Im Engagement um den Klimawandel und die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf unter 2 Grad Celsius tragen Unternehmen eine große Verantwortung. Entsprechend ambitioniert sind die politischen Vorgaben. Laut Klimaschutzplan sollen die Treibhausgasemissionen im Sektor Industrie bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 49 bis 51 Prozent sinken. Dies scheint dort für ein Umdenken zu sorgen. So beobachtet Dr. Christoph Zschocke eine Zunahme der Bedeutung von Klimamanagement: „Wir erhalten mehr Anfragen, um Unternehmen zu begleiten“, sagt der Geschäftsführende Gesellschafter von Ökotec Energiemanagement. Das seit 2016 mehrheitlich zum Veolia-Konzern gehörende Unternehmen beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit intelligenten Lösungen zur Reduktion des Energie- und Ressourcenverbrauchs in Industrie und Gewerbe. Zschocke wird in seiner Markteinschätzung vom Energieeffizienz-Index bestätigt, den die Universität Stuttgart zwei Mal im Jahr veröffentlicht. In der Erhebung von Anfang 2020 geben 60 Prozent der befragten Unternehmen an, sich bereits auf dem Weg zur Klimaneutralität zu befinden oder in diese Richtung sich zu bewegen.
Zusätzlich spielen hier steigende Anforderungen von Stakeholdern eine Rolle. Hierbei geht es laut Zschocke einerseits um eine höhere Transparenz von CO2-Daten innerhalb der Lieferkette, um (Teil-)Produkten spezifische CO2-Rucksäcke zuordnen zu können. Zum anderen ist die öffentlichkeitswirksame Positionierung ein Faktor. Der Gründer von Ökotec verweist hier auf die Bekanntgabe großer Unternehmen hinsichtlich der Klimaziele bis 2030. Allerdings verbindet er dies auch mit der Hoffnung, dass „die Zielerreichung insbesondere durch CO2-mindernde Entscheidungen und innovative Maßnahmen in den Unternehmen an sich erreicht wird und nicht allein durch den Bezug von Grünstrom oder die Kompensation in Klimaschutzprojekten“.
Individuelle Ansätze gefragt
Die Wege zur Klimaneutralität können verschieden sein, je nach Ausgangspunkt und zur Verfügung stehender Ressourcen. Ökotec unterstützt die Bemühungen der Unternehmen je nach Zielstellung und Bedarf nicht nur mit einem interdisziplinären Experten-Team, sondern auch mit ausgefeilten Methoden und digitalen Tools zur CO2-Reduzierung und -Vermeidung. „Um den Prozess an sich anzustoßen oder bei Bedarf mit einem bestehenden Umwelt- und Energiemanagement-System zu verzahnen, klären wir im ersten Schritt, welche Treiber vorherrschen, was die Zielstellung ist und stecken den Rahmen fest“, erläutert Zschocke. Der Corporate Carbon Footprint (CCF) betrachtet dabei alle THG-Emissionen, die im Rahmen der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens entstehen. Um die Leistung und den Fortschritt der CO2-Reduktion auf Basis eines anerkannten Standards transparent zu machen, empfiehlt Ökotec die Erstellung gemäß Greenhouse-Gas-Protokoll und der DIN EN ISO 14064. Für noch mehr Verbindlichkeit beim Thema Klimaneutralität soll die in der Entwicklung befindliche Norm DIN EN ISO 14068 sorgen.
Das konkrete Vorgehen folgt der festgelegten Strategie. Über eine THG-Bilanz werden alle Treibhausgase erfasst und anschließend nach Wesentlichkeit bewertet und priorisiert. Das ist dann laut Zschocke auch die Basis für die Abstimmung der jeweiligen Klimaziele. Für die Zielerreichung entwickelt das Unternehmen CO2-reduzierende Maßnahmen und begleitet auch bei der Umsetzung und der Erfolgskontrolle. Dazu zählt die Steigerung der Energieeffizienz von Verfahrenstechnologien und Prozessen ebenso wie Konzepte zur CO2-neutralen Versorgung oder die Integration Erneuerbarer in industrielle Prozesse.
Verschenkte CO2-Minderungspotenziale
Energieeffizienz, Klimaschutzmanagement und Dekarbonisierung sind komplexe Themen, mit denen Unternehmen sich zurzeit intensiver beschäftigen. Trotzdem sieht Zschocke ein viel höheres CO2-Minderungspotenzial in der Industrie, als das, was in den vergangenen 20 bis 30 Jahren umgesetzt wurde. Deshalb wundert er sich auch darüber, dass Themen wie Druckluftleckagen oder Umstellung auf LED in der heutigen Zeit noch als Highlights gelten: „Das sind doch Standards, die schon vor Jahren hätten umgesetzt werden müssen und heute nicht mehr Gesprächsthema sein sollten“, beklagt er.
Auch deshalb geht Ökotec mit seinen Konzepten und Lösungen tiefer in die Optimierung der eigentlichen Produktionsprozesse hinein. „Wir entwickeln seit über zehn Jahren innovative Lösungen zur Digitalisierung der Energieeffizienz und des Energiemanagements für Industrieunternehmen, um die richtigen Hebel für eine effiziente und kostenoptimierte Energieversorgung zu setzen“, betont der Geschäftsführer. Bei der eigenentwickelten Softwarelösung EnEffCo, handelt es sich laut Zschocke um „eine der innovativsten Plattformen für ein zukunftsweisendes Energie- und CO2-Management auf dem Markt“. Die Anwendungsgebiete reichen von der Anlagenüberwachung über die automatische Steuerung und Regelung von Anlagen bis hin zum Ausweis eines produktspezifischen CO2-Fußabdrucks. Letzteres wurde im von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten F+E Projekt „CO2realtime“ mit dem Anwendungsunternehmen Hydro Rolled Products entwickelt, um „alle Material-, Energie- und Emissionsströme in der Software zu erfassen und zu managen. Nur so können Ineffizienzen verbessert werden“, erläutert Zschocke.
Auswertung eingeleiteter Maßnahmen
Auch für die Überprüfung der Wirksamkeit von eingeleiteten Effizienz- und CO2-Minderungsmaßnahmen empfiehlt Ökotec ein kennzahlenbasiertes Monitoring. Hier hat man im Auftrag des Bundesumweltministeriums und gemeinsam mit dem Fraunhofer ISI und der Deutschen Initiative für Energieeffizienz (Deneff) eine entsprechende Methodik entwickelt. Mit der EnPI-Connect genannten Lösung sind Anlagen- und Fabrikbetreiber in der Lage, die Einsparungen durch Energieeffizienzmaßnahmen auf der Ebene von Systemen, wie etwa der Dampferzeugung, genau auszuwerten. Eine weitere Option ist der Aufbau von Frühwarnsystemen, die sich aktiv melden, wenn eine Anlage höhere Energieaufwände aufweist, als bei den aktuellen Produktionsbedingungen zu erwarten wäre. So lässt sich frühzeitig gegensteuern und Mehrkosten abwenden, betont Zschocke. Zudem ermöglicht EnPI-Connect ein Benchmarking vergleichbarer Anlagentechniken. Auch dieses bietet wertvolle Ansätze für Prozessoptimierungen.
Der Effizienz-Experte verweist hier auf die Bedeutung der auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnittenen Anforderungen der Energiekennzahlen. So bevorzugen Controller Auswertungen in „Euro“ oder „Euro pro Stück“, Nachhaltigkeitsbeauftrage dagegen eher in der Einheit „Tonnen CO2“.