Gewinner und Verlierer auf dem Arbeitsmarkt ChatGPT & Co.: Welche Jobs profitieren – und welche verschwinden?

Generative KI verändert den Freiberuflermarkt: Während Routineaufgaben wie Schreiben und Übersetzen zurückgehen, steigt die Nachfrage nach spezialisierten KI- und Technologiekompetenzen.

Bild: iStock, Moor Studio
04.02.2025

Eine neue internationale Studie zeigt, wie generative KI-Tools wie ChatGPT die Nachfrage nach freiberuflichen Dienstleistungen neu ausrichten. Während die Nachfrage nach Schreib- und Übersetzungsjobs sinkt, boomen Tätigkeiten rund um KI-Entwicklung und maschinelles Lernen. Besonders betroffen: Erfahrene Fachkräfte in ersetzbaren Bereichen. Doch der Arbeitsmarkt bleibt stabil – statt Jobverlusten entstehen neue Spezialisierungen.

Eine neue Studie unter der Leitung eines internationalen Forschungsteams, dem auch der am Einstein Center Digital Future assoziierte Wissenschaftler Dr. Fabian Braesemann vom Oxford Internet Institute der Universität Oxford angehört, zeigt, wie generative KI-Tools wie ChatGPT die Arbeitswelt verändern. Die Studie, die am 29. Januar 2025 im Journal of Economic Behavior & Organization veröffentlicht wurde, analysiert über drei Millionen Stellenausschreibungen auf einer globalen Plattform für Freiberufler und Freiberuflerinnen und ist damit die größte Studie ihrer Art.

Wie generative KI den Arbeitsmarkt neu formt

Die groß angelegte Studie kommt zu dem Schluss, dass die Auswirkungen der generativen Künstlichen Intelligenz (KI) auf den Arbeitsmarkt komplex sind – sie schafft in einigen Bereichen Chancen, während sie in anderen die Nachfrage verringert:

  • Nachfragerückgang in einigen Bereichen: In einigen Arbeitsbereichen (zum Beispiel bei stark repetitiven Schreibaufgaben) führt ChatGPT zu einem effektiven Rückgang der Arbeitsnachfrage im Vergleich zum allgemeinen Arbeitsmarkttrend. Bei Tätigkeiten, die teilweise substituierbare Fähigkeiten erfordern, wie zum Beispiel Schreiben und Übersetzen, ist die Nachfrage um 20 bis 50 Prozent gesunken, da diese Aufgaben von Tools übernommen werden.

  • Neue Möglichkeiten für Freiberufler: Generative KI treibt die Nachfrage nach Fähigkeiten voran, die die Technologien der generativen KI ergänzen. Diese Entwicklung ist teilweise auf den Hype um KI zurückzuführen, der neue KI-bezogene Produkte und Dienstleistungen hervorbringt. Dafür werden Spezialisten und Spezialistinnen benötigt, die die Entwicklung von Chatbots oder maschinelles Lernen ermöglichen. Die Nachfrage nach Jobs im Bereich Chatbots und Natural Language Processing hat sich seit der Einführung von ChatGPT fast verdreifacht.

  • Erfahrung zählt: Bei Fähigkeiten, die durch ChatGPT ersetzt werden können, wie zum Beispiel Schreib- und Übersetzungsarbeiten, war der größte Rückgang der Nachfrage nach erfahrenen Arbeitskräften zu verzeichnen. Bei ergänzenden Fähigkeiten wie der Programmierung gab es einen Rückgang der Nachfrage nach Berufsanfänger und Berufsanfängerinnen, da Unternehmen nach Fachleuten mit mehr Erfahrung suchten.

  • Generative KI vernichtet keine freiberuflichen Arbeitsplätze. ChatGPT ist nicht der große Jobkiller, den viele befürchten; stattdessen ist die Netto-Nachfrage nach freiberuflichen Tätigkeiten nach der Einführung von ChatGPT gestiegen. Generative KI ist der neueste Trend im langen digitalen Transformationsprozess der Wirtschaft, der mit dem Aufkommen von Computern und dem Internet begann.

Anpassung als Schlüssel zum Erfolg?

„Generative KI beschleunigt die Transformation des Arbeitsmarktes, ein Prozess, der bereits vor Jahrzehnten mit der Einführung von Computern am Arbeitsplatz begann“ ordnet Dr. Fabian Braesemann die Ergebnisse ein. „Es handelt sich um die neueste Entwicklung dieses Digitalisierungsprozesses: Während die Nachfrage nach teilweise austauschbaren Fähigkeiten wie Schreiben und Übersetzen zurückgegangen ist, entstehen auch neue Arbeitsplätze, wie zum Beispiel Stellen für die Erstellung von Chatbots oder andere mit maschinellem Lernen verbundene Tätigkeiten.“

Die Studie wurde von einem Team aus internationalen Forschende und Branchenexperten und Branchenexpertinnen durchgeführt, die die Auswirkungen generativer KI-Tools wie ChatGPT auf den Arbeitsmarkt untersuchen. Die Co-Autoren und Autorinnen dieser neuen Studie sind Ole Teutloff und Johanna Einsiedler vom Copenhagen Center for Social Data Science, Dr. Otto Kässi von der ETLA Economic Research, Dr. Fabian Braesemann vom Oxford Internet Institute und Assoziierter Wissenschaftler am Einstein Center Digital Future, Pamela Mishkin und Assistenzprofessorin R. Maria del Rio-Chanona vom University College London und dem Complexity Science Hub Vienna.

„Die weit verbreitete Nutzung von ChatGPT und ähnlichen KI-Tools stellt Arbeitnehmer vor Herausforderungen, bietet aber auch Möglichkeiten, Prozesse effizienter zu gestalten und neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln“, fügte der Erstautor der Studie, Dr. Ole Teutloff vom Copenhagen Center for Social Data Science, hinzu. „Trotz der Befürchtungen, dass es zu Massenentlassungen kommen könnte, zeigt diese Studie ein ausgewogeneres Bild.

Neue Technologien wie ChatGPT verändern nicht nur die Nachfrage nach bestimmten Fähigkeiten, sondern führen auch zu einem Wandel der Fachkenntnisse“, so die Schlussfolgerung der korrespondierenden Autorin, Assistenzprofessorin R. Maria del Rio-Chanona vom University College London und Complexity Science Hub. „Bei substituierbaren Fähigkeiten verschiebt sich die Nachfrage weg von Fachkräften, während sie sich bei ergänzenden Fähigkeiten möglicherweise hin zu mehr Fachwissen verschiebt. Diese Verschiebungen zu erkennen, ist der Schlüssel zur Anpassung an die neue Arbeitswelt.“

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