Suche nach neuen Materialien Perowskit-Zellen in bleifrei? PV soll nachhaltiger werden

Inzwischen stehen vielversprechende Materialien für defekttolerante Halbleiter zur Diskussion, doch die in Frage kommenden Kandidaten müssen noch weiter untersucht und experimentell verifiziert werden.

Bild: DALL·E / publish-Industry
24.03.2025

Perowskit-Solarzellen gelten als zukünftige Alternative zu Silizium-Solarzellen – die Halbleiter sind günstiger herzustellen, ihr Wirkungsgrad ist sehr gut und sie verfügen über eine hohe Defekttoleranz. Aber sie enthalten auch hochgradig giftiges Blei. Forscherinnen und Forscher des Profilzentrums Solar der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) möchten dies ändern und suchen nach Materialien, die ähnlich defekttolerant, dabei aber umweltverträglich sind.

Blei-Halogenid-Perowskitzellen funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip wie klassische Solarzellen. Ihre Entwicklung ist in den vergangenen 15 Jahren rasant vorangeschritten. Einzelzellen erreichen heute Wirkungsgrade von über 26 Prozent. Im Vergleich zu Silizium-Zellen ist ihr Herstellungsprozess deutlich einfacher: Sie haben eine polykristalline Struktur und lassen sich bei Raumtemperatur aus der Flüssigphase verarbeiten: gedruckt oder in dünnen Schichten auf Substrate aufgesprüht. Klassische Solarzellen basieren dagegen auf Silizium-Halbleitern, die jeweils aus einem einzigen, nahezu perfekten Kristall in mehreren Prozessschritten bei extrem hohen Temperaturen energieintensiv gezüchtet und dann in Wafer zerschnitten werden müssen.

Defekttolerantes Blei: ein Glücksfall mit Schattenseiten

„Die Entdeckung von Blei-Halogenid-Perowskit kann man nur als Glücksfall bezeichnen“, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Heiß, Professur für Werkstoffwissenschaft der FAU. „Denn das Material ist von sich aus defekttolerant.“ Das Blei ist allerdings giftig und risikobehaftet, da es meist wasserlöslich ist – was bei einer Beschädigung der Zelle zu Umwelt- und Gesundheitsschäden führen kann. Zwar wurde am École Polytechnique Fédérale de Lausanne 2021 bereits die Idee entwickelt, eventuell auslaufendes Blei durch transparente, die Wirkung nicht beeinträchtigende Phosphatsalze ,auffangen‘ zu lassen, doch 100-prozentige Sicherheit entsteht auch so nicht.

„Ideal wäre, das Blei zu ersetzen“, so Heiß. „Deshalb würde eine Vorhersage, welche Materialverbindungen defekttolerant sein könnten, entscheidende Fortschritte bringen.“ Im interdisziplinären Forschungsprojekt am Energiecampus Nürnberg vereinen sich Materialwissenschaft, Defektcharakterisierung und computergestützte Modellierung in der theoretischen Chemie. Gemeinsames Ziel ist, verlässliche Vorhersagen zu umweltfreundlichen Materialien zu ermöglichen.

Unter Defekttoleranz verstehen die FAU-Forschenden, die Fähigkeit von Halbleiterstrukturen trotz Kristallisationsfehlern ihre optoelektronischen Eigenschaften zu bewahren. Dabei geht es Ihnen auch darum, den Einfluss vorhandener Defekte auf die Lebensdauer von Ladungsträgern zu minimieren.

Verlässliche statt theoretische Vorhersagen

Theoretische Vorhersagen gibt es zwar. Aber sie sind rechenintensiv und nur für wenige Halbleiter vorhanden, und sie entsprechen oft nicht den experimentellen Bedingungen. „Unser Forschungsansatz kombiniert von Anfang an Theorie und Experiment interdisziplinär, so dass beide Methoden Hand in Hand gehen. Das ermöglicht eine ganzheitliche Interpretation der Ergebnisse und eröffnet gleichzeitig neue Wege, um vielversprechende neue Halbleiterverbindungen für Dünnschicht-Solarzellen zu finden“, stellt Heißs beteiligter Kollege Dr. Bernd Meyer, Professor für Computational Chemistry an der FAU, fest. Dabei werden experimentelle Methoden, die das Einfangen von Ladungsträgern in Defekten charakterisieren, mit Berechnungen aus der theoretischen Chemie verglichen.

Inzwischen stehen vielversprechende Materialien für defekttolerante Halbleiter zur Diskussion. Die in Frage kommenden Kandidaten müssen noch weiter untersucht und experimentell verifiziert werden. Sollten sich ihre Eigenschaften bestätigen, könnten sie eine Grundlage für eine bleifreie und damit umweltfreundliche Photovoltaik bilden.

„Verbraucher könnten von kostengünstigeren und langlebigeren Solarzellen profitieren, was die Energiewende voranbringen und nachhaltige Alternativen zur Stromerzeugung unterstützen könnte. Da die neuen Materialien druckbar, leichtgewichtig und flexibel in der Form sind, können sie besser an verschiedene Anwendungen und Bedürfnisse angepasst werden“, beschreibt Maria Hammer, Leiterin des EnCN, die Vorteile.

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