Nichtlineare Impulsverarbeitung Paradigmenwechsel in der digitalen Signalverarbeitung

Im Nervensystem verlaufen Prozesse hochgradig nichtlinear, sie Signalgebung in der digitalen Welt ist dagegen aktuell linear – was einen hohen Energieverbrauch verursacht.

Bild: iStock, Valerii Minhirov
30.10.2023

Inspiriert durch die Informationsverarbeitung der Bienen will ein Forscherverbund mit dem gemeinsamen Projekt SWIMS einen Paradigmenwechsel für das Design und die Hardware intelligenter drahtloser multimodaler sensorischer Systeme herbeiführen („Stochastic Spiking Wireless Multimodal Sensory Systems“).

Diese neuartigen Systeme sollen hinsichtlich ihrer Energieeffizienz einen Durchbruch auf der Systemebene bieten. Für ihr Vorhaben erhalten die Forschenden Prof. Gerhard P. Fettweis (TU Dresden), Prof. Elisabetta Chicca (University of Groningen), Prof. Denis Flandre (UCLouvain) und Prof. Adrian M. Ionescu (EPFL) den renommierten Synergy Grant des European Research Council (ERC) verbunden mit einer Förderung in Höhe von 13,5 Millionen Euro.

Energieverbrauch reduzieren

Mit dem Übergang von der analogen zur digitalen Elektronik wurde im letzten Jahrhundert die Grundlage für die Digitalisierung und die weitere Entwicklung der Gesellschaft gelegt. Allerdings stellt uns die voranschreitende Digitalisierung vor eine Herausforderung: den rasant steigenden Energieverbrauch der Infrastruktur. Um die anspruchsvoller werdenden digitalen Anwendungen zu realisieren, müssen immer mehr Daten verarbeitet werden - mehr Server, mehr Sensorik, mehr Kommunikation, mehr Endgeräte. Wir benötigen einen neuen Weg, um die aktuell sehr energieintensive Informationstechnik nachhaltig und ressourcenschonend zu betreiben.

Über Jahrmillionen hat die Evolution die Signalgebung in unserem Nervensystem optimiert und zu Impulssignalen, dem so genannten Spiking, entwickelt. Der Prozess, Impulse zu erzeugen, zu verarbeiten und zu übertragen, verläuft dabei hochgradig nichtlinear. Die Signalgebung in der digitalen Welt ist dagegen aktuell linear entlang des Signalpegels, und verursacht für die Pegelerzeugung und die lineare Signalverarbeitung einen hohen Energieverbrauch. Die nichtlineare Signalverarbeitung bietet erhebliches Potential, vor allem hinsichtlich des Energieverbrauchs. Allerdings stoßen heutige theoretische mathematische Methoden sowie praktische Realisierungen noch auf ungelöste Probleme.

Von Lösungen aus der Natur inspiriert

Die Forschungsgruppe um Prof. Fettweis stellt sich im Projekt SWIMS diesem Problem und möchte zum ersten Mal einen Ansatz finden, eine nichtlineare Impulsverarbeitung in der Elektronik zu realisieren, die vom Sensor über die Verarbeitung, die Kommunikation bis hin zum Empfänger möglich ist. Hierbei lassen sich die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von Lösungen leiten, die Insekten, wie die Bienen, bereits realisiert haben.

„Eine Biene hat eine kleine neuronale Infrastruktur von nur circa einer Millionen Neuronen, kann aber bei minimalem Energieeinsatz beispielsweise orten, hören, sehen, gesteuert fliegen sowie kommunizieren“, erklärt Fettweis. Das Projektteam untersucht in den kommenden sechs Jahren, wie man, abgeleitet aus der Biologie, das komplexe nichtlineare Optimierungsproblem systematisch löst und auf elektronische Schaltungen anwenden kann.

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