Das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende – das auch das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) umfasst – gab den Startschuss für den Rollout im intelligenten Messstellenbetrieb. Stadtwerke und Netzbetreiber müssen nun die gesetzlichen Pflichten eines grundzuständigen Messstellenbetreibers (gMSB) zukunftsfähig umsetzen. Im Rahmen von größeren Sanierungen, Neubauten oder Turnuswechseln sind zumindest moderne Messeinrichtungen einzubauen. Bis Ende 2017 wird die Marktverfügbarkeit von Smart Meter Gateways und deren Zertifizierung durch das BSI erwartet. Damit steckt der Gesetzgeber für bestimmte Kundensegmente den verbindlich definierten Zeitrahmen für den Rollout intelligenter Messsysteme ab – gestaffelt nach Stromverbrauch.
Das MsbG greift tief in etablierte Marktstrukturen der Energiewirtschaft ein. Zum einen sind zusätzliche technische Komponenten zu installieren und zu verwalten. Andererseits entstehen neue Marktrollen und Aufgaben, mit denen gleichzeitig eine buchhalterische Entflechtung energiewirtschaftlicher Prozesse verbunden ist. Konkret müssen die Einbaupflichten des MsbG umgesetzt und organisiert werden – also Auswahl, Beschaffung, Rollout/Inbetriebnahme und Betrieb der digitalen Zähler und der Smart Meter Gateways.
Außerdem ist die Prozesslandkarte um die Marktrollen gMSB und wettbewerblicher Messstellenbetreiber (wMSB) zu erweitern. Das schließt die Tätigkeit der Gateway Administration (GWA) für den „neuen“ Messstellenbetreiber ein – egal ob gMSB oder wMSB. Der Gesetzgeber schreibt jedoch verbindlich vor, die GWA-Funktion unabhängig von der Messwerterfassung zu behandeln. Denn MSB steht es grundsätzlich frei, diese Aufgabe an spezialisierte Dienstleister zu übertragen.
Aufbau und Betrieb einer intelligenten Messinfrastruktur stellen eine hochkomplexe Aufgabe dar. Gemessen an der konventionellen Zähler-Landschaft ist eine deutlich höhere IT-Unterstützung und Prozessautomatisierung notwendig. Denn neben den technisch-organisatorischen Herausforderungen definieren die regulatorischen Vorgaben sehr enge Preisobergrenzen – in Verbindung mit der Festlegung von Standardleistungen des Messstellenbetriebs. Vereinfacht formuliert ist das Messwesen künftig unabhängig vom Netzbetrieb zu behandeln.
Somit ist mit der Installation der ersten modernen Messeinrichtungen oder Smart Meter automatisch auch die buchhalterische Trennung des intelligenten Messbetriebs vom traditionellen Verteilnetz- und Zählermanagement vorgeschrieben. Selbst wenn anfangs nur wenige Messpunkte zu verwalten sind, müssen Stadtwerke und Netzbetreiber neue oder zusätzliche Infrastruktur, IT-Systeme und Applikationen realisieren.
Das Diktat gesetzlich fixierter Preisobergrenzen
Gesetzlich fixierte Preisobergrenzen werfen unmittelbar die Frage nach der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung auf. Erlaubt sind pro moderner Messeeinrichtung jährlich knapp 17 Euro und pro intelligentem Messsystem durchschnittlich 106 Euro. Davon stehen nach Abzug des fälligen Technik-, Logistik-, Kommunikations- und Personalaufwands gerade einmal rund fünf Euro beziehungsweise 23 Euro für den anteiligen IT-Betrieb zur Verfügung.
Beim Personalaufwand zählt wiederum die mögliche Betreuungszeit: Der Prozess zur Inbetriebnahme eines Gateways umfasst beispielsweise rund 78 Einzelschritte. Etwa die Hälfte davon fällt in den IT-Systemen des MSB und GWA an. Kalkulatorisch steht damit pro Gateway im jährlichen Normalverlauf für Inbetriebnahme, Betrieb und Außerbetriebsetzung in den IT-Systemen eine „maximale Aufmerksamkeitsdauer“ von rund fünf Minuten zur Verfügung.
Selbst große Energieversorgungsunternehmen werden zu Beginn in der Regel nicht genügend intelligente Messpunkte mitbringen, um unter der Preisobergrenze wirtschaftlich erfolgreich arbeiten zu können. Zu beachten ist zusätzlich, dass die Anwendungen der traditionellen Zählerlandschaft langfristig zu pflegen sind. Denn das MsbG sieht eine vollständige Smart-Metering-Infrastruktur frühestens in 15 Jahren vor.
Der zuständige MSB muss also einerseits aus Effizienzgründen eine systemübergreifende automatisierte Prozessdurchführung etablieren. Das heißt, die energiewirtschaftliche Anwendung im Backend muss sich reibungslos mit den Lösungsbausteinen zur Gateway-Administration und dem Messdatenmanagement integrieren. Außerdem muss sie diskriminierungsfrei mit Systemen anderer Marktteilnehmer wie einem Lieferant oder Netzbetreiber kommunizieren. Andererseits gilt es, die Frage der Refinanzierung der IT-Investitionen kritisch zu bewerten, um die eigene Finanzkraft, insbesondere zum Rollout-Beginn mit einer überschaubaren Anzahl an Messpunkten nicht zu gefährden.
Gleichzeitig müssen die IT-Prozesse mit der Zahl der Messpunkte wachsen, um in der Endausbaustufe die Massendatenfähigkeit zu gewährleisten. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit Blick auf die sensiblen Verbrauchsdaten für den IT-Betrieb der Gateway-Administration hohe Schutzanforderungen definiert. Bevor das erste Smart-Meter-Gateway angeschlossen werden darf, sind die Konformität zu den Technischen Richtlinien für sichere Smart-Meter-Gateway-Kommunikation und den RZ- und Anwendungs-Betrieb zu belegen. Die Regelung sieht vor, ein Information Security Management System (ISMS) einzuführen und zu zertifizieren.
Make or buy?
Mit Blick auf die MSB-Tätigkeit müssen Stadtwerke und Netzbetreiber klären, welche unternehmerischen Risiken akzeptabel sind. Im Kontext von Wirtschaftlichkeit und möglichst schneller Verfügbarkeit ist die Frage der eigenen IT-Leistungstiefe und Leistungserstellung – also des make or buy – abzuwägen. Auf Seiten des Kunden- und Abrechnungsmanagements sind in der Gesamtkostenbetrachtung die Anpassung der Bestandssysteme, die Ausweitung der Lizenzgebühren sowie der zeitliche Projektaufwand einer neuen Lösung (etwa aus der Cloud) gegenüberzustellen. Bezogen auf die Umsetzung der GWA-Tätigkeit kommt hinzu, dass es sich hier um weithin standardisierte Prozesse handelt, die nur bedingt Differenzierungsspielraum bieten.
Zudem belasten die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsvorgaben für den IT-Betrieb das Budget. Allein für die Zertifizierung fällt initial eine hohe sechsstellige Summe an. Alternative Lizenzierungs- und Betriebsmodelle können das Investitionsrisiko verringern. Wenn etwa wie im Falle von Cloud-Computing die CAPEX (capital expenditures) von „verbrauchs“-abhängigen OPEX (operational expenditures) ersetzt werden. Mit iMSB setzt BTC eine Lösungsoption als Software-as-a-Service (Saas) aus der Cloud um.
Diese Lösung für die Aufnahme eines intelligenten Messstellenbetriebs bietet zum einen Planungssicherheit und zum anderen Variabilität. Bei Cloud-Diensten entfällt das Risiko einer hohen Anfangsinvestition und eines langwierigen Projektvorhabens nahezu vollständig. Gemäß den Gesetzmäßigkeiten des SaaS/Cloud-Konzepts erfolgt die Abrechnung im Betrieb transparent nach „Verbrauch“ mit einem zählpunktbasierten Preismodell. Dieses Modell orientiert sich an den vorgegebenen Preisobergrenzen.
Ein Cloud-/SaaS-Angebot hilft Stadtwerken und Netzbetreibern, schneller und zu niedrigeren Kosten am Markt zu sein, als dies mit einer selbst erstellten Lösung der Fall wäre. Die Unternehmen können sich vollständig auf fachliche Aufgaben, etwa den Ausbau der Kundenbeziehungen bei der Wohnungswirtschaft konzentrieren, ohne sich mit IT-spezifischen Fragestellungen wie der Skalierbarkeit oder ISO-Zertifizierung des Betriebs übermäßig zu belasten.
Ein weiterer Vorteil des Cloud-Konzeptes ist, dass der Betreiber die Anwendung von Haus aus auf dem neuesten Stand hält. Fortlaufender Feinschliff oder kurzfristige Anforderungsänderungen können viel entspannter verfolgt werden. Zudem ist eine Entscheidung für unterschiedliche Leistungselemente nicht in Stein gemeißelt, sondern kann neu bestimmt werden, wenn beispielsweise eine definierte Zählpunkte-Anzahl erreicht ist oder die Rolle des wMSB in weiteren Regionen wahrgenommen wird.