Dr. Jan-Rainer Lahmann Der Einstieg in die Quantum Journey

Dr. Jan-Rainer Lahmann ist Distinguished Engineer im IBM Quantum Computing Team in der DACH Region. Seit 2017 begeistert sich Jan für Quantencomputing, insbesondere für Algorithmen, relevante Anwendungsfälle und den potenziellen Wert von Quantencomputing. Er liebt ‚Serious Games‘ für Quantencomputing und baut Modelle von echten Quantencomputern. Jan leitet wichtige Quantencomputing-Initiativen bei IBM DACH und ist Mitglied der renommierten IBM Academy of Technology.

Bild: IBM
20.10.2023

Quantencomputing ist eine Zukunftstechnologie, die Unternehmen in naher Zukunft Wettbewerbsvorteile verschaffen kann. Doch was steckt eigentlich hinter dieser Schlüsseltechnologie und ist sie für mein Unternehmen überhaupt relevant?

Mit großen Erwartungen und Hoffnungen für die Zukunft ist Quantencomputing ein wichtiges Thema in der IT. Bevor praktisch relevante Vorteile durch Quantencomputer erzielt werden können, gibt es jedoch noch Herausforderungen zu bewältigen.

Die Idee des Quantencomputers wurde erstmals 1981 auf einer Konferenz des MIT und IBM vom Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman diskutiert. Feynman erkannte, dass die Simulation quantenmechanischer Gleichungen auf klassischen Computern sehr zeitaufwändig ist und die Leistungsfähigkeit herkömmlicher Systeme übersteigt. Daraus entstand die Idee, Computer auf Basis quantenmechanischer Prinzipien zu
entwickeln.

Mittlerweile gibt es sie tatsächlich. Seit dem Jahr 2016 sind die ersten Quantencomputer in der Cloud bei der Firma IBM verfügbar. Die Größe dieser Systeme hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt, und es gibt eine Roadmap für zukünftige Entwicklungen. Derzeit nutzen viele Menschen frei verfügbare Quantencomputer in der Cloud, aber die Nutzung ist noch nicht weit verbreitet und hat noch einen starken Forschungscharakter.

Die Anwendungsgebiete von Quantencomputern sind vielseitig. Neben der Simulation quantenmechanischer Systeme eignen sie sich besonders für Materialforschung, Quantenchemie, maschinelles Lernen oder mathematische Optimierung. Praktische Anwendungen gibt es bereits bei der Erforschung neuer Materialien für die Elektromobilität, bei der Optimierung von Schiffsflotten, bei der Preisfindung für Finanzderivate und bei der Analyse von Daten am CERN mithilfe von Quantum Machine Learning.

Es gibt zwei Hauptbereiche, in denen sich die Entwicklung von Quantencomputern vollzieht: Hardware und Tools. Die Hardware entwickelt sich ständig weiter, wobei immer mehr Quantenbits (Qubits) zur Verfügung stehen. Die Roadmap zeigt geplante Fortschritte bei der Anzahl der Qubits und der Integration mehrerer Chips für eine bessere Skalierbarkeit.

Für die effiziente Nutzung von Quantencomputern spielen Software-Tools eine entscheidende Rolle. Es wird daher angestrebt, dass Anwendungsentwickler aus verschiedenen Branchen Quantenalgorithmen über einfache APIs aufrufen können, ohne die Funktionsweise von Quantencomputern oder Algorithmen im Detail verstehen zu müssen.

Die Leistungsfähigkeit von Quantencomputern hängt von Skalierung, Qualität und Ausführungsgeschwindigkeit ab. In jüngster Zeit wurden große Fortschritte bei der Skalierung von Quantencomputern erzielt. Unternehmen wie Google, IBM, Microsoft und andere haben große Anstrengungen unternommen, um die Anzahl der Qubits in ihren Systemen zu erhöhen. Die größten Systeme derzeit haben 433 Qubits.

Außerdem ist die Qualität entscheidend, das heißt die Vermeidung von Störeinflüssen (Error and Noise). Langfristig sollen hierzu Fehlerkorrekturverfahren, die redundante Informationen nutzen, angewendet werden. Kürzlich wurden mit sogenannten Error Mitigation Verfahren beeindruckende Ergebnisse erzielt und man hat für erste Aufgaben aus der Physik wettbewerbsfähige Ergebnisse erzielt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verbesserung der Ausführungsgeschwindigkeit von Quantenoperationen. Durch die Optimierung der Hardware-Architektur und der Steuerungsmethoden konnten signifikante Verbesserungen erzielt werden, um komplexere Quantenalgorithmen effizienter ausführen zu können.

Während wir uns beim Quantencomputing aktuell den Herausforderungen der Fehleranfälligkeit und begrenzten Ressourcen stellen müssen, hat die rasante Entwicklung von Hard- und Software hier bereits beeindruckende Fortschritte gemacht. In einer Zeit, in der Innovation und Wettbewerbsfähigkeit Schlüsselfaktoren sind, sollten wir das Potenzial des Quantencomputings nicht unterschätzen.

Es ist an der Zeit, sich mit der Technologie auseinanderzusetzen, Chancen zu erkennen und vielleicht sogar eine eigene „Quantum Journey“ zu beginnen. Die Zukunft des Quantencomputings ist vielversprechend, und es liegt an uns, sie zu gestalten.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel