Elektrolyse zur Herstellung von Wasserstoff Wie entwickeln sich Technologien, Markt und regionale Projekte in Zukunft?

Wie kann die Elektrolyse zur Erzeugung von grünem Wasserstoff genutzt werden? Diese Frage hat das Fraunhofer-Institut in zwei Modellregionen untersucht.

Bild: iStock, Scharfsinn86
24.06.2024

Im Projekt „H2 Companion“ begleitet das Fraunhofer ISI die beiden Modellregionen grüner Wasserstoff in Baden-Württemberg – H2-Wandel und H2 Genesis – wissenschaftlich und führt ein Monitoring von Elektrolysetechnologien durch. Deren wissenschaftliche, technische und ökonomische Dimensionen stehen dabei im Fokus. In den Modellregionen werden unter anderem Elektrolysekapazitäten aufgebaut und in der Praxis erprobt.

Obwohl die Elektrolyse als chemische Reaktion seit mehreren hundert Jahren bekannt ist, setzte sich die Wasserstoffproduktion aus fossilen Brennstoffen am Markt durch, was vor allem an weit niedrigeren Gestehungskosten liegt. Dadurch wurden im Jahr 2022 nur etwa 0,1 Prozent der globalen H2-Erzeugung – das entspricht weniger als 100.000 t bei einer Gesamtproduktion von 95 Millionen t – durch die Wasserelektrolyse hergestellt.

Letztere gewinnt aber aktuell deutlich an Bedeutung, weil sie zum einen gewährleistet, dass Wasserstoff zu einem flexiblen Energieträger wird und zum anderen die Elektrolyse durch die Produktion von grünem Wasserstoff einen entscheidenden Beitrag zur Sektorenkopplung und damit zur Transformation des Energiesystems beitragen kann.

Analyse von Elektrolysetechnologien

Das Fraunhofer ISI führte im Projekt „H2 Companion“, in der es die beiden Modellregionen grüner Wasserstoff in Baden-Württemberg – H2-Wandel (Mittlere Alb – Donau – Ostwürttemberg) und H2 Genesis (Region Stuttgart) – wissenschaftlich begleitet, eine Analyse von Elektrolysetechnologien durch und bündelt diese in drei Kategorien: Die Alkalische Elektrolyse (AEL), die Protonenaustausch-Membran-Elektrolyse (PEM) sowie die Hochtemperatur-Elektrolyse (HT).

Die alkalische Elektrolyse weist die höchste technische Reife auf und ist die industriell etablierteste Technologie am Markt, arbeitet bei Temperaturen von 70 bis 90 °C und zeichnet sich durch geringe Investitionskosten und Robustheit aus. Bei der PEM-Elektrolyse werden Protonen (H+) bei der Wasserspaltung durch eine Membran befördert und ihre Vorteile liegen in einer schnellen Reaktionsfähigkeit auf veränderte Stromnachfragen (kurze Start- und Stoppzeiten), wodurch sie sich besonders zur Netzstabilisierung und Anwendungen mit variablen Energielieferungen eignet.

Bei der Hochtemperatur-Elektrolyse liegen die Temperaturbereiche dagegen zwischen 650 und 850 °C, weshalb hier Wasserdampf verwendet wird. Die hohen Betriebstemperaturen bringen eine verbesserte kinetische Effizienz mit sich, wodurch der spezifische Energiebedarf sinkt und die Umwandlung beschleunigt wird. Die dabei entstehende Abwärme lässt sich zudem für andere industrielle Prozesse nutzen.

Patentanmeldungen zur Elektrolyse

Darüber hinaus wurde im Projekt „H2 Companion“ untersucht, wie sich Patentanmeldungen zur Elektrolyse im Zeitverlauf und im transnationalen Kontext entwickelt haben. Bis zum Jahr 2015 lag das Niveau für alle Technologiebereiche mehr oder weniger konstant im Bereich von jeweils etwa zehn transnationalen Anmeldungen pro Jahr.

Seither ist eine ansteigende Dynamik zu verzeichnen, angeführt von den AEL- und PEM-Technologien. Zuletzt beschleunigte sich dieser Trend und übertrug sich mit Verzögerung auf die HT-Technologie. Im Jahr 2021 lag die PEM-Elektrolyse mit 93 transnationalen Patentanmeldungen vorn, gefolgt von AEL (68) und HT (37).

Was den nationalen Ursprung der Patente anbelangt, führen im internationalen Kontext die USA vor Japan und Deutschland das Ranking der Top 10-Länder an, wobei alle drei eine große Ähnlichkeit der Verteilung zwischen den Technologien aufweisen: Höchste Intensität ist aktuell bei PEM-Patenten auszumachen, gefolgt von AEL und HT-Patenten.

Durchschnittliche Wachstumsrate von etwa 25 Prozent

Ein weiterer im Projekt erforschter Aspekt dreht sich um die künftige Marktentwicklung: Dazu wurden zahlreiche Marktstudien ausgewertet, die sich mit dem Themenbereich Wasserstoff, seiner Erzeugung und Nutzung befassen – oft unter der Bezeichnung „grüner Wasserstoff“. Einige Studien widmen sich explizit dem Elektrolyseur-Markt als Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft.

Die Meta-Markt-Analyse prognostiziert auf Basis der ausgewerteten Markstudien eine durchschnittliche Wachstumsrate des zukünftigen Elektrolyseur-Marktes von etwa 25 Prozent (Median-Wert). Was den jährlichen globalen Umsatz anbelangt, lag dieser im Jahr 2023 laut Studien zwischen 217 Millionen und 10,8 Milliarden US-Dollar, der Median-Wert über alle Studien hinweg bei etwa 505 Millionen US-Dollar. Für das Jahr 2030 werden jährliche Umsatzzahlen zwischen 651 Millionen und 90,4 Milliarden US-Dollar prognostiziert (Median liegt bei 17,9 Milliarden US-Dollar).

Die enorme Spannbreite der Angaben weist sowohl auf methodische Unterschiede zwischen den Anbietern hin als auch auf substanzielle Unsicherheiten im sich gerade erst entwickelndem Markt für Elektrolyseure. Richtet man den Blick auf die in den Marktstudien erwähnten Unternehmen und weist diese nach Ländern aus, so tauchen dort vor allem Unternehmen aus den USA (20 Prozent), Deutschland (14 Prozent), China (13 Prozent), Frankreich (10 Prozent) und Italien (10 Prozent) auf, die den globalen Wasserstoff-Elektrolyseur-Markt aktuell prägen.

Nachhaltige Energiekonzepte

Dr. Henning Döscher, der die Forschungsarbeiten am Fraunhofer ISI innerhalb von „H2 Companion“ koordiniert, weist zudem auf die Schlüsselrolle von Stadtwerken bei der breiten Umsetzung nachhaltiger Energiekonzepte hin: „Im Zuge der Energiewende gewinnt die Integration von Wasserstoff als umweltfreundlicher Energieträger an Bedeutung. Stadtwerke sind hier zentrale Akteure, weil sie ihre Infrastruktur, Erfahrung und regionale Präsenz nutzen können, um Wasserstofftechnologien vor Ort zu etablieren. Daher haben wir auch die Rolle deutscher Stadtwerke und regionaler Energieversorger in geplanten und bereits umgesetzten Elektrolyseprojekten untersucht. Es zeigt sich, dass sich die Vorhaben in ähnlichem Umfang auf den Westen, Süden und Norden Deutschlands verteilen und nur die ostdeutschen Bundesländer mit lediglich zwei Projekten zwischen 2013 bis 2026 noch Nachholpotenzial haben.“

„Im Gespräch mit Stadtwerken, die im Bereich von 20 bis 200 Mitarbeitenden und einem Umsatz zwischen 10 und 100 Millionen Euro jährlich agieren, haben wir herausgefunden, dass durchschnittliche Elektrolyseprojekte, also von der Idee bis zur Inbetriebnahme, etwa 3,5 Jahre Zeit benötigen. Die geplanten Leistungsdaten der Elektrolyseure in den H2-Projekten weichen dabei zum Teil stark voneinander ab und variieren zwischen 0,25 und 30 MW. Unsere Elektrolyse-Erkenntnisse aus dem Projekt ‚H2 Companion‘ bieten neben vielen anderen Akteuren auch für noch nicht aktive Stadtwerke wichtiges Know-how, um künftige Elektrolyseprojekte anzustoßen.“

Verwandte Artikel