Messtechnik RF-Messgeräte individuell anpassen


Der softwaredesignte Vektorsignal-Transceiver (VST) im Vergleich zum klassischen messtechnischen Ansatz.

18.10.2012

In kommerziellen Lösungen zum Test von RF-Komponenten und Baugruppen werden zunehmend rekonfigurierbare FPGA-Bausteine eingesetzt, da sie die für die Implementierung benutzerdefinierter Hardwarefunktionen benötigte Flexibilität bieten. Aufgrund des geschlossenen Aufbaus der FPGA-Bausteine sind jedoch nur begrenzte Möglichkeiten zur benutzerdefinierten Anpassung vorhanden. Hier bieten offene, anwenderprogrammierbare FPGAs einen bedeutenden Vorteil.

Beim Design und Test von RF-Komponenten und -Baugruppen sind softwaredefinierte Prüfsystemarchitekturen und modulare, computergestützte Messsysteme auf Basis des PXI-Standards kaum noch wegzudenken, da sie dem Anwender sowohl beim Prototyping im Laborbereich als auch im Produktionsumfeld ein Höchstmaß an Flexibilität und Skalierbarkeit bieten. Bei nahezu jedem automatisierten RF-Testsystem liegt heutzutage der Fokus auf der Anwendungssoftware, die von einem Host-System aus mit einem Messgerät über einen Backplane- oder Peripheriebus kommuniziert und die Daten lokal weiterverarbeitet. Trotz Verbesserungen an Mess- und Prüfalgorithmen sowie Bus- und CPU-Geschwindigkeiten sehen sich Entwickler angesichts der stetig steigenden Komplexität von RF-Anwendungen vor der Herausforderung, Prüfzeiten zu minimieren und Prüfkosten zu reduzieren.

Einen erfolgreichen Ansatz bieten Messsysteme mit hybrider Signalverarbeitungsarchitektur, die unterschiedliche Zieltechnologien, wie CPUs und FPGAs, in einem Host-System und den Messgeräten miteinander kombinieren - je nach spezifischen Anforderungen eines Teils einer RF-Anwendung. Ein Beispiel ist die Kombination von einem RF-Vektorsignalgenerator und -analysator mit einem rekonfigurierbaren FPGA-Backend zur Signalverarbeitung, Steuerung und Regelung in Echtzeit in einem Gerät. Dieses verlagert den Schwerpunkt der Anwendung noch stärker in Richtung Software und definiert eine völlig neue Messgeräteklasse mit SDR-Architektur - die softwaredesignten Vektorsignal-Transceiver.

Um den Anforderungen an Geschwindigkeit und Flexibilität gerecht zu werden, werden in kommerziellen Lösungen zum Test von RF-Komponenten und Baugruppen zunehmend rekonfigurierbare FPGA-Bausteine als Zieltechnologie eingesetzt, da sie die für die Implementierung benutzerdefinierter Hardwarefunktionen und digitaler Signalverarbeitung benötigte Flexibilität bieten. Dies stellt zwar einen wichtigen Fortschritt dar, doch sind aufgrund des geschlossenen Aufbaus der FPGA-Bausteine mit festgelegten Funktionen nur begrenzte Möglichkeiten zur benutzerdefinierten Anpassung vorhanden. Hier bieten offene, anwenderprogrammierbare FPGAs einen bedeutenden Vorteil, da sich so RF-Messgeräte individuell anpassen lassen und auf wechselnde Anwendungsanforderungen ausgerichtet werden können.

RF-Messgeräteklasse mit SDR-Architektur

Bei einem Vektorsignal-Transceiver (VST) handelt es sich um eine neue Klasse von RF-Messgeräten, die einen Vektorsignalgenerator (VSG) und -analysator (VSA) mit FPGA-Technologie für die Signalverarbeitung, Steuerung und Regelung in Echtzeit in einem einzigen Gerät im modularen PXI-Formfaktor vereinen. Vektorsignal-Transceiver verfügen über einen offenen, anwenderprogrammierbaren FPGA, der die Implementierung benutzerdefinierter Algorithmen in die Hardware des Messgeräts sowie einen direkten Zugriff auf das RF-Frontend auf Pin-Ebene ermöglicht. Dieser Ansatz bietet die Flexibilität einer SDR-Architektur und die Leistungsfähigkeit von klassischen RF-Messgeräten, indem er einen proprietären Hardwareaufbau mit fester Funktionalität durch einen flexiblen, softwaredesignten Ansatz, ersetzt.

Der industrieweit erste VST, der diesen Ansatz voll umsetzt (NI PXIe-5644R/45R, National Instruments, 2012), deckt im Vergleich zu klassischen Vektorsignalanalysatoren und -generatoren gleicher Bauart bzw. -größe (PXI), einen Frequenzbereich von 65 MHz bis 6 GHz mit 80 MHz Bandbreite ab. Zusätzlich ist hier noch die direkte Integration einer Basisband-I/Q-Schnittstelle zu finden, sodass neben dem eigentlichen HF-Signal zum Beispiel auch direkt die Basisband-I/Q-Schnittstelle von Transceiver-Bausteinen getestet werden kann (hier beispielsweise mit 16-bit@120 MS/s, 80 MHz komplexe Bandbreite). Da HF-Bausteine auch vielfach über digitale Protokolle und Busse angesprochen werden, kann der FPGA hierfür benutzerdefiniert angepasst werden, über gepufferte HS-Digital-I/O-Leitungen direkt mit dem DUT kommunizieren und es in entsprechenden Betriebsmodi versetzen. Die VSTs von NI basieren auf einem für Hochleistungs-DSP-Anwendungen optimierten, offenen Xilinx-Virtex-6-FPGA, der die Anbindung sowie Steuerung von Taktgeberschaltungen für das Basisband, A/D-Wandler, D/A-Wandler, PXI/PXIe-Trigger, S/DRAM usw. ermöglicht

Das große Potenzial dieser Architektur und der Funktionsweise liegt in der deutlichen Reduzierung von Test- und Setupzeiten. Da der Großteil der Signalverarbeitung auf dem integrierten FPGA erfolgen kann und die Datenübertragung über den PCI-Express-Bus realisiert wird, sind im direkten Vergleich Messungen zehn- bis hundertmal schneller möglich als beim Einsatz von klassischen RF-Messgeräten. Der kleine Formfaktor sowie der modulare Aufbau der PXI-Plattform ermöglichen den Einsatz des Vektorsignal-Transceivers in den verschiedensten Konfigurationen. So kann entweder ein einzelner VST verwendet oder bis zu fünf VSTs in einem einzigen 18-Slot-PXI-Chassis untergebracht werden, um parallele Tests und/oder phasenkohärente, mehrkanalige Messungen (MIMO 5x5) zu übernehmen, wie es unter anderem beim Test von aktuellen WLAN-Standards wie IEEE 802.11ac erforderlich ist.

Softwaredesignte Vektorsignal-Transceiver

Um auch den Domain-Experten einen einfachen Einstieg in die Programmierung der verwendeten Zieltechnologien zu ermöglichen, bietet zum Beispiel die Systemdesignsoftware NI Labview ein Erweiterungspaket (Labview-FPGA-Module), so dass FPGA-Zieltechnologie auf dem NI-VST angesprochen und personalisiert werden kann. Als grafische Alternative bildet Labview Parallelität und Datenfluss in Prozessen eindeutig ab und ist besonders für die FPGA-Programmierung geeignet, da es im herkömmlichen FPGA-Design erfahrenen wie auch unerfahrenen Anwendern die Leistung rekonfigurierbarer Hardware durch ein einfach zu bedienendes Werkzeugzur Verfügung stellt, ohne dass diese über Detailkenntnisse in Hardwarebeschreibung (HDL) verfügen müssen. Als Systemdesignsoftware kann Labview die Verarbeitung über einen FPGA derart abstrahieren, dass kein umfassendes Wissen über Rechenarchitekturen und Datenmanipulation erforderlich ist. Dies ist bei der Auswahl und Entwicklung moderner Kommunikationsprüfsysteme von großer Bedeutung. Für den Entwickler stehen neben den eigentlichen Softwarewerkzeugen auch verschiedene Einstiegspunkte für die Anwendungsentwicklung, darunter vorgefertigte Anwendungs-IP gemäß aktueller Standards, grundlegende Referenzdesigns, ein Vielzahl an Beispielprogrammen und komplette Labview-Projekte zur Verfügung. Alle diese Einstiegspunkte stellen Standardfunktionen für Messungen sowie vorgefertigte FPGA-Abbilder (Bitfiles, IP-Cores) zur Verfügung, die eine schnelle Anwendungsentwicklung ermöglichen. Die sofort einsetzbaren Funktionen und die Anwendungs-/Firmware-Architektur tragen zur einfacheren Handhabung des softwaredesignten VST bei, da sie den Anwender von der Programmierung auf I/O-Ebene entbinden.

VSTs als Brücke zwischen RF-Design und -Test

Die Vektorsignal-Transceiver kombinieren eine hohe Messgeschwindigkeit in einem kleinen Formfaktor eines Messsystems für das Produktionsumfeld mit der Flexibilität und Leistungsstärke von industrietauglichen Stand-Alone-Messgeräten. Mit geeigneten Softwarepaketen kann der VST aktuelle Standards wie IEEE 802.11a/c testen und erreicht dort exzellente Werte (z. B. RMS EVM <-45 dB @ 5,8 GHz). Zudem teilen sich RF-, Basisband-I/Q- sowie digitale Ein- und Ausgangssignale einen gemeinsamen anwenderprogrammierbaren FPGA, wodurch der VST lokal über mehr Leistung verfügt.

Ein Musterbeispiel, das von dieser zusätzlichen Leistung Gebrauch macht, ist die Datenreduktion - ein Vorgang, bei dem Dezimierung, Kanalaufteilung, Mittelwertbildung und andere benutzerdefinierte Algorithmen und rechenintensive Tasks auf dem FPGA abgebildet und ausgeführt werden können. Dies verkürzt Prüfzeiten, indem der notwendige Datendurchsatz und die Verarbeitungslast des Host-PCs reduziert werden, und ermöglicht verbesserte Berechnungen, wodurch Anwender noch mehr auf die Zuverlässigkeit ihrer Messungen vertrauen können. Weitere Anwendungsbeispiele für FPGA-gestützte digitale Signalverarbeitung sind anwenderspezifische Trigger, Frequenzbereichstrigger, Echtzeit-FFT, Rauschkorrekturen, Inline-Filter, Erzeugung variabler Verzögerungszeiten und Leistungspegelregulierung.

Softwaredesignte Messgeräte wie der VST schlagen so die Brücke zwischen Design und Test und gestatten es Prüfingenieuren, Designaspekte noch vor der Fertigstellung zu berücksichtigen und zu validieren.

Zusammenfassung

Bei dem Vektorsignal-Transceiver (VST) handelt es sich um eine neue Klasse von RF-Messgeräten, die einen Vektorsignalgenerator (VSG) und Vektorsignalanalysator (VSA) mit einem offenen, anwenderprogrammierbaren FPGA für die Signalverarbeitung, Steuerung und Regelung in Echtzeit vereinen, und so die direkte Implementierung benutzerdefinierter Algorithmen in das Hardwaredesign des Messgeräts ermöglichen. Durch sein Softwaredesign bietet ein VST die Flexibilität einer SDR-Architektur (Software-Defined Radio) kombiniert mit der Leistungsfähigkeit von klassischen RF-Messgeräten.

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