3D-Drucker sind heute oft das Werkzeug der Wahl, wenn keine massenproduzierte Serie identischer Objekte benötigt wird, sondern Einzelstücke passgenau und maßgeschneidert gefertigt werden müssen. Allerdings ist es schwierig, passende Materialien für den Aufbau von Knochen zu finden, die sich im 3D-Drucker verarbeiten lassen.
An der TU Wien will man solche Materialien nun neu entwickeln und gezielt verbessern. Geforscht wird daran im Christian-Doppler-Labor (CD-Labor) Advanced Polymers for Biomaterials and 3D Printing, das am 25. Juni 2019 eröffnet wurde. Finanziell unterstützt wird das neue Labor vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) und von den Firmenpartnern KLS Martin, Lithoz und TCC.
„Durch den Einsatz von 3D-Druckern können in der Medizin neue Chancen für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft ergriffen werden“, sagt Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl. „Die neuartige Medizin mit beispielsweise individualisierten Knochenimplantaten eröffnet spannende Möglichkeiten und bietet Wachstumschancen für unsere Unternehmen.“
Knochen sind lebendiges Material
„Einen Knochen darf man sich nicht wie ein starres, lebloses Objekt vorstellen“, erklärt Stefan Baudis vom Institut für Angewandte Synthesechemie der TU Wien, der das neue CD-Labor leitet. „Ununterbrochen werden die Knochen in unserem Körper von bestimmten Zellen abgebaut und von anderen Zellen gleichzeitig wieder aufgebaut. Daher können Knochenbrüche ganz von selbst wieder verheilen.“ Versorgt werden diese Zellen durch eigene Blutgefäße, die den Knochen durchziehen und den nötigen Stofftransport ermöglichen.
Man muss dem Körper eigentlich nur ein passendes Gerüst vorgeben, das dann von körpereigenen Zellen besiedelt und zum ganz normalen Knochen umgebaut wird. „Ein solches Gerüst wollen wir mit 3D-Druck-Technologie herstellen“, sagt Baudis.
Ein beschädigtes Knochenstück lässt sich mit modernen bildgebenden Verfahren präzise vermessen. Am Computer ließe sich dann der gewünschte Knochenabschnitt genau auswählen, der 3D-Drucker würde innerhalb von einigen Stunden Schicht für Schicht ein Knochengerüst mit genau der richtigen Form erzeugen, das dann bei der Operation mit dem natürlichen Knochen verklebt wird.
Was das Knochengerüst alles können muss
Aus materialwissenschaftlicher Sicht ist das eine große Herausforderung, denn das künstlich hergestellte Knochengerüst muss eine ganze Reihe Anforderungen erfüllen:
Es muss eine poröse Struktur haben, damit knochenaufbauende Körperzellen eindringen können und der Stofftransport funktioniert.
Es muss fest, aber nicht zu spröde sein, damit es nicht sofort bricht.
Es muss vom Körper in überschaubarer Zeit abgebaut werden, damit am Ende, wenn es durch natürlichen Knochen ersetzt wurde, vom Gerüst nichts mehr übrigbleibt. Außerdem sollen bereits Partikel aus Calciumphosphat im Gerüst eingebaut sein, die dann in das Knochenmaterial umgewandelt werden.
Gleichzeitig muss das Material natürlich 3D-Druck-tauglich sein: Es muss zunächst bei Raumtemperatur flüssig bleiben, bis es mit Licht der passenden Wellenlänge bestrahlt wird. Dadurch wird dann eine chemische Kettenreaktion ausgelöst, die das Material genau an den bestrahlen Stellen aushärtet.
3D-Druck weiterentwickeln
„Wir wissen bereits viel über die Chemie der einzelnen Komponenten, die dafür nötig sind“, sagt Baudis. „Nun forschen wir an den passenden Materialgemischen, mit denen sich all diese Anforderungen erfüllen lassen.“
Darüber hinaus sollen auch die 3D-Druck-Verfahren selbst weiterentwickelt werden. An der TU Wien gibt es bereits viel Erfahrung mit der Entwicklung neuer 3D-Druck-Technologien; eine ganze Reihe weiterer Forschungsgruppen der TU Wien sind in das Forschungsprojekt mit eingebunden.
Über Christian-Doppler-Labors
In Christian-Doppler-Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben. Wissenschafter kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian-Doppler-Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel.
Christian-Doppler-Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW).