Das Team will ein unabhängiges und nachhaltiges System entwickeln, um an entlegenen Orten der Erde – zum Beispiel in Antarktis-Forschungsstationen – oder im Weltraum Werkzeuge und Verbrauchsgegenstände herstellen zu können. An Orten also, zu denen beispielsweise Ersatzteile nur unter größter Mühe hin transportiert werden können und wo es sinnvoll ist, solche Bedarfe selbst herzustellen. Hierbei möchten die Studierenden die Möglichkeiten konventionellen 3D-Druckens mit einer eigens konzipierten Biotinte kombinieren, um kostenintensive und umweltschädliche Transportwege, zum Beispiel über zusätzliche Versorgungsflüge, ersetzen zu können.
Sicheres Herstellungsverfahren für mehr Spontanität
„Die kontinuierliche Versorgung einer Forschungsexpedition bereitet große Probleme. So sind Transportwege oft nicht gesichert und Forschende können vor Ort kaum auf spontane Gegebenheiten reagieren, was deren Arbeitsfähigkeit einschränken und im schlimmsten Fall eine Gefahr für die Sicherheit der Beteiligten darstellen kann. Darüber hinaus kostet der Transport weniger Kilogramm Material in den Weltraum nicht nur viele Zehntausend Euro, sondern stößt zusätzlich mehrere hundert Tonnen CO2 in unsere Atmosphäre aus. Genau hier streben wir nach einer Alternativlösung“, erläutert Yasemin Baran, eine der Teamleiterinnen, das Ziel des Projektes „CosMIC“. Der Name CosMIC setzt sich aus den Begriffen „Cosmos“, für den Fokus auf den Weltraum, und „Microorganisms“, für die vom Team modifizierten und als Hersteller der Biotinte verwendeten Bakterien, zusammen.
Der 3D-Druck ist in den Augen der Studierenden eine geeignete Möglichkeit für ein eigenständiges Herstellungsverfahren auf solchen Missionen. Um jedoch ein wirklich unabhängiges und nachhaltiges System zu erhalten, sollen Bodenbakterien das benötigte Druckmaterial liefern: Durch die Kombination zweier Zuckerpolymere soll die konzipierte „Biotinte“ nur durch kultivierte Bakterien hergestellt werden und darüber hinaus verschiedene Eigenschaften der Produkte ermöglichen. Dabei benötigen die verwendeten Bakterien der Spezies Azotobacter vinelandii nur geringe Ressourcen für ihr Wachstum und können außerdem eigenständig Stickstoff aus der Umgebung fixieren, weshalb das System deutlich weniger zu transportierendes Ausgangsmaterial erfordert.
Um das Herstellungsverfahren zu optimieren und die Vielfältigkeit ihrer gedruckten Produkte zu erreichen, werden die genutzten Bakterien genetisch modifiziert: „Zum einen erhöhen wir die natürliche Produktion des Polymers Alginat, welches unsere Bakterien auf natürliche Weise herstellen und was die Grundlage unserer Tinte bildet. Zum anderen ermöglichen wir es unseren Bakterien, zusätzlich Cellulose zu produzieren, welches für die Festigkeit des Materials sorgen soll. Ob Cellulose – die in den Zellwänden von Pflanzen vorkommt – hergestellt wird, soll zudem mit einem genetischen Schalter gesteuert werden. Dieser soll durch Bestrahlung mit blauem Licht aktiviert werden. Auf diese Weise soll unsere Tinte flexible Eigenschaften und vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bieten”, so Teammitglied Oliver Kraft.
iGEM bietet den Studierenden die Möglichkeit, bereits früh in ihrer wissenschaftlichen Laufbahn vielseitige Projekterfahrung zu sammeln. „Nicht nur Kompetenzen in der theoretischen Planung und der praktischen Umsetzung der eigenen Forschung im Labor, sondern auch der Austausch über das eigene Projekt mit Mitstudierenden außerhalb unserer Universität und sogar über Landesgrenzen hinaus stellen bedeutende Erfahrungen für unseren weiteren Weg dar“, ergänzt Kraft.
Austausch und Kommunikation
Um ihre Tinte auch auf die tatsächlichen Gegebenheiten und Bedürfnisse von Forschungsexpeditionen im Weltraum anzupassen, tauschte sich das Team im Laufe des Projektes immer wieder mit Expertinnen und Experten verschiedener Bereiche aus, sowohl innerhalb der HHU als auch mit Lebenswissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR).
Der iGEM-Wettbewerb stellt auch über die eigentliche Forschung hinausreichende Ansprüche an die Teilnehmenden: „Insbesondere die Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit und die kritische Reflektion der modernen Möglichkeiten synthetischer Biologie spielen im Wettbewerb eine zentrale Rolle. So konnten wir gemeinsam mit der European Space University for Earth and Humanity (UNIVERSEH), von der die HHU ein Teil ist, Workshops für den „Campus der Ideen“ organisieren. Außerdem präsentieren wir unsere Arbeit an Schulen und Berufskollegs, um gemeinsam mit anderen Menschen über unsere Ideen, aber insbesondere auch über Chancen und Risiken gentechnischer Methoden zu diskutieren”, erläutert Florian Hänsel, ebenfalls Leiter des Teams.
Der „Campus der Ideen“ wurde erstmals im Sommersemester 2022 vom Center für Entrepeneurship Düsseldorf (CEDUS) an der HHU ausgerichtet und bietet Interessierten vielfältige Aktionen, Wettbewerbe, Vorträge und Workshops zu verschiedensten Themen der Innovation, Ideenfindung und -umsetzung.