionale Steckverbinder mit hoher Polzahl, die sowohl Daten, Signale und Leistung als auch Fluide übertragen, deutlich kompaktere und effizientere Schnittstellen ermöglichen als bisherige Verbindungslösungen. Somit können mobile Maschinen und Automatisierungskomponenten kleiner und leichter werden, was eine wichtige Voraussetzung für flexible Einsatzszenarien ist. Zudem reduzieren multifunktionale Steckverbinder das Risiko von Installationsfehlern und sorgen für sicherere und wirtschaftlichere Prozesse. Kurzum: Sie tragen dazu bei, die Vision von Industrie 4.0 zu verwirklichen.