CarbonFreed ist ein norddeutsches Greentech-Start-up, das mit „Gridcert“ jetzt eine neue KI-Software für das Netzanschlussverfahren von Solaranlagen an den Start gebracht hat. „Mit unserer digitalen Softwarelösung transformieren wir die Anlagenzertifizierung“, sagt CarbonFreed-Gründer Marko Ibsch. Gefördert wird das junge Unternehmen aus Meldorf vom Land Schleswig-Holstein: Digitalisierungsminister Dirk Schrödter überreichte CarbonFreed im September 2022 einen Zuwendungsbescheid über einen sechsstelligen Betrag, um die Entwicklung der KI-Software voranzutreiben.
KI sichtet große Datenmengen
Bei jeder Solaranlage größer als 135 kW, die in Deutschland ans Netz geht, muss projektspezifisch nachgewiesen werden, dass sie alle Anforderungen des Netzbetreibers einhält, um die Netzstabilität zu gewährleisten und die Systemsicherheit nicht zu gefährden. Dieser Prozess kann sehr zeitaufwendig sein, wie Ibsch betont: „Die Datenqualität ist vielfach nicht optimal und die Arbeitsschritte sind hochgradig manuell, was wahnsinnig viel Zeit kostet. Das wollen wir ändern, indem wir den Installationsbetrieben die Fleißarbeit abnehmen. Wir suchen die für die Zertifizierung notwendigen Daten von allen beteiligten Projektpartnern zusammen und erstellen am Ende einen in sich konsistenten Datensatz. Dieser kann dann von den Zertifizierungsstellen schnell bearbeitet werden.“
Das Ergebnis ist, dass die Anlagen deutlich früher ans Netz kommen und Strom einspeisen. Mittlerweile hat das CarbonFreed-Team mehr als 450 Zertifizierungen begleitet – bisher vor allen Dingen händisch, indem Ingenieure die Informationen gesichtet und ausgewertet haben. Diesen Prozess hat das Start-up jetzt mit „Gridcert“ digitalisiert.
Aus Sicht von Ibsch eignet sich Künstliche Intelligenz für diese Arbeit perfekt: „Eine KI ist sehr gut darin, große Datenmengen schnell zu sichten. In der Elektrotechnik ist zum Glück fast alles mit Schlüsselwörtern und DIN-Zeichen versehen und standardisiert. Die nötigen Daten sind für eine intelligente Software also in der Regel gut zu erkennen.“
Anlagenzertifikate sechsmal schneller ausstellen
Der KI-Algorithmus übernimmt die Sucharbeit der benötigten Informationen, damit anschließend die Bewertung gegen die entsprechenden Anforderungen des Projekts stattfinden kann. Durch die Aufbereitung der Informationen und einer vorbereitenden Bewertung haben die Ingenieure in den Zertifizierungsstellen mehr Zeit für die wichtigen finalen Zertifizierungsentscheidungen. „Wir gehen davon aus, dass Zertifizierungsstellen dank unserer Software künftig Anlagenzertifikate sechsmal schneller ausstellen können als vorher“, sagt Ibsch.
Zusätzliches Personal reicht nicht
Dass Zertifizierungen oft langwierig sind, hat auch mit dem Fachkräftemangel in den Zertifizierungsstellen zu tun: „Die Zertifizierungsstellen schaffen bundesweit pro Jahr etwa 1.500 bis 2.000 größere Solaranlagen. Das entspricht einer Kapazität von 5 GW“, rechnet Ibsch vor. „Wir brauchen aber rund 10.000 Anlagen pro Jahr mit einer Kapazität von 15 GW, damit wir die Ausbauziele der Bundesregierung schaffen und den Umbau des Energiesystems hin zu den erneuerbaren Energien realisieren können.“
Diese Steigerung lässt sich laut dem CarbonFreed-Gründer nicht allein mit zusätzlichem Personal erreichen. „Egal mit wem wir sprechen – ob Zertifizierer, Netzbetreiber, PV-Entwickler –, alle stöhnen, weil der Ablauf der Netzanschlusszertifizierung so komplex, manuell und zeitraubend ist, dass sich die Elektroingenieure kaum um zusätzliche Anlagen kümmern können. So werden wir die Zubauzahlen nie in den Bereich kriegen, den wir eigentlich benötigen.“
Die Lösung sollen intelligente Softwaresysteme wie „Gridcert“ sein. Ibsch: „Wir beschleunigen den gesamten Zertifizierungsprozess bei allen beteiligten Parteien und kriegen damit noch mehr Solaranlagen ans Netz.“