Im B2B-Vertrieb der Zukunft werden Digitalisierung und KI eine entscheidende Rolle spielen. Dabei sind die Prinzipien völlig andere als im B2C-Umfeld: Im Fall von Festo, das heißt, im Automatisierungskontext, gilt es beispielsweise eine hohe Komplexität zu managen. Bei 30.000 Katalogprodukten und einer äußerst differenzierten Zielgruppe – vom Konstrukteur bis zum Einkaufsleiter – sind die Voraussetzungen für den Einsatz von KI im Vertrieb nicht trivial.
Umso wichtiger ist es, den „Use Case“ für das eigene Unternehmen sauber zu definieren. Naheliegende Ziele für KI-Maßnahmen im vertrieblichen B2B-Umfeld sind z.B. Umsatzsteigerung, Kundenbindung oder Effizienzsteigerung in verschiedenen Prozessen – intern sowie beim Kunden.
Per Datenanalyse erhalten Unternehmen heute schon eine klare Auskunft über das „Was“ und das „Warum“ eines bestimmten Kundenverhaltens. Besonders spannend wird es allerdings, wenn es um die Frage geht: Wie wird sich ein Kunde zukünftig im Kaufprozess verhalten? Um eine solche Vorhersage – rein auf Basis von Daten – zu erhalten, müssen im Hintergrund viele Informationen zusammenfließen und intelligent verknüpft werden.
Doch kann KI das menschliche Bauchgefühl an dieser Stelle ersetzen? Sicher ist: Wir setzen auf die persönliche Expertise unserer Vertriebsexperten! Wir wissen aber auch aus ersten Pilotprojekten, dass wir diese wertvolle „Ressource“ noch viel effizienter einsetzen können. Nämlich dann, wenn wir die täglichen Entscheidungsprozesse mit KI-generiertem Zusatzwissen anreichern.
Und das gelingt! Mit einer sogenannten Touchpoint-Analyse kann das Kundenverhalten umfassend skizziert werden: Welche Interaktionen zwischen Kunde und Lieferant finden statt, welche Kanäle werden genutzt, und welche Informationen werden dort beschafft? Dieses Wissen hilft, um gezielte automatisierte Marketing-Kampagnen zu fahren. So erhält der Kunde die richtige Information zum passenden Zeitpunkt und auf dem von ihm präferierten Kommunikationsweg.
Geht man einen Schritt weiter und kombiniert die Touchpoints mit der Information, welche Marketing- oder Vertriebsmaßnahme zu welchem Zeitpunkt besonders effektiv ist, erhält man einen wahren Wissensvorsprung. Für einen Vertriebsingenieur lässt sich z.B. der ideale Zeitpunkt für einen persönlichen Kundenbesuch (als Touchpoint) ermitteln – sodass diese „exklusive Maßnahme“ für beide Seiten besonders mehrwertstiftend ist. Der Besuch eines Außendienstmitarbeiters – der erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung hat – kann somit zeitlich ideal gesetzt werden. Zudem kann er dank umfangreicher Datenanalyse auch genau die Informationen mit zum Termin nehmen, die in der analogen Welt nicht ohne Weiteres zugänglich waren: zum Beispiel, ob sich ein Kunde über ein ganz neues Produktportfolio informiert hat und sich strategische Wachstumsfelder auftun.
Hier kommen wir dann zur Königsdisziplin des KI-gestützten Vertriebs – nämlich der Frage: Was benötigt unser Kunde nicht heute, nicht morgen, sondern übermorgen? Auf den ersten Blick ergeben sich nur Vorteile. Dennoch stehen Vertriebsorganisationen bei alldem auch einem harten Change-Prozess gegenüber: der Wandel vom „Bauchgefühl“ für die Belange der eigenen Kunden hin zur „KI-Handlungsempfehlung“ kann für Mitarbeiter durchaus als Hoheitsverlust wahrgenommen werden. Umso wichtiger ist es, diese Phase mit einem sensiblen und positiven Leitbild zu begleiten. Effizientere und zufriedenere Kunden, Vereinfachung der eigenen Vertriebsarbeit und konkrete Erfolgsgeschichten aus der täglichen Praxis helfen ungemein dabei, Begeisterung für diese neue Art des Vertriebs auszulösen.