Sensorik & Messtechnik Die Verantwortung wächst

02.04.2013

Im turbulenten Weltmarkt wächst der Anteil der Windenergie am heimischen Energiemix weiterhin stabil. Damit wächst aber auch die Verantwortung, immer verlässlicher Windstrom zu liefern. Einen Beitrag dazu liefern Condition Monitoring Systeme, die künftig die ganze Anlage im Blick haben.

Turbulent geht es auf dem Windmarkt zu. Nach einem guten Jahr 2012 sehen die Prognosen für die globale Windindustrie für 2013 eher düster aus. Einen Einbruch des Weltmarktes bis zu 10 Prozent prognostizierte der VDMA Power Systems (VDMA PS) Anfang Februar bei der Präsentation der Jahresbilanz. Der absehbare Einbruch des US-Marktes in diesem Jahr und der weiterhin abgeschottete und schrumpfende chinesische Markt (siehe Kasten) zwinge Hersteller dazu, sich auf europäische Kernmärkte zu fokussieren. Den europäischen Markt schätzt der Verband als relativ stabil ein - auch wenn er Einbrüche in Südeuropa erwartet, die aber von einem wachsenden Markt in Osteuropa teilweise kompensiert werden sollen. Der deutsche Windenergiemarkt ist mit einem Plus von 20 Prozent im Jahr 2012 stabil gewachsen - 2439MW neu installierte Leistung hat die Deutsche WindGuard im Auftrag des Bundesverbandes Windenergie (BWE) und des VDMA PS ermittelt. 2011 wurden 2008MW installiert. Und die Prognosen für 2013 sind optimistisch: „In diesem Jahr wird Deutschland in dem stagnierenden europäischen Markt ein Wachstums-Pool sein und damit der wichtigste für die heimische Industrie“, sagt Johannes Schiel, Referent Windenergie im VDMA PS, und erwartet inklusive Offshore zwischen 3000 und 3500MW neu installierte Windleistung. Je mehr Windleistung installiert wird, desto mehr Verantwortung kommt auf die Betreiber der Windenergieanlagen und -parks als verlässliche Stromlieferanten im Energiemix zu. Die Anlagen müssen über die gesamte Lebensdauer zuverlässig laufen und damit verbunden eine hohe Verfügbarkeit aufweisen. Auch wenn hier in den vergangenen Jahren technologisch Fortschritte erzielt wurden, ein schneller und gut organisierter Service gehört ebenso dazu. Mit Condition-Monitoring-Systemen (CMS) können Voraussagen getroffen werden, wann ein detektierter Schaden kritisch wird. Das dürfte besonders bei Offshore-Windparks eine besondere Rolle spielen. Eine ungünstige Wetterlage kann auf hoher See den Austausch eines Bauteils schon mal zum Albtraum werden lassen. Eine bedarfsorientierte Wartung ist hier umso wichtiger. Und dahin geht allgemein der Trend, wie Dr. Dietmar Tilch, Technische Leitung Condition Monitoring von Windenergieanlagen bei Bosch Rexroth, sagt: „Windparkbetreiber möchten eine bedarfsorientierte Instandhaltung. Nur stellt sich die Frage, ob es in einem Windpark genug CM-überwachte Systeme gibt, die das auch ermöglichen. Zurzeit haben wir noch einen Mix aus zyklischer und bedarfsorientierter Wartung.“ Dieser Mix ist historisch bedingt. Hinzu kommt, dass herkömmliche Condition-Monitoring-Systeme sich auf Kernkomponenten wie den Rotor oder den Antriebsstrang beschränken. Das mache es schwierig, den Gesamtzustand einer Anlage zu beurteilen. Damit nun Anlagen und Windparks effizienter überwacht werden können, wird an systemischen CMS gearbeitet.

Überwachung des Rotors

Dass es durchaus sinnvoll ist, Funktionsgruppen einer WEA im Zusammenspiel zu überwachen kann Tilch bestätigen: „Speziell bei den langsam drehenden Komponenten der Anlage konnten wir aus der Überwachung des Rotors heraus Schäden im Antriebsstrang erkennen. Der Rotor wirkt dabei als Resonanzkörper und verstärkt das Körperschallsignal, das bei langsam überfahrenen Fehlstellen im Allgemeinen sehr schwach ist.“ Aus diesen Erfahrungen heraus und mit Blick auf ein weiter automatisiertes Condition Monitoring arbeitet das Unternehmen zusammen mit DMT an einem gesamtheitlichen System, mit dem Antriebsstrang und Rotorblatt parallel überwacht werden. Weitere Funktionsbauteile wie den Turm oder auch andere marktgängige Sensoren und Systeme wollen die Partner in weiteren Schritten integrieren. „Erste Prototypen sind schon installiert und werden erprobt“, sagt Tilch.

Luft- und Raumfahrt-Know-how

Der Herausforderung des systemischen Condition Monitorings angenommen hat sich auch die IABG in Ottobrunn bei München. Komplexe Strukturen an kritischen Punkten während ihrer Lebensdauer zu überwachen, darin hat der technische Dienstleister jahrzehntelange Erfahrungen aus der Luft- und Raumfahrt gesammelt. Genau diese Expertise hat das Unternehmen nun auf Windenergieanlagen übertragen und für sie eine modellbasierte zustandsorientierte Überwachung entwickelt. „Heute nimmt man bei einer Anlage zwar viele Messpunkte auf, wertet diese aber nicht systematisch aus“, sagt Matthias Spott, Geschäftsführer der IABG und beschreibt weiter: „Mit einer intelligenten Datenbank und unseren Berechnungsmethoden können wir Wirkzusammenhänge erkennen und Prognosen daraus ableiten, zum Beispiel wie sich ein Schaden oder ein unsicherer Betriebszustand entwickelt und wo man vorbeugend hinwirken kann, damit er sich nicht dramatisch auswirkt.“

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