In den letzten Jahren hat sich die Logistikbranche deutlich in Richtung Automatisierung und Digitalisierung verlagert. Mit dem Aufstieg des E-Commerce und der steigenden Nachfrage nach schnellerer, effizienterer Lieferung setzen Logistikunternehmen auf fortschrittliche Technologien wie Edge-Machine-Learning, um ihren Betrieb zu verbessern.
Edge-Machine-Learning, eine Untergruppe des maschinellen Lernens, ermöglicht in der Logistikbranche kritische Funktionen wie Echtzeitdatenanalyse, Prognosen und Entscheidungen „am Rande“ des Netzwerks.
Bewältigung der Herausforderungen in der Pandemie
In der Pandemie spielte die Logistik eine große Rolle bei der Erfüllung hoher Anforderungen in der Produktion. In dieser Zeit kam es darauf an, die Anzahl der menschlichen Kontakte zu reduzieren – oder die Anzahl der physischen Kontakte mit einem Paket. Als Covid weit verbreitet war, stellte Cognex stationäre Barcodeleser und und Handscanner bereit, um die Sicherheit des Personals bei Kunden zu verbessern.
Einblicke in Anwendungen und Nutzen von Edge-Machine-Learning in der Logistik
Cognex hat mit Bart Piela, Product Marketing Manager Logistics Vision Solutions, gesprochen, um von ihm zu erfahren, wie Edge-Machine-Learning die Logistik verändert und welche wesentlichen Vorteile es für die Branche bietet.
Bart arbeitet seit sechs Jahren bei Cognex und seit über zwei Jahren an Lösungen für die Logistik. Er hat mit vielen Logistikkunden zusammengearbeitet, darunter kleinere Unternehmen, die gerade erst am Anfang der Automatisierung stehen, Anbieter von Lager- und Logistiksystemen und erfahrene Branchenführer. Durch diese Erfahrungen hat Bart ein tieferes Verständnis dafür entwickelt, wie Logistik funktioniert und wie relevant sie für die Produktion ist.
Wie hilft Edge-Machine-Learning der Logistikbranche?
Bart sagt: In der Fabrikautomatisierung wird unter kontrollieren Bedingungen produziert. In diesen Umgebungen werden Produkte hergestellt, die immer gleich aussehen, wie Zahnpasta oder mechanische Teile. Aber in der Logistik gleicht kein Karton oder Paket dem anderen. Wenn man sich die Logistik im Einzelhandel, im E-Commerce oder bei Paketdienstleistern ansieht, dort gibt es so viele Unterschiede von Paket zu Paket, die Tag für Tag, Stunde für Stunde und Saison für Saison überprüft werden.
Die Logistikbranche ist bei weitem noch nicht flächendeckend automatisiert. Etwa 80 Prozent aller Lager haben heute keine Automatisierung. Das Potenzial für automatisierte Lösungen ist groß, unzählige Logistikanbieter könnten davon profitieren. Eine Lösung ist ein schlüsselfertiges, vormontiertes System von Cognex, das einfach einzurichten ist.
Teure Anlagen können einschüchternd wirken, im Vergleich zu Menschen, die die „Automatisierungsaufgaben“ erledigen. Manche Kunden scheuen die Investition, der Schritt in die Automatisierung ist zu groß. Sie möchten alles lassen wie es ist. Die Hürde ist weit geringer, wenn man sich für eine vormontierte Lösung entscheidet, die auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt ist. Die langsame Integration von Automatisierungs- und Edge-KI-Technologie in die Fertigung, macht es für Kunden, die gerade erst am Anfang der Automatisierung stehen, etwas einfacher, einen Schritt nach dem nächsten zu tun.
Hier kommt maschinelles Lernen ins Spiel.
Was ist Edge-Machine-Learning?
Edge-Machine-Learning ist eine Technologie zum Prüfen von Objekten, die im Aussehen variieren, zum Beispiel wie ein Karton, Polybag oder Jiffy - was besonders in der Logistik relevant ist.
Dank vortrainierter Algorithmen benötigt Edge-Machine-Learning nur wenige Trainingsbilder, um „aus ihnen zu lernen“, was die Konfiguration vereinfacht. Es verbessert den Prozess, indem es schnell lernt und sich an die Anforderungen der Produktionslinie anpasst. Es sind weder Bildverarbeitungs- noch Programmierkenntnisse erforderlich. Deshalb ist es sowohl für Einsteiger als auch für Vision-Experten geeignet.
Cognex unterstützt Anbieter auf alle Arten und Weisen mit modernster Technologie für maschinelles Lernen. Benutzer der Systeme erzielen eine bessere Leistung, Genauigkeit und Geschwindigkeit mit Vision-Systemen.
Für welche Art von Anwendungen gilt Edge-Machine-Learning?
Bart: Mit den Werkzeugen des Edge-Machine-Learning haben wir uns keine Grenzen gesetzt. Wir zielen auf Anwendungen wie Artikelerkennung, Artikelsortierung und das Monitoring von Prozessen ab.
Die Artikelerkennung ist eine Anwendung, bei der wir die Anwesenheit/Abwesenheit eines Artikels auf einem Sortierer erkennen möchten. Bei der Artikelsortierung differenzieren wir Artikel nach Merkmalen. Zum Beispiel, um eine Box von einem Polybag zu unterscheiden.
Die Prozessüberwachung ist eine Kategorie von Anwendungen, zu denen wir vorausschauende Wartung zählen, oder das Prüfen auf Verschmutzungen, wenn sich Pakete oder Artikel stauen oder auf dem Förderband verkeilen.
Wer kann von dieser Technologie am meisten profitieren?
Bart: Mit dem In-Sight-2800-Detector sehen wir einige Vorteile in allen Lagerbereichen, aber insbesondere in Bereichen, in denen der Kunde Prozessintelligenz hinzufügen und alte oder schlecht funktionierende Hardware wie regelbasierte maschinelle Bildverarbeitungssysteme ersetzen möchte.
Wir sehen, dass dies besonders bei Sortierprozessen gut funktioniert – wenn der Kunde versucht, optimale betriebliche Effizienz bei maximalen Durchsatz zu erhalten, um Aufträge zu erfüllen. Das Produkt ist ein Game Changer, wenn es um Genauigkeit und Geschwindigkeit auf dem Sorter geht. Diese Technologie kann zu einem wesentlich besseren ROI führen, da durch die Genauigkeit zusätzliche Kosten für Nacharbeit, beschädigte oder manuell sortierte Artikeln reduziert werden. Sie kann Probleme lösen, die ansonsten kostenintensiv wären und viel Fachwissen erfordern. Aber jetzt mit Edge-Machine-Learning steht leistungsstarke, intuitive und erschwingliche Technologie eigentlich allen zur Verfügung.
Wie richten Sie Edge-Machine-Learning auf dem In-Sight 2800 ein?
Bart sagt dazu: Das In-Sight 2800 kann in drei schnellen und einfachen Schritten eingerichtet werden. Nachdem Sie das Gerät ausgepackt und eingeschaltet haben:
Schritt 1: Optimieren Sie den Fokus und die Belichtung mit nur einem Klick, damit Sie ein gutes Bild aufnehmen.
Schritt 2: Trainieren Sie mit ein paar Bildern, indem Sie Beispiele dafür sammeln, wie Ihr Prozess oder Ihre Anwendung aussieht. Bei einer Anwendung zur Objekterkennung müssen Sie beispielsweise ein paar Bilder sammeln, wie eine leere Transportwanne aussieht und wie eine belegte. Danach können Sie das System in Sekunden trainieren. Für eine Sortierungsanwendung sammeln Sie ein paar Bilder von einem Karton, einem Jiffy, einem Polybeutel und trainieren Sie die Kamera in wenigen Sekunden.
Schritt 3: Verbinden Sie das System mit der diskreten E/A-Schnittstelle oder Ihrer industriellen Kommunikation, und schon sind Sie startklar!
Die vorab trainierten Algorithmen, die in das maschinelle Lernen am Edge integriert sind, machen das Einrichten einfach, unkompliziert und schnell, innerhalb von 10 bis 15 Minuten einzurichten – ohne dass ein Vision-Spezialist oder zusätzliche Hardware benötigt wird.
Wie hat Edge-Machine-Learning die Logistikbranche verbessert?
Barts Antwort: Vor mehr als fünf Jahren verwendeten wir regelbasierte Algorithmen – komplexe Regeln und anfällig gegenüber sich ändernden Bedingungen, einschließlich Verschleiß am Fördersystem, sowie Änderungen des Prozessflusses oder des Produktdesigns. Jede dieser Herausforderungen würde viel Unterstützung erfordern, um den Algorithmus anzupassen.
Vor drei Jahren haben wir Deep-Learning-Lösungen auf dem Markt eingeführt, die bei der Bewältigung von Abweichungen äußerst leistungsstark waren. Wie bereits erwähnt, waren sie schwierig einzusetzen und aufwändig in Betrieb zu nehmen. Deep Learning erfordert viel Overhead-Support, externe Wartung und Zeit, für das Markieren und Bewerten der Bilder.
Für viele Kunden ist das eine Eintrittsbarriere, aber Edge-Machine-Learning öffnet die Tür, insbesondere für Unternehmen, die gerade erst in die Bildverarbeitung einsteigen. Es bringt Deep Learning in ein praktisches Format, ohne den damit verbundenen Aufwand. Es bietet eine sehr flexible Lösung, die sich schnell an neue Situationen anpassen kann, einschließlich einer schnellen Bildoptimierung, die auch wenig externe Wartung erfordert.
Kann diese Technologie zur Kostensenkung beitragen?
Edge-Machine-Learning ist eine erschwingliche Option für Hersteller, die möglicherweise keine Ressourcen haben, um in teurere Lösungen zu investieren. Das Beste am maschinellen Lernen am Edge ist, dass es ohne einen externen Bildverarbeitungs-Experten trainiert werden kann. Dies führt zur Senkung der Kosten für Wartung, Bediener, Gemeinkosten und anderer Betriebskosten.
Was wird Ihrer Meinung nach die nächste Innovation mit Edge-Machine-Learning in der Logistik sein?
Bart sagt: Ich denke, in den nächsten Iterationen werden wir auf unserem bestehenden Tool-Set aufbauen, um anspruchsvollere Anwendungen zu bewältigen und gleichzeitig die Benutzerfreundlichkeit zu erhalten. Wir planen, unser bestehendes Toolset für Edge-Machine-Learning in Lösungen zu integrieren, die bisher noch keine Bildverarbeitung eingesetzt haben.
Ein Beispiel hierfür wären unsere Barcodeleser – sehr effizient beim Lesen von Barcodes in ihrem aktuellen Zustand. Durch die Integration von Edge-Learning-Tools können wir mehr Intelligenz in unsere Barcode-Lesegeräte einbringen, um mehr Informationen zu generieren, wie zum Beispiel durch die Überprüfung auf Etikettenschäden. Derzeit können unsere Scanner beschädigte Barcodes identifizieren, aber nicht erkennen, wie sie beschädigt wurden. Wenn wir Edge-Machine-Learning-Tools integrieren, können wir Algorithmen erzeugen, um Schäden zu klassifizieren, zum Beispiel ob ein Etikett zerrissen, falsch gedruckt oder verschmiert wurde. Dies würde einen enormen Mehrwert für unsere Kunden schaffen, wenn sie daran arbeiten, das Problem an der Wurzel zu beheben.
Im Prinzip möchten wir das ursprüngliche Konzept unserer Produkte übernehmen und ihre Fähigkeiten mit Edge-Machine-Learning erweitern. Mit diesen Tools sind sie dann in der Lage, auch in weniger kontrollierten Umgebungen, wie der Logistik, zu funktionieren. Ein Beispiel ist das Edge-Learning-Zähl- oder Segmentierungstools, das für anspruchsvolle Logistikanwendungen geeignet ist.
Die Zukunft des Edge-Machine-Learning in der Logistik
Die Integration von Edge-Technologie für maschinelles Lernen hat enorme Auswirkungen auf die Logistikbranche und bietet viele Vorteile in Bezug auf Genauigkeit, Effizienz und Kosteneinsparungen. Bart wirft einen Blick auf die neuartige Kraft des maschinellen Lernens „am Rand“. Dabei geht er auf die Fähigkeit ein, unterschiedliche Fehler zu erkennen und darauf, wie sich die Leistung im Vergleich zu Deep-Learning-Lösungen oder regelbasierten Algorithmen unterscheidet.
Zusammenfassung
Die Edge-Technologie für maschinelles Lernen ist ein Game Changer für die Logistik hinsichtlich Genauigkeit, Effizienz und Flexibilität.
Edge-Machine-Learning bewältigt mit Leichtigkeit variable Umgebungsbedingungen bei gleichbleibend genauen Ergebnissen.
Die Zukunft des maschinellen Lernens in der Logistik ist vielversprechend und bietet viel Potenzial für die Automatisierung anspruchsvoller Anwendungen bei möglichst einfacher Bedienbarkeit.
Die Weiterentwicklung der Edge-Machine-Learning-Technologie wird die Art und Weise, wie Logistikbetriebe durchgeführt werden, weiter verändern und adressiert die Herausforderungen einer Branche, die sich stark und schnell verändert.