IT-Systeme Durch Standards schneller am Ziel

Bild: iStockphoto/Zack Blaton
18.05.2016

Die Vorgaben zur IT-gestützten Kommunikation bei der Geschäftsabwicklung im Strom- und Gasmarkt werden von der Bundesnetzagentur halbjährlich neu festgeschrieben. Diese schnell umsetzen zu können, spart Energieversorgern Aufwand und Kosten – allerdings nur, wenn die Systeme dicht am SAP-Standard arbeiten.

Die veränderte Energieproduktion und -nachfrage, die Digitalisierung der Energiewirtschaft und der Aufbau eines neuen Energieinformationsnetzes stellen den Markt vor Herausforderungen. Neben einer effizienten Gestaltung der Geschäftsprozesse, etwa zur Belieferung und Abrechnung von Energie, steht auch der Informations- und Datenaustausch für den Erhalt der Systemsicherheit im Fokus. Im immer komplexer werden Markt der Versorgung mit Strom und Gas vereinfacht ein automatisierter Datenaustausch zwischen den Marktteilnehmern die kostengünstige Abwicklung von Geschäften. Unter diese Marktkommunikation fällt auch der Austausch von Informationen zwischen Energieversorgern und Netzbetreibern, damit etwa Stromkunden ihren Energielieferanten frei wählen können.

Der von der Bundesnetzagentur regelmäßig halbjährlich initialisierte Formatwechsel zum Datenaustausch entwickelt die Kommunikationsstandards immer weiter. Energieversorgungsunternehmen (EVU) müssen ihre IT daran anpassen. Der Wechsel zum 1. Oktober 2015 brachte deutliche Änderungen bei den Stammdaten mit sich. Das Problem dabei: Je stärker die von Energieversorgern genutzten IT-Systeme individuell ausgeprägt sind, desto höher ist der zeitliche und finanzielle Aufwand für deren Betrieb und Pflege. Sich möglichst eng am Branchenstandard zu orientieren, ist daher aus Sicht des Ettlinger SAP-Partners Cortility eine zeitgemäße Strategie.

„Viele IT-Systeme bei Stadtwerken sind seit Beginn des Wettbewerbs gewachsen und immer wieder an die internen und gesetzgeberischen Rahmenbedingungen angepasst worden. Die dadurch entstandene sehr individuelle Ausprägung macht sie in vielerlei Hinsicht äußerst unflexibel“, sagt Klaus Nitschke, Geschäftsführer des Software- und Beratungsdienstleisters Cortility. Das sei wie ein Maßanzug bei dem die Beine mittlerweile zu kurz sind, der Schnitt unmodern ist und die Knöpfe des Jacketts spannen. Natürlich ließe sich die mit individuellen Ausprägungen überfrachtete Software auch weiterhin aktualisieren und pflegen, der Aufwand dafür sei aber hoch und wachse ständig. Zwar bezieht sich Cortiltiy mit dem Rat, die IT-Systeme möglichst dicht am Standard zu lassen, konkret auf den Einsatz von SAP-Lösungen, doch die Argumente gelten weitgehend auch für andere Software-Lösungen im EVU-Umfeld. „Die Branche hat es beim Formatwechsel zum 1. Oktober 2015 hautnah erlebt, welche Schwierigkeiten individuelle Ausprägungen machen, wenn ein enger Zeitrahmen und komplexe Veränderungen aufeinander treffen“, so der Cortility-Chef. Die Umsetzung an sich sei kein Problem gewesen. Anspruchsvoll wurde es jedoch, weil die zur Verfügung stehende Zeit besonders die Testphasen minimiert hat.

Plus für Standards

Auch wenn die Bundesnetzagentur die verbindlichen Veränderungen rund ein halbes Jahr vor dem Stichtag ankündigt, bleibt für die Umsetzung im Unternehmen kaum Zeit. Denn zuerst muss SAP die Vorgaben in der Software abbilden und testen. Teilweise erst sechs Wochen vor dem Formatwechsel wird die finale Version an die IT-Dienstleister ausgeliefert. „Wir testen unsererseits die ausgelieferte Software und passen sie noch an die individuellen Gegebenheiten unserer Kunden an“, sagt Nitschke. Je nach Aufwand steht dann die finale Auslieferung an Kunden wie etwa die EVU gerade einmal drei Wochen vor dem Stichtag bereit. Dann sei auch noch nicht auszuschließen, dass Fehler erst im Produktivbetrieb auffallen, was zu schwerwiegenden Problemen bei der Geschäftsabwicklung führen kann. Dazu kommt, dass diese Fehler unternehmensspezifisch sind und nur durch die individuelle Ausprägung zu erklären sind.

Der Aufwand beim Formatwechsel an sich lässt sich nicht verringern. Daher sieht der Beratungsdienstleister Cortility die Lösung darin, die zur Verfügung stehende Zeit bei Implementierung für die Kunden zu verlängern. Am einfachsten geht das, wenn die Kunden sich eng am Branchenstandard orientieren. „Je weniger die IT-Systeme individuell ausgeprägt sind, desto schneller können wir die neuen Versionen ausliefern“, sagt Nitschke. Außerdem würden mögliche Fehler schneller bemerkt und könnten gleichzeitig für mehrere Kunden behoben werden. Das sei besonders bei solchen Bereichen hilfreich, die eher selten in der Praxis benötigt würden – denn wenn mehrere Unternehmen die identische Software testen, sei es wahrscheinlicher, auch solche Fehler frühzeitig aufzuspüren.

„Wenn die IT-Systeme möglichst dicht am SAP-Standard bleiben, sinkt der individuelle Aufwand, es verringert sich der Zeitdruck und die Fehlerbehebung vereinfacht sich“, fasst der Geschäftsführer die Vorteile zusammen. Gerade in Zeiten, in denen auch der IT-Etat bei den Energieversorgungsunternehmen nach möglichen Einsparpotenzialen durchforstet wird und der Effizienz-Druck auf die Abteilungen steigt, seien dies drei gute Gründe, die individuellen Ausprägungen zurückzufahren. Aus Sicht des Beraterunternehmens liefert SAP mit dem Common Layer – der zentralen Komponente in der Prozessabwicklung der Marktkommunikation – die Technik, um individuelle Lösungen auch bei mittelgroßen Stadtwerken durch den Standard zu ersetzen.

Doch der Geschäftsführer von Cortility Nitschke sieht neben den Effizienzgewinnen und geringeren Problemen bei den komplexen Veränderungen in der Marktkommunikation noch einen dritten Nutzen für die Energieversorger: „Wenn die Software sich eng am SAP-Standard orientiert, sinkt die Abhängigkeit von einzelnen Beratungshäusern.“ Sowohl für den Einsatz von Zusatzmodulen als auch bei einem eventuell geplanten Wechsel des IT-Dienstleisters habe der SAP-Standard Vorteile. „Wer sehr individuell ausgeprägte Software mit integrierten Lösungen eines Beratungshauses im Einsatz hat, ist bei Änderungen quasi an diesen Dienstleister gebunden.“

Ein eventuell geplanter Wechsel des Beratungshauses sei dann mit vertretbarem Aufwand mittelfristig kaum möglich. Daher könne der Energieversorger so auch nicht von der großen Marktvielfalt profitieren.

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