Eplan und Siemens haben Ende 2024 eine Partnerschaft verkündet. Welche Ziele verfolgen Sie mit dieser Zusammenarbeit?
Seitz:
Unser Ziel mit der Partnerschaft ist es, eine noch engere Verzahnung zwischen den Engineering-Tools von Eplan und Siemens zu erreichen. Unsere Kunden erwarten durchgängige digitale Prozesse, und genau das wollen wir gemeinsam ermöglichen. Die Verbindung zwischen der Elektrokonstruktion und der Automatisierung ist ein entscheidender Faktor für effizientes Engineering. Die Partnerschaft umfasst mehrere Ebenen: Einerseits arbeiten wir an einer stärkeren Integration zwischen unseren Plattformen, insbesondere zwischen der Eplan Plattform und dem TIA Portal. Andererseits möchten wir gemeinsam an der Standardisierung von Datenmodellen arbeiten, um Interoperabilität und Datendurchgängigkeit in der Industrie weiter zu verbessern. Das betrifft unter anderem den Einsatz von Verwaltungsschalen und digitalen Zwillingen.
Brehm:
Das stimmt. Siemens ist führend in der Automatisierungstechnik, Eplan in der Elektrokonstruktion. Durch die Partnerschaft schaffen wir eine Brücke zwischen diesen Welten. Unsere Kunden wollen keine isolierten Tools mehr, sondern durchgängige Workflows, die ihnen helfen, effizienter zu arbeiten. Die Kombination unserer Technologien ermöglicht es, dass Schaltpläne, Schaltschrankbauunterlagen, Steuerungssoftware und Simulationen noch nahtloser zusammenarbeiten. Darüber hinaus geht es auch um Produktivität in der Fertigung. Wenn wir es schaffen, die Daten vom Engineering direkt in die Fertigung zu bringen, beispielsweise über Industrie-4.0-Konzepte, dann steigern wir nicht nur die Effizienz, sondern auch die Qualität der hergestellten Produkte.
Welche konkreten Vorteile entstehen für EntwicklerInnen und Ingenieure durch diese Partnerschaft?
Seitz:
Ein sehr wichtiger Punkt ist die Verkürzung der Entwicklungszeiten. In der Vergangenheit mussten Entwickelnde oft verschiedene Tools manuell miteinander verbinden, was zeitaufwendig und fehleranfällig war. Durch die nahtlose Zusammenarbeit der Eplan Plattform mit dem TIA Portal schaffen wir einen automatisierten Datenfluss, bei dem Änderungen an einer Stelle automatisch an anderen Stellen übernommen werden. Das spart Zeit und reduziert Fehler. Ein weiteres Beispiel ist das Engineering von Schaltanlagen: Durch unsere Zusammenarbeit können wir Kunden eine noch tiefere Integration zwischen der elektrotechnischen Planung und der Automatisierungsprogrammierung bieten. Das bedeutet weniger doppelte Arbeitsschritte und mehr Automatisierung im Engineering.
Brehm:
Ich würde ergänzen, dass auch die Wartung und der Betrieb von Anlagen von der Partnerschaft profitieren. Wir können Daten aus dem Engineering mit digitalen Zwillingen und Betriebsdaten kombinieren und so Informationen über den gesamten Lebenszyklus einer Maschine oder Anlage hinweg verfügbar machen. Wenn eine Änderung in der Elektrokonstruktion vorgenommen wird, kann diese automatisch in der Automatisierungssoftware berücksichtigt werden. Dadurch entsteht ein durchgängiger Informationsfluss von der Planung bis zur Instandhaltung. Zudem eröffnen sich neue Möglichkeiten für die vorausschauende Wartung. Wenn die relevanten Daten aus den Engineering-Tools mit den Betriebsdaten aus der Fabrik kombiniert werden, können Maschinenstillstände frühzeitig erkannt und vermieden werden.
Das Thema generative KI wird in der Industrie viel diskutiert. Welche grundlegenden Veränderungen erwarten Sie im Engineering durch den Einsatz dieser Technologie?
Seitz:
KI ist gekommen, um zu bleiben. Die technologische Entwicklung schreitet mit rasanter Geschwindigkeit voran, und generative KI bietet enorme Potenziale, Entwickleraufgaben zu automatisieren und effizienter zu gestalten. Wir sehen bereits heute, dass sich wiederkehrende Prozesse mit KI optimieren lassen. Die größte Herausforderung besteht darin, diese Technologien so zu integrieren, dass sie nicht nur repetitive Aufgaben übernehmen, sondern Ingenieurinnen und Ingenieure auch in komplexen Problemlösungsprozessen unterstützen. Wir bei Eplan haben uns intensiv mit den Potenzialen der generativen KI im Engineering auseinandergesetzt. Die Möglichkeiten reichen von der automatischen Generierung von Montageplatten-Layouts bis hin zur intelligenten Fehleranalyse. Besonders im Bereich der Automatisierungstechnik sehen wir erhebliche Effizienzgewinne, wenn KI-basierte Systeme in bestehende Engineering-Prozesse integriert werden. Ein wichtiger Aspekt ist die Reduzierung der Planungszeit. Durch KI-gestützte Werkzeuge können Entwickler innerhalb weniger Minuten verschiedene Szenarien simulieren, die früher Tage oder sogar Wochen in Anspruch genommen hätten. So können wir nicht nur Zeit sparen, sondern auch die Qualität der Ergebnisse erheblich verbessern.
Brehm:
Ich sehe das genauso. Unser Ziel war es schon immer, das Engineering effizienter zu machen. Die klassische Frage war: Habe ich das beste Engineering-Tool? Heute geht es vielmehr darum, wie sich Engineering-Tools nahtlos in die Workflows unserer Kunden einbinden lassen. Die große Herausforderung ist nicht nur die Automatisierung von Teilprozessen, sondern auch die tiefere Integration von PLM-Systemen in die Engineering-Systeme, um eine Digitalisierung mit durchgängigen Workflows zu erreichen. Zudem sehe ich eine spannende Entwicklung in der Kombination von KI mit Simulationstechnologien. Mithilfe von digitalen Zwillingen und KI können wir schon in der Designphase der Anlagen Optimierungspotenziale erkennen. Das reduziert nicht nur Kosten, sondern minimiert auch Fehler und Stillstandzeiten in der Produktion erheblich. Darüber hinaus ermöglicht KI eine noch engere Vernetzung zwischen verschiedenen Engineering-Disziplinen. Früher mussten Elektrokonstruktion, Mechanik und Automatisierungstechnik oft getrennt voneinander arbeiten. Heute können wir dank KI und digitaler Modelle viel enger zusammenarbeiten und damit die Effizienz im gesamten Engineering-Prozess erhöhen.
Das klingt auch nach einer grundlegenden Veränderung des Berufsbildes von Entwicklerinnen und Entwickler, wenn KI stärker in das Engineering einzieht?
Brehm:
Der Einsatz von KI wird das Berufsbild deutlich prägen, allerdings nicht im Sinne eines Ersatzes durch KI, sondern durch eine enge Zusammenarbeit. Viele repetitive Aufgaben lassen sich bereits heute automatisieren, wodurch mehr Raum für kreative, strategische und innovationsgetriebene Tätigkeiten entsteht. KI wird ein unterstützendes Werkzeug, das Entwickelnde befähigt, sich auf komplexe Systemdesigns zu konzentrieren, anstatt Zeit für Routineaufgaben wie Dokumentation oder die Analyse von Schaltplänen aufzuwenden. Zudem eröffnet KI neue Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Mitarbeitenden, da sie sich durch die Unterstützung auf höherwertige Tätigkeiten fokussieren können.
Seitz:
Richtig, besonders in der Elektrokonstruktion können viele wiederkehrende Aufgaben durch KI effizienter gestaltet werden, ohne die menschliche Kreativität und das Problemlösungsdenken zu ersetzen. KI wird als Assistenzsystem weiterentwickelt, um Ingenieurinnen und Ingenieure gezielt zu unterstützen. Gleichzeitig erfordert die Zusammenarbeit mit KI neue Qualifikationen, etwa die Fähigkeit, KI-Systeme zu steuern und zu optimieren. Daher fördern wir Weiterbildungsprogramme, um diese Technologien effektiv einzusetzen. Ein weiterer großer Vorteil liegt in der verbesserten Kollaboration in interdisziplinären Teams. KI kann verschiedene Fachbereiche miteinander verknüpfen, vorausschauende Vorschläge und Analysen liefern sowie Fehler frühzeitig erkennen. So sparen Ingenieurinnen und Ingenieure Zeit und steigern die Qualität ihrer Arbeit.
Kann man sich die KI an der Maschine und im Engineering-Umfeld im Prinzip wie lokale „KI-Agenten“ vorstellen, die ständig alles beobachten, analysieren und sich auch gegenseitig austauschen?
Seitz:
Ja das trifft es im Prinzip. KI-Agenten sind intelligente Softwareprogramme, die eigenständig Entscheidungen treffen, um komplexe Engineering-Prozesse zu automatisieren und zu optimieren. Sie analysieren Daten, lernen aus Erfahrungen und führen bestimmte Aufgaben autonom aus. Im Engineering unterstützen sie beispielsweise bei der Erstellung von Montageplatten-Layouts oder der automatischen Fehleranalyse. Unsere Vision ist es, KI-Agenten als digitale Assistenten für Ingenieurinnen und Ingenieure zu etablieren, die ihnen helfen, effizienter und präziser zu arbeiten. Sie übernehmen zeitaufwendige Routineaufgaben und ermöglichen es Entwicklungsabteilungen, sich auf kreative und strategische Herausforderungen zu konzentrieren.
Brehm:
Genau! Wir sehen KI-Agenten als intelligente und autonome Assistenten, auf die der Siemens Industrial Copilot zugreifen kann. Sie arbeiten nicht isoliert, sondern in enger Abstimmung mit anderen Agenten, digitalen Systemen und dem Anwender. Durch den Einsatz von KI-Agenten können wir den Entwicklungsprozess von Maschinen und Anlagen erheblich beschleunigen und Fehlerquellen minimieren. Besonders spannend – darauf zielt auch die Frage mit sich gegenseitig austauschen – ist der Einsatz von Multi-Agenten-Systemen, in denen verschiedene KI-Agenten über einen Orchestrator-Agenten miteinander kommunizieren und kollaborativ arbeiten. Beispielsweise kann ein Agent für elektrische Schaltpläne mit einem Agenten für mechanische Konstruktion interagieren, um sicherzustellen, dass beide Systeme optimal aufeinander abgestimmt sind.
Können Sie konkrete Anwendungsfälle für KI-Agenten im Engineering nennen?
Seitz:
Ein sehr praktischer Anwendungsfall ist die automatische Generierung von Montageplatten-Layouts. Bisher mussten Ingenieure viele Elemente manuell platzieren und Verbindungen definieren. Mit KI-Agenten kann dieser Prozess erheblich beschleunigt werden. Der Agent analysiert vorhandene Konstruktionsdaten, schlägt optimierte Schaltschrankaufbauten vor und generiert die entsprechenden Aufbaupläne automatisch. Darüber hinaus gibt es bereits KI-Agenten, die bei der Fehleranalyse in bestehenden Schaltungen unterstützen. Sie können durch den Vergleich mit bekannten Montageplatten-Designs potenzielle Fehlerquellen identifizieren und Vorschläge zur Behebung machen. Das reduziert den Zeitaufwand für Fehlerkorrekturen erheblich.
Brehm:
Zusätzlich bieten wir KI-Agenten über den Industrial Copilot - den Engineering Copilot TIA - für die Automatisierungsprogrammierung an. Dieser hat über den Orchestrator-Agenten Zugang zu unterschiedlichen digitalen Agenten, die er für die Lösung von komplexen Herausforderungen braucht. Diese Agenten können Code-Blöcke für speicherprogrammierbare Steuerungen generieren und optimieren. Basierend auf den Anforderungen eines Projekts analysieren sie die besten Steuerungskonzepte und schlagen Automatisierungsstrategien vor. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die vorausschauende Wartung. Hier können Industrial Copilots Sensordaten aus Maschinen analysieren und frühzeitig Anomalien erkennen, bevor es zu einem Ausfall kommt. Das ermöglicht eine effizientere Instandhaltung und reduziert ungeplante Stillstandzeiten.
Welche Herausforderungen gibt es noch beim Einsatz der generativen KI im Engineering?
Seitz:
Eine der größten Herausforderungen ist die Datenqualität. Die KI-Tools sind nur so gut wie die Daten, mit denen sie arbeiten. Daher müssen wir sicherstellen, dass unsere Datenbanken gut strukturiert und aktuell sind. Hier setzen wir auf Standardisierungsinitiativen wie die Verwaltungsschale und den ECLASS-Standard, um eine einheitliche Datenbasis zu schaffen. Zudem müssen die Mitarbeitenden ihren Copilots vertrauen. Das bedeutet, dass die Entscheidungsprozesse der KI transparent und nachvollziehbar sein müssen. Wir arbeiten daran, unsere KI-Modelle so zu gestalten, dass sie nicht als „Black Box“ wahrgenommen werden, sondern ihre Vorschläge und Entscheidungen begründen können.
Brehm:
Ich würde ergänzen, dass auch die Integration in bestehende Systeme eine Herausforderung darstellt. Viele Unternehmen arbeiten mit gewachsenen Strukturen und heterogenen Systemlandschaften. Der Einsatz von industriellen Copiloten ist für Anwender zwar sehr einfach, dennoch ist eine durchdachte Migrationsstrategie sinnvoll, damit bestehende Prozesse nicht unterbrochen, sondern sinnvoll ergänzt werden. Ein weiteres Thema ist die Sicherheit. Generative KI-Systeme, die in Engineering-Prozesse eingreifen, müssen sicherstellen, dass keine kritischen Fehler entstehen. Deshalb setzen wir auf umfassende Test- und Validierungsmechanismen, um die Zuverlässigkeit der KI zu gewährleisten.
Wie sehen Sie die Zukunft des KI-basierten Engineerings?
Brehm:
Obwohl wir in der generativen KI-Entwicklung bereits beachtliche Fortschritte gemacht haben, gibt es noch viel Potenzial. In Zukunft werden industrielle Copiloten immer autonomer arbeiten und noch stärker mit anderen Systemen vernetzt sein. Das wird das Engineering revolutionieren und Unternehmen einen enormen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Unser Ziel ist es, eine durchgängige Automatisierungslandschaft zu schaffen, in der KI-gesteuerte Agenten oder Assistenten verschiedene Disziplinen vernetzen und Prozesse weitgehend automatisieren. Dies wird nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Innovationskraft unserer Kunden erheblich verbessern.
Seitz:
Ich bin überzeugt, dass sich KI-Agenten in den nächsten Jahren als fester Bestandteil des Engineerings etablieren. Sie werden nicht nur bestehende Prozesse verbessern, sondern auch völlig neue Arbeitsweisen ermöglichen. Ingenieurinnen und Entwickler werden mit diesen Assistenten zusammenarbeiten, um komplexe Projekte schneller und effizienter umzusetzen. Unsere Vision ist ein vollständig digitalisiertes und automatisiertes Engineering, das in Echtzeit optimiert wird. KI wird dabei eine zentrale Rolle spielen, indem sie die Mitarbeitenden unterstützt, datenbasierte Entscheidungen schneller und präziser zu treffen.
Warum sollten Unternehmen auf Siemens und Eplan beim Engineering setzen?
Seitz:
Siemens und Eplan stehen für eine durchgängige und integrierte Engineering-Umgebung, die Unternehmen dabei hilft, ihre Prozesse effizienter zu gestalten. Unsere Stärke liegt in der nahtlosen Verbindung zwischen Elektrokonstruktion und Automatisierung. Viele Unternehmen arbeiten heute mit isolierten Systemen, die manuell miteinander verknüpft werden müssen – das kostet Zeit, ist fehleranfällig und wenig effizient. Mit der Kombination aus Eplan und Siemens schaffen wir eine End-to-End-Integration, die den gesamten Engineering-Prozess digitalisiert und automatisiert. Ein entscheidender Vorteil ist unser tiefgehendes Branchen-Know-how. Wir verstehen die Herausforderungen unserer Kunden genau und entwickeln maßgeschneiderte Lösungen, die nicht nur technologisch führend sind, sondern auch praxisnah und leicht integrierbar. Unsere Systeme sind so konzipiert, dass sie bestehende Prozesse nicht ersetzen, sondern optimieren und auf die nächste Stufe heben.
Brehm:
Hinzu kommt, dass es uns nicht nur um Software oder einzelne Tools geht – wir bieten eine ganzheitliche Plattform, die alle Aspekte des Engineerings abdeckt. Durch unsere enge Partnerschaft mit Eplan können Kunden von standardisierten Schnittstellen, einer durchgängigen Datenstruktur und einer intelligenten Vernetzung zwischen Planung, Automatisierung und Fertigung profitieren. Ein weiteres wichtiges Argument ist die Zukunftssicherheit. Unsere Kunden investieren nicht nur in aktuelle Technologien, sondern in ein Ökosystem, das kontinuierlich weiterentwickelt wird. Durch den Einsatz von KI, digitalen Zwillingen und Cloud-basierten Lösungen helfen wir Unternehmen, ihre Innovationskraft zu steigern und die Anforderungen der Industrie 4.0 optimal umzusetzen. Wer heute auf Siemens und Eplan setzt, entscheidet sich für eine nachhaltige, zukunftssichere Lösung, die langfristig Wettbewerbsvorteile schafft.