Studien zeigen: Produktivität und Effizienz hängen stark von der Qualität der Kommunikation ab. Die Dezentralisierung von Arbeit – Home Office – verstärkt diesen Effekt noch. Denn Mitarbeiter sind noch stärker abhängig von zugänglichen Informationen.
Allein die interne Recherche nach Informationen frisst laut McKinsey 20 Prozent der Arbeitszeit – mit E-Mails verbringen Mitarbeiter durchschnittlich 28 Prozent ihrer Zeit. Viel davon lässt sich durch effektive Kommunikation einsparen.
77 Prozent weniger Fehler durch verständliche Handbücher
Klare und verständliche Sprache hilft, Missverständnisse zu vermeiden und die Effizienz zu steigern. In einer Studie eines kanadischen Finanzdienstleisters verhinderte klare Sprache 77 Prozent der Fehler.
„Die Bedeutung einer klaren, verständlichen Kommunikation kann nicht hoch genug eingeschätzt werden“, betont Gidon Wagner, Gründer von Wortliga. „Besonders im Home Office, wo der persönliche Kontakt fehlt, ist es umso wichtiger, dass Mitarbeiter jede Nachricht, jedes Dokument und jede Anleitung richtig verstehen. So vermeiden Unternehmen Missverständnisse und Rückfragen. Klare interne Kommunikation fördert nicht nur das Wohlbefinden und die Zufriedenheit, sondern erhöht die Loyalität und das Engagement.“
Millionen einsparen durch weniger verschwendete Lesezeit
Eine Studie fand heraus, dass eine in einfacher Sprache umgeschriebene Mitteilung beim US-Militär 17-23 Prozent weniger Lesezeit erforderte. Basierend auf diesen Daten schätzten die Autoren, dass die US-Navy jährlich zwischen 27 und 73 Millionen US-Dollar (in 1991er Dollar) an verschwendeter Lesezeit einsparen könnte, wenn nur ihre Offiziere den einfachen Stil verwenden würden.
Komplexität gefährdet Qualität, Sicherheit und Produktivität
„Niemand kann leugnen, dass unsere Welt immer komplexer wird. Systematische Vereinfachung ist das Gebot der Stunde“, sagt Wagner. Der TÜV Rheinland bemängelt, dass Dokumentationen in Unternehmen oft nur von Experten verstanden werden.
Der TÜV empfiehlt deswegen das KI-Tool „Plain“ für verständliche Sprache von Wortliga. Es soll den Prozess der Vereinfachung unterstützen. Auch alltägliche Texte und E-Mails lassen sich damit in kurzer Zeit verständlicher schreiben – Absender und Empfänger sparen dadurch Zeit.
Ingenieure und Manager lesen lieber Klartext
Probleme durch komplizierte Sprache bei der dezentralen Arbeit treten besonders in Teams auf, die aus verschiedenen Fachbereichen bestehen. Aber auch Experten unter sich bevorzugen verständliche Sprache. Eine Studie beim Verband für Chemie-Ingenieure „IChemE“ fand heraus, dass Ingenieure technische Berichte in klarer Sprache lieber lesen.
Die befragten Ingenieure glaubten zuvor, sie müssten passiv und distanziert schreiben, um professionell zu wirken. Im Rahmen der Studie wurde klar, dass das nicht stimmt. Im Gegenteil: Fachjargon und komplexe Formulierungen werden schnell zu Hindernissen in der Zusammenarbeit.
Studienleiter John Kirkman wollte herausfinden, ob ein direkter, aktiver und persönlicher Stil bei Ingenieuren, Managern und Herausgebern im Verband beliebter ist. Dazu legte er ihnen in einem Experiment sechs verschiedene Versionen eines technischen Berichts vor. Eine dieser Versionen war bewusst direkt und klar verfasst. Diese direkte und klare Fassung kam bei den Studien-Teilnehmern am besten an. Sie wurde als angenehmer, verständlicher und einfacher eingestuft, besonders von den älteren Mitgliedern. Die Studie zeigt auch, dass Experten sich fachlich korrekt ausdrücken und gleichzeitig verständlich bleiben können.
Vorurteile bremsen und verhindern mehr Transparenz
Eine Bremse für den Abbau von komplexen Informationen sind oft ausgerechnet die Führungskräfte. Aber auch viele Mitarbeiter haben Vorurteile gegen verständliche Kommunikation. „Eine Mitarbeiterin einer Zentralbank sagte mir in einem Seminar, dass es im Management viele Vorbehalte gegen Vereinfachung gibt“, sagt Wagner.
Die betreffende Zentralbank vereinfachte ihren Jahresbericht und kürzte ihn von rund 160 Seiten auf 100 Seiten. Warum bekam die verantwortliche Editorin neben Unterstützung auch viel Gegenwind? Vor allem aus Sorge, die Zentralbank würde nicht mehr professionell genug klingen. Dabei ist es genau andersrum: Umfragen zeigen, dass 84 Prozent der Menschen eher einer Organisation vertrauen, die auf Fachjargon verzichtet.
Schulungen und Überzeugungsarbeit: „Es liegt viel Arbeit vor uns“
Die Vorurteile reichen von „Das ist doch Babysprache“ und „Das haben wir schon immer so gemacht“ bis zu „Das macht unsere Sprache kaputt“. „Tatsache ist jedoch: Verständliche Sprache ist anregend und fast alle Menschen bevorzugen Klartext gegenüber komplizierter Sprache. Wie effektiv Digitalisierung ist, hängt auch davon ab, wie effektiv die Kommunikation gelingt. Es liegt viel Arbeit vor uns“, sagt Wagner.