Strom und Wärme direkt im Eigenheim erzeugen - diese Idee scheint immer mehr Eigenheimbesitzer zu überzeugen: Zwischen dem 1. April und dem 15. August 2012 stellten Immobilienbesitzer bereits knapp 2100 Förderanträge beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) um Mini-Blockheizkraftwerke (Mini-BHKW) zu installieren. Aber auch Energieversorger können von diesem Trend profitieren, indem sie die Mini-BHKW zu virtuellen Kraftwerken zusammenschalten. Eine geeignete Kommunikation vorausgesetzt lassen sich die kleinen Kraftwerke per Software von Energieversorgern steuern.
Management per Knopfdruck
Das System der Deutschen Telekom besteht aus drei Modulen:
Das erste Modul stellt eine sichere Datenverbindung her, liest die Daten aus und überträgt sie an ein Portal, mit dem sich die Anlagendaten visualisieren lassen. Das zweite Modul enthält die Installation eines Zählers und eines Gateways, das Metering für Gas, Wärme und Strom sowie die Sensoren für Vor- und Rücklauf der Heiztemperatur und eine Software für die lokale Betriebsoptimierung. Mit dem dritten Modul erhalten Versorger ein Komplettpaket einschließlich einer Lösung für dezentrale Erzeugung und Lastmanagement. Damit steuern sie ihre Minikraftwerke im Verbund selbst und können den Betrieb nach verschiedenen Aspekten ausrichten. Beispielsweise, bei welchem Preis sich der Einkauf von Strom an der Börse lohnt, bei welchem der virtuelle Kraftwerkspark startet oder wie sich Lastspitzen langfristig vermeiden lassenDamit Entscheider bei der Steuerung der Mini-BHKW die richtigen Maßnahmen treffen, sammelt die Software automatisch im Hintergrund Informationen - zum Beispiel über das Wetter in den folgenden Stunden oder über Ressourcen.
Die Software bereitet diese Daten auf und gibt priorisierte Handlungsempfehlungen. Die Software erlaubt aber nicht nur Energieversorgern den Blick auf die Verwaltung der Mini-Kraftwerke, sondern auch anderen Nutzergruppen. So können sich beispielsweise Wartungspartner, Installateure oder Hersteller in das Portal einloggen, aus der Ferne spezifische Informationen abrufen oder die Anlage administrieren.
Sichere Kommunikation
Beim Management der Kraftwerke sollten jedoch auch Aspekte wie das Bearbeiten von Massendaten, leistungsfähige Schnittstellen, komfortable Applikationen oder Sicherheit eine Rolle spielen. Die Computerwürmer Stuxnet und Flame haben gezeigt, dass Angriffe auf Industrieanlagen heutzutage gut organisiert und sehr komplex sind. Bei der Fernwartung der BHKW-Anlagen ist daher eine sichere und verschlüsselte Ende-zu-Ende-Kommunikation unerlässlich. Künftig soll die Kommunikation zwischen Leitstand und Gateway deshalb einem gesonderten Schutzprofil unterliegen - analog zum Smart Metering.
Energieversorger profitieren nicht nur versorgungstechnisch von den Mini-BHKW, sondern auch bei der Kundenbindung. Viele Energieunternehmen wählen zum Betrieb ihrer Mini-BHKW ein Contracting-Modell. Sie vermieten oder verkaufen ihren Privatkunden nicht nur die Anlage, sie liefern ihnen gleichzeitig Erdgas oder Biogas für deren Betrieb. Die Wärme nutzt der Kunde selbst, den Strom speist der Energieversorger ins Netz ein.
Um den Wärmebedarf eines Hauses zu decken, muss die Anlage nur wenige Stunden am Tag laufen. Da die Wärme gespeichert und bei Bedarf für Dusche oder Heizung abgerufen wird, kann der Energieversorger die Anlage sehr flexibel aus der Ferne nach seinen Bedürfnissen steuern und gezielt Angebotsschwankungen im Netz ausgleichen. Der Vorteil für Verbraucher: Da die Anlagen einen Wirkungsgrad von rund 90 Prozent aufweisen, erhalten sie kostengünstig eine umweltfreundliche Heizung, um deren Wartung sie sich nicht zu kümmern brauchen. Der Vorteil für Versorger: Sie binden Kunden langfristig an ihr Unternehmen und bauen gleichzeitig eine umweltfreundliche Versorgungsstruktur auf, in die sie wenig Kapital investieren müssen.
Bei der Markteinführung von BHKW ist auch die Akzeptanz durch Verbraucher entscheidend. So zeigt sich, dass durch das Wissen, an einem umweltfreundlichen Energieverbund teilnehmen zu können, die Akzeptanz deutlich steigt. Darüber hinaus spielen auch Komfort und Funktionalität eine große Rolle. Mit einer App für Smartphones und Tablet-PCs kann der Endkunde außerdem seinen Wärme- und Strombedarf zu Hause oder von unterwegs steuern.
Vom Nischen- zum Massenmarkt
Auch die Bundesregierung hat die Vorteile der kleinen Kraftwerke erkannt und will bis zum Jahr 2020 den Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) an der Stromerzeugung von derzeit rund 16 auf 25 Prozent steigern. Deshalb hat der Bundestag neue Förderrichtlinien beschlossen. Für Mini-KWK-Anlagen bis 20 kW gibt es seit dem 1. April Fördermittel. Kleine Anlagen, die für Ein- und Zweifamilienhäuser geeignet sind, erhalten 1500 Euro, etwas größere Anlagen 3450 Euro Zuschuss.
Dabei ist ihre Leistung etwa gleich verteilt: 29 Prozent der Anlagen weisen eine elektrische Leistung unter 3kW auf, 34Prozent liegen zwischen 3 und 10 kW und 37 Prozent im Segment 11 bis 20 kW. Nach Auskunft der Bundesregierung stehen für das Jahr 2012 rund 10Millionen Euro an Fördermittel zur Verfügung. Bis zum 15. August 2012 waren diese lediglich zu rund 26 Prozent verplant. Für 2013 hat die Bundesregierung die Mittel sogar auf 20 Millionen Euro aufgestockt.
Dass das Geld sinnvoll investiert ist, zeigt folgendes Beispiel: Knapp 30Prozent der Energie in Deutschland werden in privaten Gebäuden verbraucht. Insgesamt existieren rund vier Millionen Gewerbe- und 17 Millionen Wohnimmobilien. Drei Viertel der privat genutzten Gebäude sind älter als 30 Jahre, aber ihre Sanierung kommt nur langsam voran. Viele Häuser benötigen eine neue Heizung. Im Idealfall eine, die bezahlbar, flexibel, umweltfreundlich und auf lange Sicht kostengünstig ist. Mit Contracting steigern Immobilienbesitzer die Energieeffizienz, ohne aufwendig in die Gebäudehülle investieren zu müssen.