Prothesen und Implantate kommen künftig aus dem 3D-Drucker, ebenso wie Flugzeugteile und Bauteile für Sondermaschinen. Mit additiven Fertigungsverfahren, auch 3D-Druck genannt, lassen sich Einzelstücke herstellen, die individuell auf den Anwendungsfall zugeschnitten sind.
Doch gerade bei hochwertigen Produkten, etwa in der Medizintechnik oder im Maschinenbau, muss die Qualität stimmen. Und die lässt sich bei additiven Fertigungsverfahren bisher nur schwer überprüfen. Viele Unternehmen schrecken deshalb noch vor dem Einsatz von 3D-Druckern zurück.
Qualität ist erst nach der Fertigstellung sichtbar
Kritisch für die Bauteilqualität ist neben der Außengeometrie auch die innere Struktur. Häufig sorgen Wabenstrukturen dafür, dass das 3D-gedruckte Bauteil möglichst leicht und trotzdem stabil ist. Um Fehler wie etwa Unregelmäßigkeiten oder Hohlstellen in der inneren Struktur zu erkennen, muss man das Bauteil derzeit röntgen.
„Bisher gibt es keine funktionierende prozessintegrierte Überwachung für 3D-Druck-Prozesse, welche auf dem Prinzip der Materialextrusion basieren“, sagt Alexander Oleff vom Institut für Integrierte Produktion Hannover. Der Maschinenbauingenieur leitet das Forschungsprojekt Quali3D – Optische Qualitätsprüfung für den Extrusions-3D-Druck.
Qualitätskontrolle mit Bildverarbeitungsalgorithmus
In Zukunft soll sich die Bauteilqualität schon während des Drucks überprüfen lassen. Oleff und seine Kollegen am IPH entwickeln ein optisches Messsystem, das in einen Extrusions-3D-Drucker integriert werden kann. Bei der additiven Materialextrusion wird geschmolzenes Material Schicht für Schicht aufgetragen. Mit diesem Verfahren lassen sich auch Hochleistungskunststoffe verarbeiten, die beispielsweise in der Medizintechnik, der Elektrotechnik oder im Flugzeugbau zum Einsatz kommen.
Herzstück des optischen Messsystems wird eine Kamera sein, die Bilder jeder einzelnen gedruckten Schicht aufnimmt. Ein Bildverarbeitungs-Algorithmus soll diese Fotos automatisch auswerten und Fehler erkennen. Fehler können beispielsweise entstehen, wenn durch zu schnelle Bewegungen Vibrationen auftreten oder die Materialzufuhr des 3D-Druckers gestört ist.
Bei Unikaten fehlen Referenzen
Die größte Herausforderung für die Forscher: Die Qualitätsprüfung muss referenzlos erfolgen, also ohne Vergleichsbild. „3D-gedruckte Bauteile sind häufig Unikate“, erklärt Oleff. „Daher existiert meist keine Referenz – zum Beispiel Schichtbilder eines identischen Bauteils, das bereits ohne Fehler gedruckt wurde – mit welcher der Algorithmus das Druckergebnis vergleichen könnte.“
Stattdessen ist es möglich, für die Fehlersuche Texturanalysen einzusetzen. Dabei wertet der Algorithmus die Bilder mathematisch aus und findet Unregelmäßigkeiten. Alternativ wäre es denkbar, den Maschinencode auszulesen. Daraus lässt sich unter anderem ableiten, an welcher Stelle wie viel Material aufgetragen werden soll. Anschließend kann das geplante Druckergebnis mit dem tatsächlichen Bauteil verglichen werden.
Projekt läuft bis 2021
Um das optische Messsystem und den dahinterliegenden Algorithmus zu entwickeln, haben die Wissenschaftler zwei Jahre Zeit: Das Projekt Quali3D läuft bis Sommer 2021. Von den Ergebnissen sollen sowohl Anwender als auch Hersteller von 3D-Druckern profitieren. Die Hersteller können mit den Ergebnissen ihre Maschinen weiterentwickeln und das Qualitätsniveau der Materialextrusion erhöhen.
Die Forscher gehen davon aus, dass damit auch die Akzeptanz des 3D-Drucks steigt, insbesondere in Branchen wie der Medizintechnik oder für bestimmte sicherheitskritische Anwendungen. Anwender können in Zukunft die Fertigung jedes einzelnen Produkts überwachen und ihren Kunden geprüfte Qualität zusagen, auch für Unikate. Zudem können sie die Fertigungskosten senken: Wenn Fehler bereits während des Drucks erkannt werden, kann der Druckprozess rechtzeitig nachgeregelt oder abgebrochen werden. Das spart Zeit, Energie und Material.