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Interview über Partnerschaft von Bosch Rexroth und Wago „Game Changer der Automatisierung“

WAGO GmbH & Co. KG

Gemeinsam wollen Bosch Rexroth und Wago die Automatisierung vereinfachen und zum Beispiel branchenspezifische Anwendungen entwickeln, die schnell zugänglich und einsetzbar sind.

12.07.2023

Gemeinsam die Offenheit in der Automatisierung vorantreiben – das wollen Bosch Rexroth und Wago mit ihrer Partnerschaft. Als Grundlage dient das Linux-basierte Betriebssystem ctrlX OS von Bosch Rexroth, welches erstmals von Wago als System- und Technologiepartner eingesetzt und gemeinsam mit Bosch Rexroth weiterentwickelt wird. Von welchen vielfältigen Vorteilen Kunden durch die Partnerschaft profitieren, erläutern im Gespräch mit A&D: Thomas Fechner, Mitglied des Vorstands und verantwortlich für Fabrikautomation bei Bosch Rexroth, Steffen Winkler, Vertriebsleitung Business Unit Automation & Electrification Solutions bei Bosch Rexroth, Dr. Heiner Lang, CEO bei Wago und Johannes Pfeffer, Vice President Business Unit Automation bei Wago.

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Bei der Partnerschaft von Bosch Rexroth mit Wago dient das offene Automatisierungssystem ctrlX Automation als Basis. Können Sie kurz umreißen, was Ihr Ziel mit diesem System ist?

Winkler:

trlX Automation wurde 2017 mit dem Ziel entwickelt, das offenste Automatisierungssystem auf dem Markt zu schaffen. Es ermöglicht die Nutzung verschiedener hochmoderner Programmiersprachen und ist an jeder Schnittstelle vollständig an Standards angelehnt. Ende 2022 haben wir einen Kern des Automatisierungsbaukastens, das Betriebssystem ctrlX OS, auch für andere Geräte und Drittanbieter freigegeben. Wir sind stolz darauf, dass Wago der erste System- und Technologiepartner ist, der ctrlX OS in seine Geräte integriert. Das Ziel ist es, gemeinsam mit Wago ein weltweit führendes und offenes Automatisierungssystem zu schaffen, welches von einer Community getragen wird, die Offenheit und Co-Creation teilt. Und Wago erwies sich als der ideale Partner, um gemeinsam mit uns an dieser Vision zu arbeiten.

Auch Wago setzt seit längerem auf Offenheit, um Anwendern bestmögliche Flexibilität zu ermöglichen. Ideale Voraussetzung also für die Partnerschaft?

Pfeffer:

Wago verfolgte schon immer eine offene Strategie und strebte danach, ein umfassendes System anzubieten, das unabhängig von proprietären oder marktspezifischen Lösungen arbeitet. In den 90er-Jahren begann Wago mit der Automatisierung und erkannte sofort die Bedeutung von Offenheit. Diese Erkenntnis war jetzt aktuell auch der Auslöser für die Zusammenarbeit mit Bosch Rexroth: Bei den Gesprächen mit Steffen Winkler wurde schnell klar, dass beide Unternehmen den Open-Source-Gedanken teilen und beide Unternehmen auch auf Partnersuche sind. Wago wollte nicht nur Nutzer sein, sondern auch aktiv an der Gestaltung beteiligt sein, um den Kunden gerecht zu werden. Ein rasch durchgeführter technischer ‚Deep-Dive‘ in die Welt von ctrlX Automation und im speziellen in ctrlX OS durch die Wago-Experten verlief durchgehend positiv. Bosch Rexroth zeigte Interesse und entwickelte die Idee eines System- und Technologiepartners, um gemeinsam ein umfassendes und zukunftsorientiertes System aufzubauen.

Führt ctrlX OS dazu, dass das durch ctrlX Automation initiierte Ökosystem noch offener wird und somit ein Ökosystem für die gesamte Branche werden kann?

Winkler:

Absolut! Denn mit ctrlX OS haben Kunden sowohl mit unseren Steuerungen als auch mit den Lösungen von Wago und künftig möglicherweise auch von weiteren Partnern die gleichen Möglichkeiten. Das bedeutet, jeder, der ctrlX OS nutzt, hat Zugang zum gesamten Lösungsraum der ctrlX World. Stellen Sie sich das aus Sicht eines Endanwenders vor: Egal in welcher industriellen Branche er tätig ist, er kann plötzlich unabhängig vom Anbieter und Gerät einheitliche IT-Sicherheit, Remote-Verwaltbarkeit und die Verwendung von Apps erwarten. Denn was der Endbenutzer sucht, ist eine Beschleunigung seiner Innovationen. Offene Plattformen spielen dabei eine zen-trale Rolle. Der Markt nimmt diese Lösung bereits unglaublich stark an und motiviert uns, die nächsten Schritte zu gehen.

Was überzeugte Sie letztendlich bei Wago, bei Ihren Steuerungen auf ctrlX OS zu setzen?

Dr. Lang:

Für mich war der Beweggrund ziemlich einfach. Ich habe einen Teil der Geschichte bei Bosch Rexroth während meiner Zeit vor Wago live miterlebt. Offenheit war bei Bosch Rexroth während der Entwicklung der Automatisierungsplattform sowie des Betriebssystems eine der zentralen Fragen. Und weil wir bei Wago ebenfalls für Offenheit und Standardisierung stehen, lag es nahe, bei den ehemaligen Kollegen nachzufragen, ob sie für diese Partnerschaft offen sind. Warum sollte ich also mit vielen Ressourcen und einer Time-to-Market von fünf Jahren eine eigene Lösung entwickeln, wenn es die perfekte Lösung mit ctrlX OS schon auf dem Markt gibt?

Fechner:

Wir müssen uns dem Tempo auf den asiatischen und anderen Wettbewerbsmärkten anpassen. Es ergibt keinen Sinn, dass jedes mittelständische Unternehmen das Rad neu erfindet. Anwendungen können viel schneller und effizienter umgesetzt werden, wenn bereits bewährte Lösungen genutzt werden. Unser Wertversprechen besteht darin, eine solide Plattformbasis zur Verfügung zu stellen und aktuell zu halten, Sicherheitspatches bereitzustellen und alle damit verbundenen administrativen Dienstleistungen anzubieten. Der Partnerkreis kann sich vollständig auf die Wertschöpfung konzentrieren und kontinuierlich differenzierende Elemente ergänzen, ohne das Rad neu erfinden zu müssen.

Überzeugte Wago auch die Möglichkeit, über die Automatisierungsplattform ctrlX Automation auf den umfangreichen Appstore ctrlX Store mit zahlreichen fertigen Applikationen Zugriff zu haben?

Pfeffer:

Es geht nicht nur darum, dass wir auf einen App-Store zugreifen können – das könnten wir auch in einer loseren Partnerschaft. Sondern wir wollen auch relevante Bausteine und Apps innerhalb des gesamten Ökosystems entwickeln. Wir sind nicht nur Anbieter von Lösungen, sondern auch Gestalter dieser Lösungen. Das Schöne ist, dass Wago und Bosch Rexroth verschiedene Schwerpunkte bedienen. Es entsteht eine große Komplementärsituation, die beiden Seiten hilft. Wir wollen uns mit ctrlX OS verstärkt auf die Gebäude- und Energie-Automatisierung konzentrieren. Gemeinsam können wir etwas Großes schaffen, das über das bloße Anreihen von Apps hinausgeht und ein noch besseres Ökosystem darstellt.

Das heißt, wenn Wago eigene Anwendungen entwickelt, dann sind diese über das Partnernetzwerk ctrlX World auch für alle zugänglich?

Dr. Lang:

Grundsätzlich ist unser Ansatz, dass alle Geräte alle Apps unterstützen können, unabhängig vom Anbieter. Ausnahmen sind natürlich bestimmte Leistungsanforderungen. So würde einer kleinen Kompakt-Steuerung natürlich die notwendige Performance für Highend-Robotik-Applikationen fehlen. Aber zum Beispiel bei einem VPN-Client ist die Idee, dass Software nicht immer wieder neu entwickelt wird. Im Sinne von Co-Creation stimmen wir uns ab, wer welchen Beitrag leistet. Wer hat die beste Expertise für eine bestimmte Problemlösung? Und dieser Partner entwickelt dann den VPN-Client, den alle nutzen können.

Pfeffer:

Wir haben keine Angst davor, uns gegenseitig Konkurrenz zu machen. Natürlich kann dann jeder Wago ctrlX OS-Anwender auch Apps von Bosch Rexroth nutzen. Das ist der Charme dieser Zusammenarbeit. Selbst wenn dadurch der jeweils andere ctrlX OS-Partner einen etwas größeren Deal bekommt, machen wir doch alle zusammen insgesamt mehr Geschäft. Das ist der Grundgedanke der Co-Creation. Gemeinsam werden wir mehr erreichen!

Winkler:

Das ist eine Grundphilosophie, die wir teilen. Man kann deutlich sagen, dass wir nicht in proprietäre Systeme eindringen, sondern in offene Systeme gehen und das Gemeinsame gewinnen. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der ‚Appifi-zierung‘ von Software besteht darin, die Qualität zu steigern. Durch die Wiederverwendung der beispielsweise bereits erwähnten VPN-App wird eine viel höhere Softwarequalität erreicht; statt sie ständig neu zu entwickeln. Der Softwareentwickler der Zukunft wird eher ein Orchestrator bestehender Lösungen sein. Den differenzierenden Punkt für seine Branche wird er selbst schaffen.

Klingt wie in der IT-Welt seit Jahren: Die Hardware wird Commodity, die Software macht den Unterschied!

Winkler:

Letztendlich führen wir eine Entkopplung von Hardware und Software durch. Das Ganze wird Hardware- agnostischer. Natürlich bleibt ein Bedarf an Hardware bestehen, denn die Softwarebefehle müssen ja umgesetzt werden. Aber auch in der Hardware gibt es eine zunehmende Spezialisierung, die Grenze der Technologie erweitert sich ständig. Der Trick liegt in der Trennung durch das Betriebssystem. Dadurch können Software-Ingenieure weitestgehend unabhängig von der Hardware-Entwicklung arbeiten. Am Ende können sie über definierte Datenstrukturen und Micro-Services auf die Funktionen zugreifen. Hier haben wir viele Erfolgsfaktoren der IT in die OT übernommen. Das ist der entscheidende Schritt der Hardware-Software-Konvergenz.

Fechner:

Richtig, Hardware wird trotz Entkoppelung von der Software immer noch notwendig sein. Aber durch die Entkoppelung kann ich immer auf einer standardisierten Entwicklungsumgebung arbeiten und benötige keine proprietären Tools. Wenn bei geschlossenen Systemen beispielsweise die Hardware erneuert werden muss, weil die CPU zu schwach ist, dann ist ein großer Anpassungsaufwand erforderlich. Warum? Weil es feste Verbindungen zwischen der Hardware und Software gibt. Diese Probleme gibt es in dem durch ctrlX Automation initiierten Ökosystem nicht mehr. Hier ist es völlig egal, ob beispielsweise eine schnellere CPU benötigt wird, meine Software funktioniert weiterhin. Das gab es so in der Welt der Automatisierung bisher noch nicht.

Winkler:

Letztendlich geht es darum, eine kurze Time-to-Market zu ermöglichen, wenn es Marktveränderungen gibt. Es gibt Experten, die sich um die Weiter-entwicklung der Hardware kümmern, während sich die Software-Ingenieure auf die Entwicklung der Funktionen konzentrieren. Sie verbringen ihre Zeit nicht damit, grundlegende Komponenten immer wieder neu zu entwickeln. An dieser Stelle haben wir eine Lösung, die genau darauf eingeht.

Fechner:

Zusätzlich lassen sich mit nahezu jeder Programmiersprache Apps schreiben. Um es zu verdeutlichen: Sie können mit Python, C++ oder JavaScript programmiert worden sein. Sie sind nicht gezwungen, alle Apps mit derselben Programmiersprache zu erstellen. Sie können ihrer Profession folgen und das verwenden, was am besten passt. Alle Apps laufen auf dem System.

Machen Sie damit IT-Entwicklern auch die Automatisierungswelt schmackhaft? Insbesondere weil klassische SPS-Programmierer aussterben…

Winkler:

Sie sterben aus, das ist eine Tatsache. Die jüngere Generation von Software-Entwicklern hat nachvollziehbarerweise einfach keine Freude daran, mit alten Systemen und Tools zu arbeiten. Sie kommen von der Universität und lieben ihre hochmodernen Entwickler-Tools. Wir bieten der neuen Generation von Entwicklern einen Spielplatz, auf dem sie sich austoben können. Und alle, die anfangs Zweifel gegenüber dem System hatten, waren begeistert, wie einfach sie Applikationen entwickeln können, die den industriellen Anforderungen entsprechen.

Dr. Lang:

Wenn wir an die Zukunft denken, dann müssen wir der neuen Generation von Entwicklern die Automatisierungswelt definitiv schmackhaft machen. Der Vorteil von ctrlX Automation an dieser Stelle ist seine offene Programmierumgebung: Programmierer der ‚alten Garde‘ können weiterhin auf herkömmliche Weise Applikationen programmieren. Gleichzeitig erhalten junge Menschen eine attraktive Plattform, auf der sie ihre gewohnten, modernen Programmiersprachen verwenden können. Als wir erste Schritte mit ctrlX Automation unternommen und in unsere Wago-Community integriert haben, zeigte sich die jüngere Generation auch begeistert. Die absolut offen gestaltete Automatisierungsplattform ergänzt durch das Ökosystem ist somit wirklich ein Game Changer in der Automatisierung.

Bildergalerie

  • Thomas Fechner, Mitglied des Vorstands und verantwortlich für Fabrikautomation bei Bosch Rexroth: „Wir müssen uns dem Tempo auf den asiatischen und anderen Wettbewerbsmärkten anpassen. Es ergibt keinen Sinn, dass jedes mittelständische Unternehmen das Rad neu erfindet.“

    Thomas Fechner, Mitglied des Vorstands und verantwortlich für Fabrikautomation bei Bosch Rexroth: „Wir müssen uns dem Tempo auf den asiatischen und anderen Wettbewerbsmärkten anpassen. Es ergibt keinen Sinn, dass jedes mittelständische Unternehmen das Rad neu erfindet.“

    Bild: Bosch Rexroth

  • Steffen Winkler, CSO Business Unit Automation bei Bosch Rexroth: „Das Ziel ist es, gemeinsam mit Wago ein weltweit führendes und offenes Automatisierungssystem zu schaffen, welches von einer Community getragen wird, die Offenheit und Co-Creation teilt.“

    Steffen Winkler, CSO Business Unit Automation bei Bosch Rexroth: „Das Ziel ist es, gemeinsam mit Wago ein weltweit führendes und offenes Automatisierungssystem zu schaffen, welches von einer Community getragen wird, die Offenheit und Co-Creation teilt.“

    Bild: Bosch Rexroth

  • Dr. Heiner Lang, CEO bei Wago: „Warum sollte ich mit vielen Ressourcen und einer Time-to-Market von fünf Jahren eine eigene Lösung entwickeln, wenn es die perfekte Lösung mit ctrlX OS schon auf dem Markt gibt?“

    Dr. Heiner Lang, CEO bei Wago: „Warum sollte ich mit vielen Ressourcen und einer Time-to-Market von fünf Jahren eine eigene Lösung entwickeln, wenn es die perfekte Lösung mit ctrlX OS schon auf dem Markt gibt?“

    Bild: Wago

  • Johannes Pfeffer, Vice President Business Unit Automation bei Wago: „Wago verfolgte schon immer eine offene Strategie und strebte danach, ein umfassendes System anzubieten, das unabhängig von proprietären oder marktspezifischen Lösungen arbeitet.“

    Johannes Pfeffer, Vice President Business Unit Automation bei Wago: „Wago verfolgte schon immer eine offene Strategie und strebte danach, ein umfassendes System anzubieten, das unabhängig von proprietären oder marktspezifischen Lösungen arbeitet.“

    Bild: Wago

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