Entwicklungs-Tools & Prototyping Das Stiefkind der Entwicklung


Beispiel Lagenaufbau im Dokumentationstool "Blue Print"

18.10.2012

Die Qualität der Dokumentation ist eine wichtige Voraussetzung für die Produktqualität. Daher ist die Leiterplattendokumentation ein Hauptbestandteil der Entwicklungsarbeit. Der Projektaufwand wird sich ohne gute Dokumentation später erhöhen.

Jeder Designer merkt, dass die Dokumentation des Designs immer umfangreicher wird. Noch vor ein paar Jahren reichte es aus, nach der Fertigstellung des Layouts die Gerberdaten auszugeben und an den Leiterplattenhersteller zu senden. Das reicht heute nicht mehr. Die Dokumentation beschränkt sich nicht auf die Mechanik der Leiterplatte, der Baugruppe oder des Geräts. Ohne vollständige Dokumentation wird es aller Wahrscheinlichkeit nach in der Produktionskette zu Fehlern kommen, mindestens aber zu Verzögerungen. Die vermeintliche Zeiteinsparung bei der Dokumentation kann zu hohen Kosten führen. Wer in der Prozesskette benötigt welche Informationen, wie werden �?nderungen dokumentiert? Wir müssen die gesamte Prozesskette betrachten, um die Anforderungen an eine vollständige Fertigungsdokumentation zu verstehen.Zu einer guten Dokumentation gehören schon die ersten Gespräche für eine Produktentwicklung, zum Beispiel Protokolle über die Festlegung von Meilensteinen, Absprachen und Entscheidungen. Die grundsätzlichen Anforderungen an die Leiterplatte, wie Einsatz- und Temperaturbereich für den Betrieb des Geräts und die Anforderungen an die Störfestigkeit, das Abstrahlverhalten und elektrische Sicherheitsanforderungen, müssen mindestens dokumentiert werden. Bibliothekserstellung, Schaltplanentwicklung und Mechanikkonstruktion laufen häufig parallel ab und führen zu Dokumenten, die sinnvollerweise im CAD-Design zusammengeführt werden. Um eine fehlerfreie Weiterverarbeitung der Informationen sicherzustellen, ergibt sich zwangsläufig die Notwendigkeit, die Ausgabeformate abzustimmen. Es ist gute Praxis, die Bibliothek intern zu dokumentieren, mindestens das Erstellungsdatum, der Bearbeiter und der Prüf- und Freigabestatus sollten im EDA-Tool dokumentiert werden, dafür eignen sich Attribute oder Kommentare. Noch besser als eine einfache Listenausgabe der freigegebenen Bauteile ist ein Bibliothekdatenblatt, das alle relevanten Informationen des Bibliothekselements enthält, wie zum Beispiel Part- oder Bauteilbezeichnung, Schaltplansymbol, Footprints und ähnliches. Mechanische Konstruktionsunterlagen werden meist im DXF-Format und als PDF-Datensatz hinterlegt. Eine Ausgabe in beiden Formaten ist zweckmäßig, da oft nicht jeder in der nachfolgenden Prozesskette über das gleiche Tool verfügt und daher eine Konvertierung erfolgen wird. Existieren die Daten in einer, vom Ersteller des Datensatzes, geprüften und druckbaren Version, werden Fehlinterpretationen leichter aufgespürt. Nicht vergessen werden dürfen Referenzmaße auf die Außenkontur der Leiterplatte und die geforderten Toleranzen.

Dokumentation von Schaltplan und Stückliste

Die Schaltpläne sollten grundsätzlich auch als PDF ausgegeben werden, nicht nur als Format des EDA-Systems. Besonderheiten, wie eine definierte Impedanz für bestimmte Signale, sollten in Schaltplänen immer als lesbarer Texthinweis an den betreffenden Signalen sichtbar eingefügt sein. Es ist nicht sicher, dass entsprechende Attribute oder sonstige dem Signal zugefügte Eigenschaften bei der Konvertierung durch ein anderes Tool übernommen werden. Moderne EDA-Tools erlauben üblicherweise die Erzeugung so genannter intelligenter PDF-Files, in denen auch im PDF-Viewer nach Texten, beispielsweise Bauteilnamen, gesucht werden kann. Neben Hyperlinks, die beispielsweise Datenblätter, Hinweise oder Handlungsanweisungen nicht nur im Schaltplan, sondern auch im PDF-Datensatz klickbar machen, kann die Ausgabe auch die Suche, zum Beispiel nach Bauteilen oder Netzen, über die Lesezeichenfunktion ermöglichen. Die Stückliste oder BOM (Bill Of Material) entsteht ebenfalls aus dem Schaltplan. Sie wird zwar meist nicht unmittelbar zur Bauteilbeschaffung genutzt, dient jedoch in jedem Fall zur Kalkulation der Baugruppe und muss daher alle zu beschaffenden Teile enthalten, also auch Kühlkörper, Sockel, Unterlegscheiben, Halter, Schrauben und ähnliches. Unverzichtbar ist die Dokumentation des physikalischen Aufbaus der Leiterplatte, schon vor dem Leiterplattendesign muss er feststehen. Für einen Multilayeraufbau müssen die Materialien explizit beschrieben sein. Es reicht nicht, nur die Lagenanzahl und die Enddicke der Leiterplatte anzugeben, genauso wenig wie die Angabe FR4, haben doch der Harzgehalt und das Harzsystem Einfluss auf die Impedanz der Leitungen und müssen daher definiert und dokumentiert werden. Aufgrund unterschiedlicher Ausdehnungskoeffizienten haben unterschiedliche Füllstoffe im FR4-Material Einfluss auf die mechanische Stabilität der Leiterplatte, speziell während des Lötprozesses. Daraus ergeben sich FR4-Materialien mit unterschiedlichen elektrischen und mechanischen Eigenschaften und die Anforderung, das Material explizit zu beschreiben. Eine Angabe der Kupferdicken, der elektrischen Lagen mit Zuordnung der Datensätze zur jeweiligen Lagenposition im Multilayeraufbau sowie die dielektrischen Abstände zwischen den einzelnen Lagen ist ebenfalls zwingend. Eine Angabe der Kontaktierungsstrategie ist für die Produktion der Leiterplatte ebenso wichtig wie besondere Eigenschaften einzelner Lagen (geforderte Impedanz) oder eines Funktionsmoduls in einem Multilayer (kapazitiv aufgebaute Stromversorgung oder ein Multi-Power-System). Zur Mindestdokumentation einer Leiterplatte gehören, neben dem Multilayeraufbau und den Fertigungsdaten, auch Bohrpläne, die mit der Bemaßung zusammen angelegt sein sollten. Das bevorzugte Ausgabeformat ist auch heute noch Extended-Gerber (RS-274X), da es im Markt etabliert, das heißt üblicherweise fehlerfrei lesbar und zudem nicht proprietär ist. Nicht nur die elektrischen Lagen, sondern auch die Vorlagen für alle Drucke, wie Lötstoplack, Bestückungsdruck, Abziehlack, Heatsinkpaste und Carbonlack, gehören zu den Fertigungsdaten. Dazu kommen außerdem die Vorlagen für Lötpastenschablonen und, wenn gefordert, Coverlays. Auch die Bohrpläne sollten im Extended-Gerber-Format (RS-274X) ausgegeben werden. Bohrdaten werden im Extended-Excellon-Format mit Header ausgegeben. Zu Kontrollzwecken wird eine zusätzliche Ausgabe aller Fertigungsdaten als PDF-Datei empfohlen.

Baugruppenproduktion

Der Produzent der Baugruppen benötigt für die Arbeitsvorbereitung und die Kontrolle der Bestückung Bestückungspläne. Die Bestückungspläne müssen die Lage des Bauteils anzeigen und für gepolte Bauteile die Polung eindeutig darstellen. Die Art, beziehungsweise der Wert des Bauteils muss angegeben sein (z. B. 74HCT00) sowie die Kennung für die Referenz (z. B. R12). Heute werden Baugruppen üblicherweise maschinell bestückt, daher sind die Koordinaten der Bauteilmittelpunkte nötig. Die Ausgabe erfolgt als ASCII-File oder als Exceldatei und muss die Art des Bauteils, die Koordinatenposition und die Drehrichtung enthalten. Die Referenz-Kennung ist für den Bestückungsautomaten nicht relevant. Netzlistenausgaben aus dem Design sind für den Test der Leiterplatte oder der Baugruppe wünschenswert. In der Leiterplatten- und Baugruppenproduktion wird unter Netzliste die Information Koordinatenposition �??X1Y1�?? ist mit Koordinatenposition �??X2Y2�?? verbunden�?� verstanden.

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