Fachbeitrag Bitte nicht pieksen!

Bild: DMP1 iStock
02.03.2015

Geräte zur nicht-invasiven Analyse von Blut- und Gewebeparametern ermöglichen neue Möglichkeiten für das Patientenmonitoring im klinischen Umfeld. Dass diese stets zuverlässig funktionieren, dafür sorgen Mainboards mit langzeitverfügbarer AMD-Prozessortechnik.

Für die Überwachung von Blutgasen sind im klinischen Bereich vor allem Pulsoximeter auf photometrischer Basis verbreitet. Spektroskopie-Systeme, die eine hohe Genauigkeit der Messung durch die Auswertung vieler Wellenlängen erreichen, sind hingegen eher im Laborbereich verbreitet. Eine zum Patent angemeldete Technologie des Unternehmens Senspec, das Physiker und Ingenieure 2010 in Rostock gegründet haben, verbindet erstmals diese beiden Basistechnologien. Das Monitoring-System V-Spec ist ein Sensorsystem, das eine nicht-invasive Aufnahme und Auswertung eines arteriellen Blutspektrums ermöglicht. Die Messung kann wahlweise an Stirn oder Fingern des Patienten erfolgen und erlaubt die simultane Messung der Oxigenierung von Gewebe und arteriellem Blut sowie der Puls-
parameter PR, PI, PLI und Plethysmogramm. Durch die Messung von 700 Einzelspektren mit je 350 Wellenlängen zwischen 500 Nanometer und 850 Nanometer erzielt der V-Spec-Sensor eine sehr große Datenbasis für die Berechnung der medizinischen Parameter.

Hohe Anforderungen

Aufgrund der hohen Datenmenge, die bei spektroskopischen Messungen vom Sensor geliefert werden und zu verarbeiten sind, entschieden sich die Senspec-Entwickler gegen eine ARM- und für eine x86-Plattform. Unterstützung bei der Auswahl eines geeigneten Mainboards für den Embedded-PC im Monitoringsystem holte sich das Unternehmen beim Elektronikdistributor Rutronik. „Die Normen im Medizinbereich sind grundsätzlich schärfer als bei Industrieanwendungen. In unserem Fall ist nicht nur die generelle Norm DIN EN 60601-1 für medizinische elektrische Geräte relevant, sondern auch DIN EN 80601-2-61 für Pulsoximetriegeräte“, erläutert Amadeus Holmer, der Entwicklungsleiter von Senspec.

Die hohen Anforderungen der Normen beziehen sich nicht nur auf das Gesamtsystem, sondern auch auf dessen Komponenten. Auch das Mainboard, das im V-Spec-Monitor zum Einsatz kommen sollte, musste also strengen Kriterien in Bezug auf elektromagnetische Verträglichkeit, Schock, Vibration und klimatische Bedingungen genügen. Thorsten Schmidt, der als Business Development Manager Storage, Displays & Boards bei Rutronik den Kunden Senspec betreut, empfahl dem Medizintechnik-Start-up daher den Test eines Mini-ITX-Mainboards von Fujitsu. „Die Mainboards der Extended-Lifecycle- und Industrial-Serie von Fujitsu haben sich in den letzten Jahren schon in vielen medizinischen Geräten bewährt“, erklärt Schmidt. So startete Senspec seine Tests mit dem Board D2963-S von Fujitsu. Mit einem AMD-Dualcore-Prozessor erfüllte es nicht nur die Anforderungen der Normen, sondern überzeugte auch durch eine hohe Rechenleistung. Während sich Senspec noch in der Testphase befand, brachte Fujitsu ein neues Mini-ITX-Board auf den Markt, das D3003-S. Wie sein Vorgänger beruht es auf einem AMD-Prozessor, allerdings in einer Singlecore-Variante. Für Entwickler von Embedded-Mainboards sind die AMD-Plattformen von Vorteil, weil die Prozessoren lange Zeit verfügbar sind, wenig Energie verbrauchen und kaum Hitze erzeugen – und auch weil der Hersteller speziellen Support für Embedded-Anwendungen anbietet. „Auf Anregung von Rutronik nahmen wir auch dieses Board in den Test. Denn aufgrund der langen Vorlaufzeiten in der Medizintechnik ist es immer sinnvoll, eine Version einzusetzen, die möglichst lange lieferbar bleibt“, berichtet Amadeus Holmer.

Alle Faktoren abwägen

Es stellte sich heraus, dass bereits mit dem Singlecore AMD Embedded T44R APU (1,2 GHz/9 W TDP) des Boards D3003-S1 die erforderliche Leistung erreicht werden konnte. Außer mit seinem guten Preis-Leistungs-Verhältnis punktete dieses Board auch mit einem geringen Stromverbrauch. Neben der spezifischen Architektur der AMD Embedded G-Series APU, die schnelle Datenverarbeitung und High-End-Grafikdarstellung gleichzeitig ermöglicht, erwies sich dies als wichtiges Entscheidungskriterium für Senspec, denn, so Entwicklungsleiter Holmer: „Unser V-Spec-Monitor muss bei einem Transport des Patienten im Krankenhaus oder auch bei Stromausfall bis zu einer Stunde über den Akku laufen können. Eine geringe Leistungsaufnahme ist dafür natürlich von Vorteil.“

Die von Senspec vorgenommene Abwägung zwischen Rechenleistung und Energieverbrauch ist nicht nur charakteristisch für die Medizintechnik-Branche, sondern generell für Embedded-Anwendungen, berichtet Thomas Stanik, der als Sales Manager OEM Systemboard bei Fujitsu viele Kunden aus dem Bereich Diagnosegeräte betreut: „Für Desktop-PCs oder Mainboards gilt nahezu immer die Devise: Höhere und schnellere Leistung ist besser. Die Frage nach Energieverbrauch und der damit verbundenen Wärmeentwicklung ist oft zweitrangig. Bei Embedded-Anwendungen sind die Zwänge in Bezug auf Energieverbrauch und Temperatur oft sehr viel stärker. Deshalb bietet Fujitsu in seiner Extended-Lifecycle- und Industrial-Serie nicht nur die neuesten und schnellsten Prozessoren an, sondern wählt die Plattformen aus, mit denen sich alle relevanten Parameter optimal vereinbaren lassen. AMD ist nachhaltig bestrebt, kleine, leistungsfähige, aber energieeffiziente Prozessoren speziell für Embedded-Anwendungen zu entwickeln und ist damit einer der wertvollsten Partner für die Unterstützung unserer Philosophie geworden.“

Schließlich startete Senspec 2011 mit dem Board D3003-S12 GS2 in die Entwicklung, die 2013 mit der Zulassung der beiden Varianten des V-Spec-Monitor (Ein-Sensor- und Zwei-Sensor-System) erfolgreich abgeschlossen wurde. Im Lauf der nächsten fünf Jahre rechnet Senspec mit einem Absatz von 100 bis 300 Geräten pro Jahr.

Weiterentwicklung des Boards

Im Designprozess profitierte Senspec von der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Boards durch Fujitsu. So ist das Display des V-Spec-Monitors auf die Auflösung von 800 x 480 Pixel ausgelegt. Das native BIOS des Fujitsu-Mainboards ermöglichte anfangs nur eine klassische Auflösung von 800 x 600 Pixel. Damit hätte Senspec die Auflösung softwareseitig skalieren müssen, was aber zu Konflikten mit dem Treiber für das Touch-Display hätte führen können.

Aufgrund eines Gesprächs mit dem Distributor, der für Senspec als One-Stop-Shop auch für die anderen Komponenten fungierte, passte Fujitsu das native BIOS an und löste damit den Konflikt. „Die Reaktion auf solche kleinen Probleme seitens Fujitsu und auch des engagierten Distributors war tadellos. Die Neuerungen kamen immer dann, wenn es gepasst hat“, erinnert sich Amadeus Holmer und verweist auf ein weiteres Beispiel. Der
BIOS-Watchdog, der eine Absicherung der Funktionalität bietet, wenn die Software einfriert, war auf der Version D3003-S11 des Mainboards noch nicht enthalten. Sofort nachdem Fujitsu die Version D3003-S12 mit Watchdog freigegeben hatte, erhielt Senspec eine Information von Rutronik und konnte diesen somit ohne Verzögerung ins Softwaredesign einbeziehen.

„Wir müssen nicht von jeder Komponente immer die neueste Generation haben, wichtiger ist für uns Kontinuität. Unser Interesse ist es, durch den ganzen Designprozess und Produktlebenszyklus bei einer Komponente zu bleiben. Daher war die kompetente Beratung durch Herrn Schmidt für uns so wertvoll, weil er uns auf die für uns sinnvollen Neuerungen von Fujitsu aufmerksam gemacht hat, die wir dann sozusagen automatisch vom Hersteller bekommen haben“, resümiert Amadeus Holmer. Bei künftigen Projekten mit ähnlicher Charakteristik und vergleichbarem Leistungsbedarf könne er sich daher durchaus einen erneuten Einsatz von Fujitsu-Mainboards vorstellen.

Bildergalerie

  • Blut- und Gewebeoxigenierung sowie vier Pulsparameter erfasst der V-Spec-Monitor von Senspec in Echtzeit.

    Blut- und Gewebeoxigenierung sowie vier Pulsparameter erfasst der V-Spec-Monitor von Senspec in Echtzeit.

    Bild: Senspec

  • Die Rechenleistung im Monitoringsystem liefert das Mini-ITX-Board D3003-S von Fujitsu.

    Die Rechenleistung im Monitoringsystem liefert das Mini-ITX-Board D3003-S von Fujitsu.

    Bild: Fujitsu

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