Zu wenig oder eine zu einseitige Bewegung, zu viel am Schreibtisch und vor dem Rechner sitzen, nicht nur im Beruf, sondern auch im Privatleben. Die Folge: Viele Menschen haben Rückenprobleme. Dabei gibt es viele bewährte Präventionsmaßnahmen, wie beispielsweise Kurse für Rückengymnastik oder Entspannungsverfahren, die meist auch von den Krankenkassen angeboten und erstattet werden.
„Doch all dies nützt wenig, wenn die Ursache für die Schmerzen nicht klar definiert ist“, sagt Carlo Dindorf, Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe Bewegungs- und Trainingswissenschaft an der TU Kaiserslautern. Genau daran arbeitet das Team der TUK zusammen mit Jürgen Konradi und dem Forschungsteam des Interprofessionellen Studienzentrums für Bewegungsforschung der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz, dem Medizintechnikunternehmen Diers International und weiteren Projektpartnern.
Maschinelles Lernen in der Diagnosetechnik
Das interdisziplinäre Team setzt dabei auf eine in der Praxis bereits gut erprobte und verbreitete Diagnosetechnik. „Wir scannen den Rücken mit einem Projektor und einer Kameraeinheit“, sagt Dindorf. Dabei wird ein Lichtgitter auf den Rücken projiziert. Mittels der sogenannten Rasterstereographie kann so ein individuelles Modell der Wirbelsäule berechnet werden. Neu bei der Methode ist nun der Einsatz von Verfahren der KI und des maschinellen Lernens. „Unser System lernt mit Hilfe der gewonnenen Daten dazu“, erläutert Dindorf. „Je mehr Wirbelsäulen analysiert werden, desto besser wird das System und somit unser Verständnis der Wirbelsäule.“
Um das Lernen dieser Systeme in Zukunft noch weiter zu verbessern, arbeitet das Team daran, eine multizentrische, gemeinwohlorientierte Datensammlung zu ermöglichen. „Dazu wollen wir Daten unterschiedlicher Messzentren zusammenführen“, erklärt Dindorf. „Auf die entstehende Plattform können alle an der Therapie Beteiligten, wie Ärzte und Physiotherapeuten ihre Bewegungsdaten hochladen. So lässt sich im Anschluss eine objektive, daten-basierte Einschätzung des Krankheitsbildes mittels der entwickelten KI-Pipelines generieren.“
Dies kann unter anderem der Medizin künftig helfen, zum Beispiel Fehlstellungen besser aufzuspüren und personalisierte Diagnosen zu treffen, die eine individualisierte Therapie ermöglichen. Die Technologie ist aber auch für den Leistungs- und Breitensport sowie für die Grundlagenforschung generell von Interesse. So entstehen ein wesentlich differenzierteres Bild und ein besserer Einblick in die Funktion der Wirbelsäule.
Die Offene Digitalisierungsallianz Pfalz ist ebenfalls in das Vorhaben eingebunden. Sie unterstützt das Forscherteam dabei, die Erkenntnisse in Zusammenarbeit mit anderen Forschern, mit Akteuren aus dem Gesundheitsbereich und mit Unternehmen der Region in die Praxis zu überführen.