Der Bundesregierung gelingt es nicht, den Energieverbrauch in Deutschland bis 2020 wie geplant um 20 Prozent zu senken. Mehr als die Hälfte der im Dezember 2014 beschlossenen Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz (NAPE) sind noch nicht realisiert. Dies analysierte die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) in einem NAPE-Meter, der den Umsetzungsstand des Aktionsplans transparent macht.
„Die Politik hat viel zu lange versäumt, die Energieeffizienz auf gleicher Augenhöhe mit dem Umbau der Energieerzeugung voranzutreiben. Umso wichtiger ist es jetzt, schnell aufzuholen“, sagt Carsten Müller, Vorstandsvorsitzender der Deneff. „Jede Verzögerung kostet Energieverbraucher und Steuerzahler bares Geld. Die immer noch ausstehende Steuerförderung für Gebäudesanierungen ist dafür das offensichtlichste Beispiel.“ Mit Blick auf den Klimagipfel Ende des Jahres in Paris steht für ihn zudem die Glaubwürdigkeit der deutschen Klimapolitik auf dem Spiel.
Der Steueranreiz für die energetische Modernisierung von Wohngebäuden ist die prominenteste noch nicht erfolgreich umgesetzte NAPE-Maßnahme. Umgesetzt wurden hingegen die Energieauditpflicht für größere Unternehmen und der Ausbau von Förderangeboten der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) für Nicht-Wohngebäude und Unternehmen. Für ein neues nationales Energielabel für Bestandsheizkessel befindet sich ein Gesetzentwurf bereits im Bundestagsverfahren. Das Label soll zum Jahreswechsel in Kraft treten. Die Initiative Energieeffizienz-Netzwerke basiert auf einer Selbstverpflichtung großer Unternehmensverbände. Der Umsetzungsfortschritt in den Unternehmen ist unbekannt. Zur Optimierung und Qualitätssicherung der bestehenden Energieberatung sind einzelne Vorhaben wie die Anpassung der Förderbedingungen für die Vor-Ort-Beratung erfolgt.
Zusätzliche Förderangebote von einer Milliarde Euro
In der Vorbereitung befinden sich derzeit die Einführung eines wettbewerblichen Ausschreibungsmodells, die Top-Runner-Initiative für energiesparende Produkte, die Förderung von Contractingmodellen einschließlich Ausfallbürgschaften. Wann und wie diese genau umgesetzt werden, ist noch offen. Hinzu kommen sollen weitere Maßnahmen eines im Mai angekündigten Anreizprogramms Energieeffizienz und zusätzliche Förderangebote im Umfang von gut einer Milliarde Euro gemäß Beschluss der Spitzenvertreter der Regierungsparteien vom 1. Juli 2015. Weiterhin sollten auch durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung weitere Einsparungen erfolgen. Auf Grund des inzwischen vorliegenden Gesetzentwurfs zur Neufassung des KWK-Gesetzes zeichnet sich jedoch ab, dass in diesem Bereich kein signifikanter Zubau zu erwarten ist und die damit verbundenen CO2- und Energieeinsparungen nicht erreicht werden.
Bezogen auf das 20-Prozent-Energieeinsparziel für 2020, insgesamt 2877 Petajoule, machen die bisher umgesetzten NAPE-Maßnahmen kaum mehr als einen zusätzlichen Prozentpunkt zusätzlich aus. Auch dies gilt nur unter der Voraussetzung, dass diese Maßnahmen die von der Bundesregierung erwarteten Einsparwirkungen tatsächlich erreichen. Betrug die Ziellücke nach damaligen offiziellen Schätzungen etwa zehn Prozentpunkte (1400 Petajoule), liegt sie damit aktuell bei immer noch neun Prozentpunkten (1215 Petajoule). Selbst wenn alle weiteren NAPE-Maßnahmen sowie das im Juli von den Koalitionsspitzen beschlossene Effizienzpaket vollständig umgesetzt und ihre volle erwartete Wirkung erreichen würden, verbliebe trotzdem noch eine Ziellücke von sechs Prozentpunkten (880 Petajoule beziehungsweie 244 Milliarden Kilowattstunden). Das entspricht der Jahresstromerzeugung von mehr als der Hälfte der Kohlekraftwerke in Deutschland. „Die Minister Gabriel und Hendricks und Bundeskanzlerin Merkel müssen nochmal kräftig nachlegen, wenn sie die selbstgesteckten Ziele erreichen wollen“, sagt Müller.