In Sachen Breitbandausbau gehört Deutschland zu den „Entwicklungsländern“. Denn Deutschland rangiert mit den eigentlich sehr schnellen Glasfaserleitungen, bis zum Hausanschluss mit mindestens 1000 Megabit, gerade mal auf Platz 28 von 32 europäischen Staaten. Besonders schlecht ist die Versorgung im ländlichen Raum.
Aktuell fördert die Bundesregierung den Ausbau der Versorgung in ländlichen Regionen mit 4 Milliarden Euro. Allerdings werden in einigen Bundesländern die Fördermittel etwas zögerlich abgerufen. Welche Hürden, Herausforderungen und Lösungsansätze es in diesem Zusammenhang gibt, war Thema des Breitband-Infrastrukturtages. Zu diesem luden die Lapp Gruppe und der Verteilnetzbetreiber Netze BW rund 70 Dienstleister und Entscheider aus Baden-Württemberg ein.
„Der Breitbandausbau boomt, deshalb gibt es Kapazitäts-Probleme beim Bau und das führt zu Verzögerungen. Mit dem Infrastrukturtag wollen wir alle Beteiligten an einen Tisch bringen und so dazu beitragen, den Breitbandausbau weiter voranzubringen“, erklärte Norbert Krämer, Key Account Manager EVU/Telecom und bei der Lapp Gruppe verantwortlich für den Breitbandmarkt in Deutschland.
Vielfältige Lösungsansätze
Viele Unternehmen stellten ihre Lösungen vor. Ein Vertreter der Firma Leonhard Weiss präsentierte beispielsweise Alternativen zum Leitungsbau, etwa durch Fräsen oder Pflügen, die schneller und preisgünstiger seien als herkömmliche Methoden. Rehau zeigte die eigenen Kabelrohrsysteme und Werkzeuge und Rhön-Montage Fernmeldebau demonstrierte, wie die Hitronic-Glasfaserkabel von Lapp vor Ort an der Baustelle teilweise kilometerweit in die Kabelrohre eingeblasen werden.
Wie man planerisch und rechtlich auf der sicheren Seite ist, stellten zwei Fachanwälte von Iuscomm vor, die Städte und Gemeinden beim Auf-und Ausbau der Breitbandinfrastruktur beraten. Netze BW gab Einblicke in die Komplexität laufender Ausbauprojekte und empfahl den Landkreisen, ausreichend Mitarbeiter vorzusehen. Auch Generalunternehmerschaften beispielsweise mit Energieversorgern könnten zur Kostensenkung und Beschleunigung beitragen. Praktische Beispiele dazu lieferten zwei Breitbandspezialisten vom Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald und vom Landkreis Karlsruhe.
Die Zeit drängt
Ziel der Bundesregierung ist es, dass bis Ende 2018 jeder Haushalt Zugang zu einer Internetgeschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde hat. Darauf stellt sich bereits auch die Deutsche Telekom ein. Sie lässt zwar hochleitungsfähige Glasfaserleitungen verlegen, aber nur bis zu den Verteilerkästen an der Straße. Bis zu den Wohnungen kommen die herkömmlichen Kupferleitungen zu Einsatz.
Bis jetzt hätten nur zwei Prozent der Haushalte einen direkten Glasfaseranschluss ins Gebäude. „Der Bedarf an Bandbreite wird aber rasch weiter steigen. Internet-Fernsehen oder der neue 5G Mobilfunkstandard brauchen viel höhere Bandbreiten. Kupferbasierte Anschlüsse können mit Glas nicht mithalten“, betonte Bernhard Palm, Geschäftsführer der NetCom BW, einem Unternehmen der EnBW, das in Baden-Württemberg bereits heute 10.700 km Glasfasernetz betreibt und damit über eines der größten Backbone-Netze im Land verfügt.
Förderung nur unter den richtigen Voraussetzungen
Was mit den Milliarden an Fördergeldern von Bund und Land passiert, erklärte Dr. Michael Zügel, Leiter des Referats Breitbandförderung im baden-württembergischen Innenministerium. Er betonte: „Breitbandausbau ist zunächst eine Aufgabe der Telekommunikationsunternehmen. Diese arbeiten gewinnorientiert und bauen nur dort aus, wo es sich wirtschaftlich rechnet. Wir dürfen nur dort fördern, wo der Markt versagt und ein privater Eigenausbau nicht stattfindet. Das ist vor allem im ländlichen Raum der Fall.“ Gefördert würden vom Land nur Glasfaserprojekte, keine Kupferanschlüsse.
Kritik an Zusammenarbeit der Anbieter
Kritisiert wurde von den Teilnehmern auch das DigiNetz-Gesetz. Ziel dieses Gesetzes ist die Beschleunigung und Kostensenkung beim Breitbandausbau. Öffentliche Versorgungsunternehmen wie Strom-, Gas-, Wasserwerke und Telekommunikations-Netzbetreiber sollten ihre Infrastruktur für Mitbewerber öffnen. Deshalb ist von ungleichen Investitionsbedingungen die Rede, bestimmte Investitionen würden dadurch sogar entwertet. Dies hätte zur Folge, dass bei Investitionen manche Telekommunikationsunternehmen lieber abwarten, bis ein anderer Marktpartner investiert. „Wer sich zuerst bewegt, verliert“, brachte es Matthias Groß von Netze BW auf den Punkt. Auch Michael Zügel gab zu: „Das DigiNetz-Gesetz ist nicht gut gemacht. Das hat auch der Bund erkannt und arbeitet daran.“