Auf dem offenen Meer bläst der Wind in der Regel deutlich stärker als an der Küste - deshalb wächst der Energieertrag, je weiter man sich mit Windrädern auf das offene Meer wagt. „Aus technischen Gründen können ab einer Wassertiefe von ungefähr 50 Metern aber keine fest im Meeresboden verankerten Fundamente für Offshore-Windenergieanlagen gebaut werden“, erklärt Jan Rispens, Geschäftsführer des Clusters Erneuerbare Energien Hamburg. (EEHH-Cluster).
Deshalb müssen die Konstruktionen schwimmen lernen - von einem Konsortium aus 13 internationalen Unternehmen der Wind-, Öl und Gasindustrie, die in einem Joint-Industry-Projekt die Floating-Technik gemeinsam forcieren. Geleitet wird das Projekt vom DNV GL, einem der größten Beratungs- und Zertifizierungsdienstleister im Energiesektor. Ziel des Floating-Projekts ist es, einen neuen technischen Standard für schwimmende Windkraftwerke zu entwickeln, um die Produktion sowie die Qualitätskontrolle zu normen.
Für den Bau der schwimmenden Anlagen sind keine kostspieligen Errichterschiffe notwendig: Die Anlagen lassen sich an Land montieren und mit einfachen Schlepperschiffen auf das offene Meer bringen.
Pionier der Branche ist der norwegische Erdölkonzern Statoil Hydro. Seit 2009 betreiben die Norweger im Åmøy-Fjord in der Nähe von Stavanger eine schwimmende Windenergieanlage. Vor der Küste Schottlands will der Energiekonzern bis 2017 eine 215 Millionen teure schwimmende Windfarm mit sechs Windenergieanlagen bauen. In Portugal errichtet ein Konsortium rund um das Unternehmen EDPR bis 2018 das Floating-Testfeld WindFloat Atlantic Project mit vier Anlagen. Weitere Testanlagen unterschiedlicher Größe befinden sich ebenfalls an den Küsten von Japan.
Die bisher gebauten Floating-Modelle unterscheiden sich in drei wesentlichen Punkten. Zum ersten darin, ob die Schwimmkonstruktion eine einzelne oder mehrere Windkraftanlagen auf dem Wasser trägt, zum zweiten in der Auftriebstechnik – zum Beispiel schwimmende Bojen – und in der Methode, wie das Floating auf dem Meer verankert und befestigt wird. Viele Dispziplinen treffen bei diesen komplexen Konstruktionen aufeinander.
„Um die Technik des Floatings weiter voranzubringen, müssen Experten aus den verschiedensten Bereichen ihre Köpfe zusammenstecken und ihr Know-how teilen“, betont Rispens. Am Floating-Standard tüfteln internationale Unternehmen wie EDF, Ideol, STX Solutions Europe, Nautilus Floating Solutions und Gicon. Mitglieder im EEHH-Cluster sind unter anderem Schneider Electric, Siemens, Nordex, Pfannenberg, Eon, Availon, BayWa r.e., Fichtner, Enercity, Ingeteam, Becker Büttner Held sowie die Messe Hamburg, Gastgeberin der Messe WindEnergy.
Ein wichtiger Punkt in der Entwicklung der Floatings ist es, eine Alternative für das teure Material Stahl zu finden. „Ideal wären technische Lösungen aus Beton, da dieses Material kostengünstiger ist – so könnten Floatings bei gleichbleibender Effizienz wirtschaftlicher gemacht werden“, erklärt der EEHH-Geschäftsführer