Das Grundprinzip der Kreislaufwirtschaft erscheint erst einmal recht simpel: Ressourcen so lange wie möglich nutzen, den Rohstoffeinsatz minimieren, den Einsatz von Sekundärrohstoffen fördern, Abfälle und Emissionen reduzieren. Trotz der politischen und unternehmerischen Diskussionen um die Kreislaufwirtschaft zeigt sich jedoch, dass nur wenige Unternehmen in Deutschland bereits eine moderne Kreislaufwirtschaft anstreben. Denn echte Kreislaufwirtschaft umfasst nicht nur Recycling oder Wiederverwendung, sondern betrachtet den gesamten Lebenszyklus eines Produktes und der beginnt bereits beim Design. Hier sind es vor allem neue Geschäftsmodelle, die Produkte lange im System halten.
Eine repräsentative Umfrage im Rahmen des IW-Zukunftspanels für das Bundeswirtschaftsministerium ergab, dass rund 60 Prozent der produzierenden Unternehmen dieses sogenannte „Ökodesign“ nutzen, aber nur 15 Prozent in einem hohen Maße. Dagegen wird strategisches Ressourcenmanagement seltener intensiv genutzt, wobei auch hier mehr als jedes zweite Unternehmen die Strategie grundsätzlich einsetzt. Die meisten Unternehmen konzentrieren sich jedoch auf traditionelle Ressourcenschonungsmaßnahmen wie Energie- und Prozessoptimierung. Dabei können neue Geschäftsmodelle, insbesondere Produkt-Service-Systeme, erheblich zur Verbesserung der Kreisläufe und der Effizienz beitragen. Diese Zusatzdienstleistungen sind in verschiedenen Phasen des Produktlebenszyklus, insbesondere bei Wartung und Reparatur in der Nutzungsphase, äußerst sinnvoll. Systeme wie „Mieten statt Kaufen“ oder Verkauf einer Leistung statt einem Produkt spielen hier auch eine wichtige Rolle.
In Bezug auf das Ende des Lebenszyklus von Produkten ist festzustellen, dass etwa 60 Prozent der Industrie Ressourcen intern und 50 Prozent unternehmensübergreifend im Kreislauf führen, jedoch nur wenige von ihnen intensiv. Während die Digitalisierung bei etablierten Maßnahmen wie Prozessoptimierung und Energieeffizienz in vielen Unternehmen bereits eine Rolle spielt, ist sie bei anderen zirkulären Maßnahmen dagegen bislang weniger verbreitet.
Um die aktuelle Situation der deutschen Industrie bewerten zu können, haben wir uns auf vier zirkuläre Strategien fokussiert und die Unternehmen anhand dessen beurteilt. Erstens geht es darum, Kreisläufe zu schließen, indem die Lücke zwischen dem Ende eines Produktlebens und dem Materialinput geschlossen wird. Dies kann auf kurzem Wege durch Wiederaufbereitung oder auf längerem Wege durch Recycling geschehen, sodass recyceltes Material wieder als Input eingesetzt wird. Zweitens wollen wir Kreisläufe ermöglichen. Hierbei wird das Ziel der Kreislaufführung bereits bei Planung, Entwicklung und Design der Produkte berücksichtigt. Drittens geht es darum, neue Kreisläufe zu schaffen. Diese Strategie zielt darauf ab, Materialien oder Produkte zu substituieren oder neue Zirkularitätsoptionen zu erzeugen. Ein Beispiel hierfür ist, dass Abfallprodukte aus der Produktion eines Herstellers nicht entsorgt, sondern für ein anderes Unternehmen genutzt werden. Schließlich fokussiert sich die vierte Strategie auf die Verlängerung von Kreisläufen, um Produkte möglichst intensiv und lange zu nutzen.
Eine Befragung im IW-Zukunftspanel ergab, dass mehr als ein Drittel der verarbeitenden Unternehmen noch keine zirkuläre Strategie verfolgt, was auf ein großes unausgeschöpftes Potenzial zur Weiter- und Neuentwicklung zirkulärer Geschäftsmodelle hinweist. Ein Viertel der Unternehmen verfolgt bereits alle drei zirkulären Strategien und bildet damit ein breites Spektrum zirkulärer Zielrichtungen ab, während ein weiteres Viertel sich hauptsächlich auf das Schaffen und Ermöglichen von Kreisläufen konzentriert. Besonders interessant hierbei: Der Unternehmenserfolg ist bei Unternehmen höher, die mindestens eine zirkuläre Strategie verfolgen. Dies verdeutlicht das Potenzial und die Notwendigkeit, zirkuläre Strategien zu implementieren, um sowohl wirtschaftlichen Erfolg als auch Nachhaltigkeit zu fördern.
Wie in vielen anderen industriellen Bereichen sind auch bei der Entwicklung zirkulärer Geschäftsmodelle digitale Technologien entscheidend. Die Digitalisierung ist also auch hier eine entscheidende Kraft in Richtung Fortschritt. Bislang nutzen jedoch nur wenige Unternehmen Produkt-Service-Systeme, also die Kombination von Produkten mit Dienstleistungen, intensiv um Ressourcen zu schonen. Produkt-Service-Systeme werden jedoch umso relevanter und geeigneter, je stärker das Geschäftsmodell bereits digitalisiert ist. Je mehr Daten und digitale Vernetzung vorhanden sind, desto einfacher wird es in den Unternehmen zusätzliche Dienstleistungen zu einem Produkt anzubieten.
Die Forschung zeigt auch, dass bei Maßnahmen zur Ressourceneffizienz digital fortgeschrittene Unternehmen bei der Materialeinsparung besser abschneiden. Unternehmen sollten daher schrittweise digitale Technologien einführen, um die Ressourceneffizienz zu steigern.
Viele Unternehmen stehen beim Thema zirkuläre Geschäftsmodelle am Anfang. Dagegen sind gerade die Unternehmen erfolgreich, die bereits zirkuläre Strategien verfolgen. Die Voraussetzungen sind jedoch gut: In Deutschland sind einige für eine Kreislaufführung relevante Produkteigenschaften wie die Langlebigkeit als Teil des Wertversprechens „Made in Germany“ bereits stark ausgeprägt. Weitere wichtige Aspekte für hochqualitative, ressourceneffiziente und zirkuläre Produktlösungen wie die Reparierbarkeit sowie die einfache Wartung und Aufarbeitung sind noch ausbaufähig und werden mit der Umsetzung der EU-Ökodesign-Verordnung an Bedeutung gewinnen.
Wichtig ist, dass nicht nur Werte so lange wie möglich im Kreislauf gehalten werden, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit und dabei gleichzeitig Ressourcen und Klima geschont werden.