E&E:
Wieso sollte ein Ingenieur oder Entwickler Teil Ihrer Online Community Element14 werden?
Diane Kibbey:
Es gibt eine Menge Internetseiten für Entwickler. Was uns von diesen abhebt, ist die große weltweite und sehr aktive Mitgliederbasis. Dadurch ist auf der Plattform große Fachkompetenz vorhanden, die die Besucher gerne für sich nutzen. Auch die Schulungen und Informationen werden sehr geschätzt. Aber das Wichtigste ist sicher die große Aktivität der Community. Wenn jemand eine Frage stellt, erhält er sofort in kurzer Zeit zehn Antworten. Der größte Vorteil von Element14 sind also sicherlich die Mitglieder selbst.
Marc Schacherer:
Wichtig ist auch der direkte Input, den Mitglieder dort zu Produkten erhalten. Also Erfahrungsberichte oder Informationen die nicht von der Marketingbotschaft eines Herstellers durchsetzt sind. Dieses Feedback wird oft als ehrlicher und objektiver angesehen.
Sie trauen den Informationen aus der Community also mehr?
Kibbey:
Das hören wir zumindest oft.
Schacherer:
Sie vertrauen den Herstellern schon auch. Aber der Blickwinkel ist ein anderer. Die Mitglieder zeigen oft Aspekte auf, die die Hersteller so nicht direkt veröffentlichen würden. Bei unseren eigenen Produkten ist uns aber noch etwas anderes wichtig. Wir erhalten zu diesen eben auch direkte und ehrliche Rückmeldungen von den Besuchern. Wie ihre Erfahrungen sind, was sie schätzen und was wir verbessern sollen. Das bringt uns viel, um sie weiterzuentwickeln. Andere Unternehmen sehen das genauso und sind dankbar für diese Informationen.
Sie waren von Beginn an in die Entwicklung der Community eingebunden Frau Kibbey. In einem Interview erwähnten Sie, es hätte zunächst Bedenken bei Farnell gegeben, ob Entwickler miteinander wirklich über Projekte sprechen würden. Das scheint sich nicht bewahrheitet zu haben.
Kibbey:
Am Anfang waren wir wirklich etwas skeptisch. Das hat sich aber schnell gelegt. Ingenieure sind eine gute Zielgruppe für Online-Communites. Sie sind intelligent, haben eine starke Meinung und kein Problem diese auch zu äußern. Eine Plattform braucht so etwas. Teilnehmer die begeistert von ihrer Sache sind und sich auch dazu äußern.
Sie haben mittlerweile mehr als 500.000 registrierte Mitglieder bei Element14. Wie wird sich die Anzahl in Zukunft entwickeln?
Kibbey:
Pro Monat registrieren sich durchschnittlich ungefähr 5.000 neue Mitglieder. Das Wichtigste ist meines Erachtens aber nicht die Mitgliederzahl, sondern wie sich die Aktivität entwickelt. In den letzten Jahren hatten wir bei ihr ein Wachstum um durchschnittlich
20 Prozent. Das liegt nicht nur an den steigenden Mitgliederzahlen, sondern auch an der stetig zunehmenden Interaktionen der Mitglieder untereinander. Das möchten wir beibehalten.
Element14 wurde 2009 gegründet. Welche Ziele haben Sie damit verfolgt?
Kibbey:
Wir haben die Community damals hauptsächlich aus drei Gründen eingeführt. Erstens wollten wir eine stärkere Bindung an Farnell erreichen, indem wir die Kunden anders ansprechen. Zweitens wollten wir besser verstehen, welche Produkte unsere Kunden eigentlich möchten. Das dritte Ziel war mehr Kunden aus dem Ingenieursbereich zu gewinnen.
Hat sich an diesen Zielen etwas verändert und sind neue hinzugekommen?
Kibbey:
An sich hat sich daran nichts geändert. Die drei ursprünglichen Ziele sind für uns weiterhin das Entscheidende. Der Stellenwert der Community ist allerdings gewachsen.
Ihre Plattform richtet sich nicht nur an professionelle Entwickler sondern auch an Maker.
Kibbey:
Zur Zeit sind etwa 80 Prozent der Mitglieder entweder professionelle Entwickler oder Maker. Die beiden Gruppen sind ungefähr gleich groß. Die anderen 20 Prozent kommen vor allem aus dem Bildungsbereich; also Schüler, Studenten, Lehrer oder Hochschullehrer.
Farnell ist einer der Exklusivdistributoren des Raspberry Pi. Ist das einer der Gründe für den großen Zulauf zu der Community?
Kibbey:
Der Raspberry Pi hat auf jeden Fall eine Menge verändert. Durch ihn wurde die Elektronikentwicklung für eine große Gruppe an Menschen erst richtig zugänglich. Das hat sich natürlich auch in der Community niedergeschlagen. Deshalb gibt es auch einen ganzen Bereich auf der Plattform, der sich nur mit dem Raspberry Pi beschäftigt.
Start-ups werden ein immer größerer Faktor. Bemerken Sie das auch auf Element14?
Kibbey:
Auf jeden Fall. Das stellen wir deutlich fest. Deshalb haben wir auch für Start-ups einen eigenen Bereich auf der Plattform und bieten spezielle Dienstleistungen an.
Welche sind das?
Kibbey:
Wir stellen Informationen zur Verfügung, bieten Design-Services, Hilfestellung bei der Produktion, Case Studies und Seminare.
In welchem Bereich brauchen Start-ups am dringendsten Unterstützung?
Kibbey:
Bei den meisten geht es darum einen produktionsreifen Prototypen zu entwickeln. Viele benötigen auch Hilfe einen Dienstleister für die Produktion zu finden. Oft geht es aber auch um rechtliche Fragen.
Schacherer:
Bei Start-ups ist es schwer eine konkrete Dienstleistung herauszugreifen. Wir helfen sowohl bei der Prototypenentwicklung aber auch beim Kontakt mit dem EMS-Markt.
Welche Tools und Services werden am stärksten von den Mitgliedern der Community genutzt?
Kibbey:
Entscheidend sind sicherlich einerseits unsere Weiterbildungsangebote und andererseits Produkt Tests. Bei letzterem halte ich unsere Round Tests für besonders wichtig. Praktisch jede Woche geben wir unseren Mitgliedern die Möglichkeit sich für Tests von neuen Produkten anzumelden. Aus den Anmeldungen wählen wir einige aus und schicken ihnen die Produkte zu. Zu diesen schreiben sie dann Rezensionen. Diese Prüfberichte sind wirklich beeindruckend. Die Tester nutzen die Produkte in ihren Designs, prüfen sie umfassend und veröffentlichen oft sogar Videos dazu. Das gibt uns, den Herstellern und natürlich auch den anderen Mitgliedern der Community wertvolle Hinweise zu dem Produkt. Bei unseren Weiterbildungsangeboten sind die Grundlagenkurse, im Do-it-yourself Format, sehr beliebt. Sie beschäftigen sich mit verschiedenen Themen wie Sensoren, Mikrocontroller oder Steckverbinder. Vor kurzem hatten wir auch einen zu Bluetooth. Unsere wichtigsten Lieferanten veranstalten außerdem Webinare zu verschiedenen Themen und Produkten. Wir organisieren auch Design-Challenges, bei denen die Mitglieder aus bestimmten Bauteilen ein bestimmtes Design entwerfen müssen. Zur Zeit läuft zum Beispiel eine zu IoT on wheels.
Was sind Ihre nächsten Ziele mit Element14?
Kibbey:
Wir führen gerade einige Gespräche zu diesem Thema. Genaueres kann ich dazu noch nicht verraten, weil wir gerade noch in der Planungsphase sind. Wir überlegen zur Zeit zum Beispiel, wie wir die Zusammenarbeit zwischen Element14 und Hackster, der zweiten großen Community unseres Mutterkonzerns Avnet, verbessern können. Hackster bietet fantastische Projekte im Bereich von Start-ups und Makern. Zusammen mit Element14 hätten wir dann die größte Entwicklercommunity.
Planen Sie die beiden Plattformen zusammenzulegen?
Kibbey:
Es gibt keine unmittelbaren Pläne die beiden Communities zu verschmelzen.
Sind Communities notwendig, um auf lange Sicht in der Distribution erfolgreich zu sein?
Kibbey:
Communities gibt es ja nicht nur in der Distribution. Egal in welchen Bereich der Wirtschaft man schaut, große Firmen nutzen Communities, um mit ihren Kunden in Kontakt zu treten. Absolut notwendig sind sie meines Erachtens aber nicht für die Distribution. Sie sind ein wichtiger Baustein um Kunden anzusprechen und Dienstleistungen bereitzustellen.
Es gibt immer wieder Gerüchte, Amazon würde in die Elektronik-Distribution einsteigen. Sind Plattformen auch ein Weg um sich gegen einen solchen Einstieg zu wappnen?
Kibbey:
Auf jeden Fall. Amazon verkauft nur die Produkte. Wir bieten zusätzlich noch die technischen Daten und Dienstleistungen an. Element14 ist ein wichtiger Faktor um sich zusätzlich abzuheben, eben auch durch die Hilfestellung, die Ingenieure dort erhalten.
Sie haben Element14 mitgegründet. Was sind Ihrer Erfahrung nach die Grundlagen dafür, damit eine Community erfolgreich wird?
Kibbey:
Meines Erachtens gibt es zwei entscheidende Faktoren für den Erfolg. Sehr wichtig sind die Inhalte, die auf der Plattform bereitgestellt werden. Mit Inhalten meine ich nicht nur die technischen Daten der Komponenten. Die können die Mitglieder auch auf der Seite des Herstellers bekommen. Es geht viel mehr um die Informationen und die Erfahrungen, die die Mitglieder selbst gemacht haben und die sie dort teilen. Wichtig ist es außerdem, den Mitgliedern zuzuhören und auf sie einzugehen. Wir bekommen jeden Tag Feedback von ihnen und hören ganz genau hin, was sie uns mitteilen. Bei Communities geht es darum zuzuhören, auf das Gesagte zu reagieren und mit den Mitgliedern zu interagieren. Ansonsten ist es nur eine weitere Seite mit Informationen.