3D-Druck bietet die Möglichkeit, komplexe Bauteile in kleinen Stückzahlen zu fertigen. Diesen Vorteil macht sich das Kieler Unternehmen Scuddy zunutze. Für seine Elektroroller druckt es seit Jahren ausgewählte Bauteile – meist aus Kunststoff, im Prototypenbereich auch aus Aluminium.
Das Forschungsprojekt „FATiG“ nutzen die Ingenieure von Scuddy, um neue Materialien zu testen. „Wir wollten herausfinden, ob wir das Verfahren langfristig auch für den 3D-Druck von Titanbauteilen nutzen können“, sagt Jörn Jacobi, Mitgründer von Scuddy.
Die Herausforderung: Bisher gibt es nur wenige Erkenntnisse darüber, wie sich 3D-gedrucktes Titan unter dynamischer Beanspruchung verhält. Für die Belastungstests entschied sich das Kieler Unternehmen für ein Zahnriemenrad aus Titan. Dieses Bauteil treibt das Hinterrad des Elektrorollers an und ist ständigen Erschütterungen und Schlägen ausgesetzt.
Den 3D-Druck des Zahnriemenrads verantwortete der zweite Industriepartner, Element 22. Für die Herstellung des Zahnriemenrads nutzte Dr. Ing. Johannes G. Schaper die „Cold Metal Fusion“ Technologie. Bei diesem Verfahren trägt ein 3D-Drucker ein Gemisch aus Metallpulver und Bindemittel in dünnen Schichten auf.
Laser schmilzt Bindemittel
Ein Laser schmilzt das Bindemittel und verleiht dem Metallpulver erste Festigkeit. Nach dem Druckvorgang kommt das noch brüchige Zahnriemenrad in einen Sinterofen, in dem sich die Metallpartikel unter Hitze und Vakuum zu einer stabilen Masse verbinden.
Auf das gemeinsame Forschungsprojekt blickt das Unternehmen positiv zurück: „Wir konnten Cold Metal Fusion bei uns implementieren und mittlerweile unsere Kundschaft mit Bauteilen aus dieser Technologie bedienen“, sagt Johannes Schaper. Auch im Bereich des Sinterns eignete sich das Unternehmen neues Wissen an und kann jetzt neuartige Bauteil-Geometrien anbieten.
Diverse Stresstests durchgeführt
An der FH Kiel unterzog Deborah Kaschube im Rahmen ihrer Promotion die 3D-gedruckten Bauteile diversen Stresstests, bis zum Bruch der ersten Speiche. „In der Wissenschaft können wir einzelne Bauteile intensiv und lange auf ihre Belastbarkeit prüfen, aber für die Industrie ist das wirtschaftlich natürlich nicht sinnvoll. Sie benötigt verlässliche Berechnungssoftware, um ihre Produkte auf Herz und Nieren zu prüfen und letztendlich deren Lebensdauer vorhersagen zu können“, erklärt Kaschube.
Um dies zu ermöglichen, führte die Promovendin gemeinsam mit Projektleiter Prof. Dr. Berend Bohlmann die Ergebnisse der Belastungstests und die hierbei gesammelten Materialdaten in einer selbst entwickelten Software zusammen.
Kombiniert mit einer „Finite-Elemente-Analyse“ für die Modellierung physikalischer Phänomene konnte sie die Lebensdauer des Bauteils vorhersagen. Künftig ist es also möglich, rechnerisch die Lebensdauer von Bauteilen zu bestimmen, die mittels Cold Metal Fusion hergestellt werden.