Studie stellt Wünsche gegen Realität Lassen sich die Erwartungen an KI überhaupt erfüllen?

Der Hype um KI ist inzwischen so groß, dass auf Entscheidern ein erheblicher Druck für die schnellere Einführung lastet. Eine der größten Befürchtungen dabei: KI-Projekte können in der Pilotphase stecken bleiben, wenn sie nicht richtig geplant, umgesetzt und kommuniziert werden.

Bild: iStock, da-kuk
22.07.2024

Deutsche Führungskräfte wollen dem Hype um Künstliche Intelligenz (KI) folgen – aber sind Unternehmen überhaupt in der Lage, den Erwartungen gerecht zu werden? Eine Studie zeigt nun: die Mehrheit der Befragten vertraut darauf, dass mit der richtigen KI-Strategie ein großer Mehrwert für ihr Unternehmen entstehen wird, doch fehlende Technologie, Prozesse und Fähigkeiten bremsen den Fortschritt aus.

An der globalen Studie Industrial AI: the new frontier for productivity, innovation and competitiveness von IFS nahmen 1.700 Top-Entscheidungsträger aus 12 Ländern teil, darunter auch 207 aus Deutschland. Die Ergebnisse zeigen: Die Umsetzung und das Ausschöpfen des riesigen Potenzials der Künstlichen Intelligenz werden durch fehlende Technologie, Prozesse und Fähigkeiten weiterhin gebremst. Die Befragten in Deutschland sehen sich bei der Umsetzung ihrer KI-Projekte zwar strukturellen und technologischen Herausforderungen gegenüber, bleiben aber dennoch optimistisch. Die folgende Auswertung bezieht sich auf die Antworten der deutschen Führungskräfte.

Erwartungen entsprechen nicht der Realität

Eine überwältigende Mehrheit der Befragten (91 Prozent) erwartet massive Vorteile für ihr Unternehmen durch Künstliche Intelligenz. Die drei wichtigsten Bereiche, in denen KI-Lösungen einen entscheidenden Mehrwehrt bieten sollen, sind: Produkt- und Serviceinnovationen, ein kontinuierliches Business-Wachstum sowie die höhere Produktivität der Mitarbeitenden. Gleichzeitig geben 88 Prozent der Entscheider aus Deutschland an, dass der Hype um KI inzwischen so groß ist, dass auf ihnen ein erheblicher Druck für die schnellere Einführung von KI-Tools lastet. Eine der größten Befürchtungen dabei: KI-Projekte können in der Pilotphase stecken bleiben, wenn sie nicht richtig geplant, umgesetzt und kommuniziert werden.

Viele Unternehmen haben der Einführung von KI keine Priorität eingeräumt und verfügen weder über die Infrastruktur noch über die Kompetenzen, um die erwarteten Vorteile zu nutzen. Laut IFS erfordert eine robuste industrielle KI-Strategie eine starke Kombination aus Cloud, Daten, Prozessen und Expertise. So glauben 86 Prozent, dass ein fehlender strategischer Ansatz ein Anzeichen dafür ist, dass das Unternehmen nicht über ausreichende Fähigkeiten verfügt, um KI-Lösungen erfolgreich umzusetzen. Diese Einschätzung wird auch an anderer Stelle in der Studie deutlich: 43 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die Expertise und Fähigkeiten der Mitarbeitenden in Bezug auf KI zwar akzeptabel, aber verbesserungswürdig seien.

Deutsche Unternehmen weiter optimistisch

Der weiterhin grassierende Fachkräftemangel führt dazu, dass viele deutsche Unternehmen bei der Vorbereitung auf die Einführung von KI-Lösungen hinterherhinken. Die IFS Studie zeigt, dass über die Hälfte der Befragten (54 Prozent) lediglich Angebote einholen und strukturierte Pilotprojekte gestartet haben, anstatt über eine klare Strategie zu verfügen und greifbare Ergebnisse vorweisen zu können (28 Prozent). 14 Prozent befinden sich in der Forschungsphase, in der unkontrollierte Tests durchgeführt werden und weitere 4 Prozent verfügen noch über keinen koordinierten Ansatz. Trotz dieser Herausforderungen überwiegt der Optimismus: 51 Prozent glauben, dass KI in ein bis zwei Jahren einen signifikanten Unterschied für ihr Unternehmen machen könnte. Rund ein Viertel (24 Prozent) geht davon aus, dass eine deutliche Entwicklung bereits innerhalb eines Jahres zu beobachten ist.

Den größten Einfluss von generativer KI in der intelligenten Produktion und Dienstleistungserbringung sehen die Befragten hinsichtlich der Effektivität und des Geschäfts- sowie Betriebsmanagements (23 Prozent). Etwa ein Fünftel der Befragten sieht hierbei ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf Wachstum und Entscheidungsfindung (21 Prozent). Darüber hinaus werden auch der Qualifizierung und Bindung von Mitarbeitern sowie der Innovation von neuen Produkten und Dienstleistungen ein bedeutender Einfluss zugemessen (jeweils 20 Prozent).

Datenverfügbarkeit im Fokus ​

Um diese Vorteile nutzen zu können, müssen Unternehmen ihr strategisch wichtigstes Gut richtig einsetzen: ihre Daten. Die richtige Menge und Qualität von Daten sind entscheidend für den Erfolg von KI-Anwendungen. Mehr als vier von fünf Befragten (87 Prozent) erkennen die Bedeutung von Echtzeitdaten für erfolgreiche KI-Projekte. Trotz dieser Erkenntnis hat jedoch nur ein Viertel der Befragten eine Datenbasis geschaffen, die sowohl datenbasierte Geschäftsentscheidungen als auch Echtzeitreaktionen unterstützt. Darüber hinaus verfügen nur 34 Prozent der Befragten über mehrheitlich strukturierte Daten.

„KI ist auf dem besten Weg, das maßgeblichste Business-Tool aller Zeiten zu werden“, kommentiert Christian Pedersen, Chief Product Officer bei IFS, die Ergebnisse. „Unsere Studie zeigt aber auch, dass es immer noch grundlegende Missverständnisse darüber gibt, wie man das Potenzial der KI in einem industriellen Umfeld nutzen kann. Es ist bezeichnend, dass von der KI eine deutliche Kostensenkung und Margenerhöhung erwartet wird – das Fehlen einer entsprechenden Strategie zur Umsetzung zeigt allerdings, dass die meisten Unternehmen nicht ausreichend qualifiziert und vorbereitet sind, um diese Ziele auch zu erreichen. Der Wert von Künstlicher Intelligenz liegt nicht in einer einzelnen Funktion, sondern in der holistischen Bereitstellung für alle Produkte und Geschäftsprozesse. Dadurch werden die Entscheidungszyklen der Kunden unterstützt und die Daten und KI-Services bereitgestellt, die für eine schnellere Wertschöpfung erforderlich sind.“

Methodik

Censuswide befragte im März 2024 1.709 C-Level-Entscheider, Präsidenten, Senior Vice Presidents und Direktoren, die in den Bereichen Fertigung, Telekommunikation, Aerospace und Defense, Dienstleistungen, Bau- und Ingenieurwesen oder im Bereich Energie und Ressourcen in Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen US-Dollar arbeiten. Befragt wurden sie in Großbritannien, den USA, Kanada, Deutschland, Frankreich, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Norwegen, Japan, Australien, Schweden, Dänemark und Finnland.

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