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Tim Schade, GFT Die Rolle der Software beim Erreichen von Klimazielen

Tim Schade ist Softwarearchitekt und Softwareentwickler bei GFT Technologies SE in Bonn. Seit mehr als zehn Jahren ist er verantwortlich für das Design und die Umsetzung diverser Softwareprojekten im Financial Services-Bereich. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf skalierbaren Java-Anwendungen. Zudem ist Tim Schade Experte für die GreenCoding-Initiative bei GFT.

Bild: GFT
27.10.2022

Die Digitalisierung ist im Klima-Kontext eine äußerst relevante Stellschraube. Ein Großteil des Energiebedarfs der IT-Infrastruktur wird auch durch die zugrunde liegende Software bestimmt. Genau deshalb verfolgen wir mit Greencoding einen innovativen Ansatz, um die Emissionen der Software selbst zu reduzieren.

Wussten Sie, dass jeder kleine Klick auf einer Website bei den dahinter liegenden Netzwerken insgesamt viel CO2-Emissionen auslösen kann? Und bereits eine simple Maßnahme wie die Komprimierung bestimmter Website-Daten reduziert den Energieverbrauch erheblich. So sind schnell mal bis zu zehn Kilo CO2 pro Jahr eingespart – nur bei diesen Klicks! Dieses kleine Beispiel verdeutlicht, was sich hinter dem Begriff Greencoding verbirgt. Denn hierbei handelt es sich um einen innovativen Ansatz von GFT, bei dem es darum geht, die Emissionen der Software selbst zu reduzieren.

Und wie notwendig Greencoding zunehmend mehr wird, zeigt auch die stetig größere Welle an Applikationen mit Künstlicher Intelligenz. Alleine das Antrainieren eines dieser neuronalen Netzwerke für eine bestimmte Anwendung verbraucht unter Umständen so viel Energie, als würde ich mit meinem Auto auf einer virtuellen Straße bis zum Mond und wieder zurückfahren. Der CO2-Footprint lässt sich aber erheblich senken, wenn Software-Entwickler eine effiziente Programmierung und die richtige Hardware für den richtigen Zweck verwenden. Die University of Berkeley hat gemeinsam mit Google nachgewiesen, dass sich mit Greencoding der Energieaufwand für das Anlernen der KI um den Faktor 1.000 reduzieren lässt.

Insgesamt ist der IT-Sektor für vier Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Das mag im ersten Augenblick nach einem geringen Anteil klingen. Sehen wir uns hierzu aber den durchschnittlichen Verbrauch einer Person in Deutschland an: Pro Jahr fallen hier insgesamt 11,17 Tonnen CO2 an. Der Anteil der IT mit vier Prozent sind dann pro Person noch durchschnittlich 0,4 Tonnen CO2 in einem Jahr oder 1,2 Kilogramm jeden Tag. Auch das mag zunächst gering erscheinen, entspricht aber immerhin der CO2-Emission einer Autofahrt über 5-10 Kilometer.

Wenn wir jetzt noch die zu erwartenden Steigerungsraten in den kommenden Jahren betrachten, da beispielsweise in unzähligen Bereichen im Hintergrund zunehmend KI-Applikationen zum Einsatz kommen werden, so wird schnell deutlich, wohin die Reise geht, wenn nicht rechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Alleine das in modernen Industrie 4.0-Produktionen täglich anfallende Datenvolumen kann nur noch mit Künstlicher Intelligenz bewältigt werden. Von Bosch gibt es hierzu beeindruckende Zahlen: In einer 2021 eröffneten intelligenten Chipfabrik entstehen pro Sekunde Produktionsdaten mit einem Umfang von umgerechnet 500 Textseiten. Pro Tag sind das 42 Millionen beschriebene Blätter, die mit KI ausgewertet werden. Das zeigt, wo die Digitalisierung uns bezüglich der CO2-Emissionen hinführen kann. Hier ist es wichtig, von Anfang an nachhaltig zu agieren.

Egal ob es um Software-Entwicklung im industriellen Umfeld, im Gaming-Sektor oder beim Streaming von Videos geht, durch die weiter rasant zunehmende Digitalisierung sind jährliche Steigerungsraten von neun Prozent bei den durch Software produzierten Emissionen zu erwarten. Damit wäre im Jahr 2040 die Digitalisierung laut einer Studie der McMaster University in Hamilton, Kanada bereits für 14 Prozent der gesamten weltweiten Emissionen verantwortlich. Die Digitalisierung besitzt also eine Doppelrolle: Einerseits sorgt sie für mehr Effizienz und Einsparungen in vielen Bereichen, andererseits treibt sie durch den Bedarf an Rechenleistung die CO2-Emissionen aber auch hoch. Aus diesem Grund ist Greencoding wichtiger denn je. Denn 55 Prozent der Emissionen des gesamten IT-Sektors lassen sich direkt durch die Software beeinflussen. Die Softwareentwicklung muss also ein fester Bestandteil in jedem Nachhaltigkeitsprogramm werden.

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