Die deutsche Industrie steht vor einer der größten Herausforderungen ihrer Geschichte: Sie muss Innovationsführerschaft bewahren und gleichzeitig radikal Kosten senken. Der aktuelle Wettbewerbsindex 2025 von Alvarez & Marsal (A&M) veranschaulicht, wie der Druck auf Unternehmen wächst. So fällt der Indexwert von 21 auf nur noch elf Punkte – ein deutlicher Abwärtstrend. Gleichzeitig aber steuern Unternehmen entschlossen gegen. Innovation, KI, Digitalisierung und Effizienzsteigerung sind hierbei Schlüsselstrategien, um die Krise als Wendepunkt zu nutzen.
Die Studie basiert auf Tiefeninterviews mit 241 Entscheidern aus bedeutenden Industriebranchen in Deutschland. Sie bewertet die Wettbewerbsfähigkeit anhand einer Skala von -100 bis 100 Punkten und analysiert die zentralen Herausforderungen und Strategien der Industrie.
Die Ergebnisse zeigen, dass 81 Prozent der Firmen mit massivem Kostendruck kämpfen, während 79 Prozent im Innovationswettbewerb unter Zugzwang stehen. Betroffen sind die Branchen Automotive, Maschinen- und Anlagenbau sowie Chemie/Pharma und Konsumgüter.
„Innovationen voranzutreiben und gleichzeitig die Kosten zu senken, klingt nach einem unlösbaren Widerspruch“, sagt Patrick Siebert, Managing Director, Co-Head Deutschland und Co-Head European Corporate Transformation bei A&M. „Aber mit agilen Entwicklungsprozessen, dem Einsatz von KI und der Transformation von Supply Chains arbeitet die Industrie genau daran. Sie befindet sich keineswegs in Schockstarre.“
Bürokratie größter Standortnachteil
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die empfundene Überregulierung ist für 75 Prozent der Unternehmen der größte Standortnachteil. Im Vorjahr waren es noch 55 Prozent. Damit liegt der Faktor Bürokratie erstmals vor Energiekosten, Lohnkosten und Steuern als größte Belastung für die deutsche Industrie. Viele der befragten Manager beklagen vor allem, dass notwendige Reformen zu langsam oder gar nicht umgesetzt werden.
Als Konsequenz auf diese Standortnachteile plant jedes fünfte Industrieunternehmen für 2025 die Verlagerung von Produktion ins Ausland. In Schlüsselbranchen wie Maschinen- und Anlagenbau sowie Chemie/Pharmazie sind es sogar 25 Prozent. Besonders betroffen ist die Automobil- und Konsumgüterindustrie, die diesen Schritt bereits vollziehen.
Gleiches gilt für Forschung und Entwicklung. Mehr als 20 Prozent der Unternehmen planen, ihre Standorte ins Ausland zu verlegen, in der Automobilbranche sind es 27 Prozent. Das Label „Made in Germany“ wird ebenso wie „Engineered in Germany“ zunehmend zu einem Teil eines globalen Produktions- und Entwicklungsnetzwerks.
Transformation als Antwort
Trotz aller Herausforderungen und Abwanderungspläne zeigt sich die deutsche Industrie entschlossen, ihren Platz im globalen Wettbewerb zu behaupten. „Die Kosten deutlich zu senken und die Innovationen voranzutreiben, wird in der Industrie nur gelingen, wenn sich die Unternehmen klar auf ihre Kernkompetenzen fokussieren. In der Breite schlägt niemand den globalen Wettbewerb“, sagt Philipp Ostermeier, Managing Director und Co-Lead Corporate Transformation bei A&M. „Der Großteil der Unternehmen hat den unbedingten Willen, den Schwierigkeiten zu trotzen und alles zu tun, um die Zukunft erfolgreich zu meistern.“