Fördertechnik durchgängig digitalisieren Charakterrolle: Smarte Automatisierung von Förderanlagen

Turck – Hans Turck GmbH & Co. KG

In der neuen Generation seiner Förderanlagen nutzt SSI Schäfer die „Conveyor Control Unit“ CCU, ein von Turck entwickeltes CAN-I/O-Modul zur Steuerung der Trommelmotoren und Erfassung der Sensordaten.

Bild: SSI SCHÄFER
14.03.2025

Steigende Anforderungen an Energieeffizienz, kurze Time-to-Market und maximale Verfügbarkeit stellen Unternehmen in der Intralogistik vor neue Herausforderungen. Insbesondere die Digitalisierung der Fördertechnik spielt eine entscheidende Rolle, um Prozesse effizienter zu gestalten und eine vorausschauende Wartung zu ermöglichen. Eine Steuerungs- und Stromversorgungslösung für Rollenmotoren bietet hier eine effiziente, dezentrale Alternative zu herkömmlichen Netzteilarchitekturen.

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Viele Menschen hierzulande berühren regelmäßig ein Produkt von SSI Schäfer, denn die Hausmülltonne, die sie an den Straßenrand stellen, stammt häufig aus dieser Unternehmensgruppe. Die Prominenz ihrer Mülltonnen sollte aber nicht zu falschen Rückschlüssen über die Produktvielfalt der Gruppe verleiten, die am Hauptsitz in Neunkirchen/Siegerland die vielen Teilunternehmen koordiniert. Mit mehr als 80 Gesellschaften und rund 8.600 Mitarbeitenden erwirtschaftet die Unternehmensgruppe etwa 1,9 Milliarden Euro Umsatz und ist heute einer der weltweit führenden Lösungsanbieter für die Intralogistik. Möglich wird das durch ein Produktportfolio, das heute die gesamten Anforderungen der Logistik abgedeckt angefangen bei nachhaltigen Behältersystemen, über Fördertechnik für Klein- und Großladungsträger, bis zu komplexen Gesamtlösungen in der Intralogistik, inklusive Software für den innerbetrieblichen Materialfluss und begleitende Dienstleistungen.

Innerhalb der SSI Schäfer Gruppe produziert und entwickelt der Standort im österreichischen Graz unter anderem Behälterfördertechnik. Dort überlegten Christian Steiner, Produktmanager Conveyor Control, und seine Kollegen Ende 2018, welche Anforderungen die Förderanlagen der nächsten Generation erfüllen sollten. Als Produktmanager ist Steiner auch für die Automatisierung und Steuerung der Fördertechnik verantwortlich. Teil des Projektteams war seinerzeit auch Hansjörg Lerchster als Project Manager R&D. Heute ist Lerchster als Product Owner und Business Operations Manager bei dem durch SSI Schäfer gegründeten Startup SupplyBrain verantwortlich für die Entwicklung von Predictive-Maintenance-Lösungen und anderen datenbasierten Services für Intralogistikanlagen.

Digitalisierung der Fördertechnik

Die nächste Generation der Fördertechnik sollte weitestgehend digital automatisiert und gesteuert werden. Die bisher eingesetzten Rollenmotoren mit analoger Steuerung und die dazugehörigen Steuermodule konnten die gestiegenen Anforderungen nicht mehr erfüllen. Die Motorrollenantriebe der nächsten Generation sollten daher durchgehend digital gesteuert werden. Da Interroll als Lieferant und Hersteller der eingesetzten Motorrollen den CAN-Bus nutzt, war dieses Feldbusprotokoll auch für die I/O- und Steuerungstechnik gesetzt, nachdem die Entscheidung für die Motorrollen dieses Anbieters gefallen war. Die neueren Motoren sollten zudem nicht mehr mit 24 Volt, sondern mit 48 Volt versorgt werden. Der höhere Spannungsbereich erlaubt kleinere Kabelquerschnitte und aufgrund geringerer Verluste längere Leitungen und somit größere Netzteile mit besserem Wirkungsgrad.

Keine perfekte I/O-Lösung am Markt

SSI Schäfer begab sich am Markt auf die Suche nach Systemen, die eine Datenanbindung zu den Motorrollen mit CAN-Schnittstelle, die geforderte 48-Volt-Spannung sowie Profinet-Kommunikation zur Steuerung der Anlagen bieten konnte. Die Geräte sollten robust in Schutzart IP67 zur direkten Installation an den Förderbändern ausgeführt sein. Die perfekte Lösung dafür war am Markt nicht vorhanden: „Man konnte zwar auch CAN-Bus-Steuerungen am Markt kaufen, aber wir wollten eine SSI Schäfer Lösung, die wirklich auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist“, erklärt Steiner die damalige Ausgangssituation. Nach einem ersten Kontakt mit Turck auf der SPS-Messe in Nürnberg prüfte der Automatisierungsspezialist, ob man eigene I/O-Lösungen entsprechend den Anforderungen von SSI Schäfer modifizieren konnte. So viel vorab, man konnte.

CCU-Modul spart separate I/O-Module ein

Das daraufhin von Turck weiterentwickelte I/O-Modul TBEN-LL-4RM-4DI-4DXP zur Steuerung von CAN-Rollenmotoren firmiert bei SSI Schäfer nun als Conveyor Control Unit, kurz CCU. Neben der 48-Volt-Spannung für die Rollenmotoren und 24 Volt für klassische Aktoren, CAN-Kommunikation zum Motor und Profinet-Kommunikation zur Steuerung waren digitale Ein- und Ausgänge für externe Trigger-Signale oder Aktoren eine weitere Anforderung. Zusätzlich zu vier klassischen I/Os stehen auf dem Modul vier DXP-Ports bereit, die wahlweise als Ein- oder Ausgang genutzt werden können. „Wir haben mit dem Modul jetzt die Möglichkeit, mehr Sensordaten einzusammeln, genauer gesagt die doppelte Anzahl an I/Os im Vergleich zum Vorgängermodul. Früher mussten wir zusätzlich I/O-Module anderer Hersteller verwenden, um die Signale der Sensorik einzusammeln“, erklärt Lerchster den Vorteil der neuen CCU. „Das können wir heute zusammenfassen. Zudem wird die Lösung durch die Buskommunikation Plug-and-Play-fähig.“

Automatische Adressvergabe

Vorteile zeigen sich auch bei der vereinfachten Montage und Inbetriebnahme der CCU-Module. „Die Adressvergabe erfolgt jetzt automatisch. Wir haben von den im Bau befindlichen Werken sehr gutes Feedback erhalten. Das CCU-Modul sei einfach zu installieren und auch das Fehlerhandling ist sehr gut. Es wird direkt angezeigt, welche Motorrolle nicht funktioniert. Das war mit der alten Technik so nicht möglich“, schildert Steiner die Rückmeldungen seiner Kollegen.

Die Einführung der neuen Motorrollen läuft sukzessive seit 2021. SSI Schäfer produziert jährlich über 100 km Fördertechnik. Die Motorrollen sind in verschiedenen Produktgruppen integriert, von geraden Förderbändern über Kurven und Schrägrollen bis hin zu komplexen Ausrichtern. Aufgrund der umfangreichen Umstellungen und Anpassungen in den Konstruktionszeichnungen erfolgt so eine Umstellung nicht über Nacht.

Zukunftssicherheit und Modularität

Die CCU-Module bieten durch ihre digitale Ansteuerung vielseitige Möglichkeiten zur Optimierung und Automatisierung. Die Option, die Module sowohl über Profinet als auch über I/O-Signale anzusteuern, sorgt für hohe Flexibilität und Rückwärtskompatibilität. Diese Flexibilität ermöglicht es dem Intralogistikspezialisten, auch ältere Anlagen mit der neuen Technik nachzurüsten. Über die Feldbusschnittstelle können die Motoren nicht nur präziser gesteuert werden, parallel zur zyklischen Prozesskommunikation der Betriebsdaten können Zustandsdaten, etwa die Temperatur oder Betriebsparameter, wie ihre Betriebsstunden übertragen werden. „Mit der neuen Firmware des Moduls können wir dies nicht nur über Profinet, sondern auch über die I/O-Signale ansteuern. Das bietet uns die Möglichkeit, die Module auch im Kontext von Geräten mit Software einzusetzen, die noch nicht mit Profinet arbeiten kann“, ergänzt Steiner. Auch wenn nicht jede Option heute schon im vollen Umfang genutzt wird, schätzt man bei SSI Schäfer die Flexibilität und Zukunftssicherheit, die das CCU-Modul von Turck bietet.

Zukunftssicherheit und Modularität

Das Projekt starteten Turck und SSI Schäfer mitten in der Corona-Pandemie und damit genau in der Zeit der Lieferkettenprobleme. „Neben der verbesserten Kosteneffizienz und dem, was wir technisch erreicht haben, war für mich die Zusammenarbeit mit Turck ganz entscheidend. Die habe ich als sehr partnerschaftlich, auf Augenhöhe und zielorientiert erlebt, trotz der Herausforderungen in der gemeinsamen Entwicklung“, erinnert sich Lerchster an die Arbeit im Projekt. „Wir sind weiterhin sehr zufrieden, auch mit den laufenden Aktivitäten wie Firmware-Updates et cetera.“, ergänzt sein Kollege Steiner.

Bildergalerie

  • Turck hat sein I/O-Modul TBEN-LL-4RM zur Steuerung von CAN-Rollenmotoren und zur Digitalisierung der Förderstrecken exakt auf die Anforderungen von SSI Schäfer zugeschnitten.

    Turck hat sein I/O-Modul TBEN-LL-4RM zur Steuerung von CAN-Rollenmotoren und zur Digitalisierung der Förderstrecken exakt auf die Anforderungen von SSI Schäfer zugeschnitten.

    Bild: SSI SCHÄFER

  • Die Förderstrecken von SSI SCHÄFER lassen sich mit dem dezentralen CCU-Modul deutlich effizienter und montagefreundlicher aufbauen, testen und betreiben – die Möglichkeit vorausschauender Wartung inklusive.

    Die Förderstrecken von SSI SCHÄFER lassen sich mit dem dezentralen CCU-Modul deutlich effizienter und montagefreundlicher aufbauen, testen und betreiben – die Möglichkeit vorausschauender Wartung inklusive.

    Bild: SSI SCHÄFER

  • „Wir haben mit dem Modul jetzt die Möglichkeit, mehr Sensordaten einzusammeln, genauer gesagt die doppelte Anzahl an I/Os im Vergleich zum Vorgängermodul. Früher mussten wir zusätzlich I/O-Module anderer Hersteller verwenden“, so Hansjörg Lerchster, SSI Schäfer.

    „Wir haben mit dem Modul jetzt die Möglichkeit, mehr Sensordaten einzusammeln, genauer gesagt die doppelte Anzahl an I/Os im Vergleich zum Vorgängermodul. Früher mussten wir zusätzlich I/O-Module anderer Hersteller verwenden“, so Hansjörg Lerchster, SSI Schäfer.

    Bild: SSI SCHÄFER

  • In der neuen Generation seiner Förderanlagen nutzt SSI Schäfer die „Conveyor Control Unit“ CCU, ein von Turck entwickeltes CAN-I/O-Modul zur Steuerung der Trommelmotoren und Erfassung der Sensordaten.

    In der neuen Generation seiner Förderanlagen nutzt SSI Schäfer die „Conveyor Control Unit“ CCU, ein von Turck entwickeltes CAN-I/O-Modul zur Steuerung der Trommelmotoren und Erfassung der Sensordaten.

    Bild: SSI SCHÄFER

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