Rechenzentren als Orte der Verarbeitung, Speicherung und Verbreitung umfangreicher elektronischer Daten sind das Gerüst unserer digitalisierten Informationsgesellschaft. Ihr Stromverbrauch spiegelt dies wider: 2007 nutzten Server und Rechenzentren insgesamt rund 9,1 Terrawattstunden Strom, was etwa 1,7 Prozent des Gesamtstromverbrauchs in Deutschland ausmachte [1]. Das entspricht nach Angaben des Umweltbundesamtes in etwa der Stromproduktion von vier mittelgroßen Kohlekraftwerken.
Energieeffizienz noch Zukunftsmusik
In der Debatte über die Rechenzentren wurde bis vor kurzem ausschließlich über Maßnahmen gesprochen, die zu einer Leistungssteigerung der IT-Infrastruktur beitragen. Vor dem Hintergrund von steigenden Energiepreisen und den Gefahren des Klimawandels scheint sich der Fokus dieser Debatte auch auf Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und Reduzierung der klimarelevanten Treibhausgasemissionen der Rechenzentren auszuweiten.
Allerdings gibt es bisher wenig zuverlässige Daten über die Chancen und Risiken bei der praktischen Umsetzung von energiesparenden Maßnahmen in Rechenzentren. Außerdem gibt es bis heute keine Einigung in der Expertengemeinschaft über ein umfassendes Maß für die Energieeffizienz von Rechenzentren.
Existierende Studien schätzen, dass durchschnittlich etwa die Hälfte des Energieverbrauchs durch die eigentliche Informationstechnik (IT) bedingt ist und die andere Hälfte der zusätzlich benötigten Infrastruktur zugeordnet werden kann, die zum Beispiel für die Klimatisierung und unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) sorgt.
Management ist gefragt
Ein großes Problem bei der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen in Rechenzentren liegt nicht in den technologischen Lösungen, sondern im Management: Viele Rechenzentrumsbetreiber können keine Auskunft über den Energieverbrauch des Gesamtrechenzentrums und der Informationstechnik geben. Laut einer Studie des Eco-Verbandes der deutschen Internetwirtschaft [2] haben nur 33 Prozent aller Rechenzentrumsbetreiber Personal, das sich mit dem Thema Energieeffizienz beschäftigt. Weiterhin kommen 37,5 Prozent der Rechenzentrumsbetreiber ohne einen Ansprechpartner aus, der die Stromkosten für die IT im Rechenzentrum verantwortet. Und immer noch 31,25 Prozent aller Rechenzentrumsbetreiber arbeiten ohne ein eigenes Rechenzentrumsbudget. Die Erfahrungen in der Praxis zeigen jedoch, dass allein schon die Messungen des Gesamtenergieverbrauchs eines Rechenzentrums sowie seiner einzelnen Teilkomponenten dazu führen, dass Potenziale zur Senkung von Energieverbrauch und Kosten aufgedeckt werden können.
Umweltzeichen für sparsame Rechenzentren
Vor diesem Hintergrund hat das Beschlussgremium des deutschen Umweltzeichens Blauer Engel [3] das Öko-Institut damit beauftragt, Vergabekriterien für den ökologischen Betrieb von Rechenzentren zu entwickeln. Sie sollen helfen, die klimarelevanten Treibhausgasemissionen zu verringern und die nationalen Klimaschutzziele zu erreichen.
Mit dem neuen Umweltzeichen für energiebewussten Rechenzentrumsbetrieb können solche Rechenzentren ausgezeichnet werden, deren Betreiber sich für die Umsetzung einer langfristigen Strategie zur Erhöhung der Energieeffizienz einsetzen. Außerdem dient das Umweltzeichen als Informationsinstrument für Kunden sowie für eigenes technisches Personal, um deren Problembewusstsein im Hinblick auf die Notwendigkeit energieverbrauchsmindernder Maßnahmen in Rechenzentren zu erhöhen.
Effizienz braucht kontinuierliches Monitoring
Der Schwerpunkt dieser Vergabegrundlage liegt nicht nur auf der Energieeffizienz der einzelnen Teilkomponenten der Rechenzentren, wie IT-Technik, Stromversorgung und Klimatisierung, sondern auch auf der Förderung eines kontinuierlichen Energiemonitorings. Das Ziel ist, die Rechenzentrumsbetreiber zu motivieren, regelmäßige Stromverbrauchsmessungen durchzuführen, um Ineffizienzen in den jeweiligen Rechenzentren sichtbar zu machen und potenzielle Optimierungsmaßnahmen abzuleiten.
Um den Blauen Engel für den energiesparenden Betrieb eines Rechenzentrums zu erhalten, muss ein Unternehmen mindestens die folgenden Kriterien verbindlich erfüllen: Es muss zunächst den Energieeffizienzindex EUE (Energy Usage Effectiveness) des Rechenzentrums über einen Zeitraum von zwölf Monaten messen und den Zustand seiner Anlage prüfen lassen. Der EUE beschreibt dabei das Verhältnis des Energiebedarfs (kWh/a) des gesamten Rechenzentrums zum Energiebedarf der IT-Technik (kWh/a), für den Zeitraum von einem Jahr. Darauf aufbauend ist der Betreiber verpflichtet, ein Energiemanagementsystem zu etablieren, das Einsparziele und Strategien zu deren Umsetzung festschreibt.
Weitere Exzellenzkriterien
Das Unternehmen, das das Umweltzeichen nutzen möchte, verpflichtet sich zudem, bei der Neuanschaffung von Geräten, wie Server und Netzteile, auf die effizientesten Modelle zurückzugreifen und seinen Strom möglichst vollständig aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen. Beispielweise muss bei Neuanschaffung von Servern die Gesamtenergieeffizienz der Server nach der Methodik SPECpower_ssj2008 [4] ermittelt werden und soll mindestens 2000 betragen.
Auch für die Serverraumtemperatur, die Effizienz der Kälteanlagen sowie den Wirkungsgrad der unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) macht das Umweltzeichen Vorgaben. So wird gefordert, dass das Kalt-Warmgang-Prinzip eingehalten und eine vollständige Einhausung des Kaltgangs oder des Warmgangs gewährleistet werden muss, damit die Ineffizienzen der Kühlung durch die Vermischung der Kaltluft der Klimageräte mit der warmen Abluft der IT-Hardware vermieden wird.
Das Öko-Institut hat zudem eine Reihe von Empfehlungen entwickelt, welche die Effizienz der Rechenzentren weiter verbessern können. Dazu gehören unter anderem die energetische Nutzung der Abwärme und regelmäßige Konsolidierung von Hardware und Daten. Betreiber von Rechenzentren mit dem Blauen Engel müssen in einem jährlichen Bericht die Veränderungen gegenüber der erstmaligen Antragstellung darstellen und aufzeigen, welche weiteren Energieeffizienzmaßnahmen sie umgesetzt haben. So können sie über einen längeren Zeitraum ihren realen Energieverbrauch dokumentieren, Ineffizienzen aufdecken und durch die Senkung des Stromverbrauchs aktiv zum Klimaschutz beitragen.
Weitere Informationen
[1] Stobbe et al. (2009): Abschätzung des Energiebedarfs der weiteren Entwicklung der Informationsgesellschaft, Fraunhofer IZM und Fraunhofer ISI, im Auftrag vom Bundes-ministerium für Wirtschaft und Technologie
[2] eco - Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. (2008): Bestandsaufnahme effiziente Rechenzentren in Deutschland
[3] Vergabegrundlagen für das Umweltzeichen Blauer Engel: www.blauer-engel.de/de/produkte_marken/ vergabegrundlage.php?id=226
[4] Methodik nach Standard Performance Evaluation Corporation: www.spec.org/power_ssj2008