Fachbeitrag Berührungslos zu neuem Saft

04.02.2013

Bei einer sicheren, induktiven Energieübertragung können Akkumanagement, die -entsorgung sowie sämtliche Ladestationen entfallen. In der Automobilbranche ist dieses Konzept bereits Wirklichkeit geworden. In Form von fahrerlosen Transportfahrzeugen für die Verteilung von Bauteilen in der Fließbandfertigung.

In seinem Werk im italienischen Cassino setzt der Automobilist Fiat auf ein fahrerloses Transportsystem (FTS) für die Beförderung von Bauteilbehältern. „Die einzelnen Fahrzeuge verkehren zwischen dem teilautomatisierten Magazin und jenem Teil der Montagestraße, in dem die Blechteile von PKW-Karosserien montiert werden“, erklärt Antonio D�??Amico, der technische Direktor von Mada, dem Lieferanten der Fahrzeuge. Das Transportsystem wird bei der Vormontage eingesetzt, um die Karosserieteile - vor allem Türen, Kotflügel, Motorhauben und Kofferraumdeckel - zu den Montagelinien zu befördern. Auf diese Weise automatisierte Fiat einen Logistikprozess, der zuvor mit Handhubwagen durchgeführt wurde.

Induktive Ladetechnik

Der Lieferant der Fahrzeuge Mada ist auf die Optimierung von internen Transportsystemen, Fertigungslinien und Bewirtschaftungssystemen für automatisierte Lager spezialisiert und bietet schlüsselfertige Material-Handling-Systeme an. Als Partner des Projekts entwickelte und lieferte SEW-Eurodrive essenzielle Komponenten für das FTS, zum Beispiel die Technik zur kontaktlosen Energieübertragung. Die Transportfahrzeuge sind die ersten bei Fiat, die keine Batterie an Bord haben. „Das FTS“, so D�??Amico, „verfährt die Behälter mit den Fahrzeugteilen und setzt sie an der Vormontagelinie ab.“ Der Weg der Transportfahrzeuge verläuft auf einer Strecke, die nach logischen Gesichtspunkten in Segmente unterteilt wird und an Kreuzungen oder Abzweigungen Ausweichmöglichkeiten bietet. Außerdem wird ein zusätzlicher Fahrweg für Wartungszwecke eingeplant. „Er ist so gestaltet, dass nötige Arbeiten leicht und sicher durchgeführt werden können“, ergänzt der technische Leiter. Der Prozess sieht vor, dass die gefüllten Behälter vollautomatisch von den Rollenbahnen am Lagerausgang auf die FTS geladen und direkt zur Montagelinie befördert werden. Hier wird automatisch der gefüllte Behälter übergeben, der leere Behälter aufgenommen und anschließend wieder ins Lager zurückgefahren. Die gesamte Koordinierung der Übergabe mit der Montagekette erfolgt durch die übergeordnete SPS.

Integriertes Gesamtsystem

Herzstück des Systems ist eine Lösung, die verschiedene SEW-Komponenten zu einem integrierten Gesamtsystem verbindet. Unter der Bezeichnung Maxolution von SEW-Eurodrive erhält der Kunde ein Komplettpaket, das von den Antriebsmotoren über die Stellantriebe bis zur berührungslosen, induktiven Energieversorgung alles Notwendige beinhaltet. Die Anlage besteht aus insgesamt zehn fahrerlosen Transportfahrzeugen, deren Fahrstrecke durch sechs Movitrans-Systeme per induktiver Energieübertragung mit Strom versorgt wird. Jedes Fahrzeug wird durch einen Feldumrichter Movipro angetrieben. Die Kommunikation zwischen FTS und Segment-Controller, der sie koordiniert, wird durch 20 drahtlose Netzwerke sichergestellt. Mithilfe des Einspeisestellers Movitrans-TPS, der in modularen 16kW- und 4kW-Versionen verfügbar ist, wird der Strom durch ein bodenbündig verlegtes Erdkabel übertragen. Sein elektromagnetisches Feld wird vom Fahrzeug aufgenommen und in elektrischen Strom umgewandelt, der von den Antriebskomponenten genutzt wird. Die elektromagnetische Kopplung erfolgt über einen Luftspalt ohne physischen Kontakt - und somit wartungs- und verschleißfrei. Aufgrund dieser Merkmale eignet sich Movitrans besonders für Anwendungen in schmutzkritischen sowie Nass- und Feuchtbereichen.

Kommunikation und Steuerung

Parallel zu den Leistungskabeln wird im Fahrweg des fahrerlosen Transportfahrzeugs ein drittes Kabel verlegt. Es dient als Antenne. Sie verteilt das Signal des für die Kommunikation genutzten WLANs entlang der gesamten Fahrstrecke. Zwei an jedem Fahrzeug angebrachte Antennen empfangen die von der Sendeleitung übermittelten Informationen und leiten sie an die Fahrzeugsteuerung Movipro weiter. Sie vereint in einem kompakten IP54-Gehäuse die Funktionen des Umrichters und der SPS. „Von besonderer Bedeutung“, erläutert D�??Amico, „ist das integrierte Kommunikations- und Steuerungssystem, das zusammen mit SEW-Eurodrive entwickelt wurde. Für die Inbetriebnahme, Einstellung und Diagnose des Systems wurde das Software Tool Movivision verwendet. Die in der Software als Parameter festgelegten Daten werden an den Segment-Controller übermittelt. Anhand dieser Daten koordiniert er die Bewegung der Transportfahrzeuge, indem er zum Beispiel den Kollisionsschutz steuert und in Abhängigkeit von den durchfahrenen Bereichen die Geschwindigkeit regelt. Der Controller ist über eine Schnittstelle mit der übergeordneten SPS verbunden und tauscht mit ihr Bedien- und Systemdaten aus. Mit der Anwendung Movivision können die Antriebssysteme ohne spezielle Programmierkenntnisse und ohne großen Zeitaufwand schnell und sicher in Betrieb genommen werden. Auch während der Produktion oder bei laufendem Betrieb der Anlage passt sich dieses Tool jederzeit an die �?nderungen an, die der Prozess erfordert, ohne dass dafür spezialisiertes Personal eingesetzt werden muss. Die Software übernimmt die Planung und Projektierung der Verwaltung der Anlagendaten, die Parametrierung und Inbetriebnahme sowie die Vereinfachung der Anlageninstandhaltung und der dazugehörigen Diagnoseaufgaben.

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