Prof. Dr. Uwe Riedel Schlüsselbaustein der Wärmewende

Prof. Dr. Uwe Riedel ist der Direktor des 2019 gegründeten DLR-In­stituts für CO2-arme Industrieprozesse in Cottbus und Zittau und in dieser Funktion verantwortlich für den wissenschaftlichen Aufbau. Gleichzeitig ist er Professor an der Brandenburgischen TU Cottbus-Senftenberg und vertritt dort das Fachgebiet Dekarbonisierte Industrieprozesse.

Bild: DLR
23.10.2023

Auf dem Weg zu einem nachhaltigen und klimaneutralen Energiesystem rücken die energieintensiven Industrien immer mehr in den Fokus. Die Reduzierung des CO2-Ausstoßes aus industriellen Prozessen steht deshalb im Mittelpunkt der Forschung des Instituts für CO2-arme Industrieprozesse des DLR. Einen Beitrag zur Umsetzung der Wärmewende in der Industrie leistet das Institut insbesondere mit der Erforschung von Hochtemperatur-Wärmepumpen und der Pilotanlage CoBra (Cottbuser Brayton Prozess). Ziel der Entwicklung ist es, Wärmepumpen mit einer Abgabetemperatur deutlich über 200 °C zur Verfügung zu stellen.

Für die Minimierung von Schadstoff- und CO2-Emissionen müssen neue Wege gefunden werden. Besonders relevant für industrielle Prozesse werden hierfür zukünftig die Hochtemperatur-Wärmepumpen sein. Damit sind Wärmepumpen gemeint, die einen Bereich zwischen 150 und 400 °C abdecken können.

Dass andere Wege eingeschlagen werden müssen, zeigt ein Blick auf den aktuellen Status: Die Industrie ist insgesamt betrachtet, wenn es um CO2-Emissionen geht, der Sektor mit den zweithöchsten Emissionen – nach der Energiewirtschaft. Etwa 70 Prozent des Energiebedarfs besteht aus Prozesswärme, gefolgt von 21 Prozent für die mechanische Arbeit. Doch diese Prozesswärme wird aktuell leider noch zu 90 Prozent aus fossiler Energie gewonnen.

Wie lässt sich diese Wärme „grüner“ erzeugen? Die Industrie ist in diesem Bereich nicht unabhängig, sondern Teil eines zukünftigen Energiesystems. Dieses System wird derzeit umgebaut – von einem fossilen Energiesystem hin zu erneuerbaren Energien. Dazu müssen Verbrauch und Erzeugung entkoppelt werden, und das geht nur mit Energiespeichern. Hier kommen Hochtemperatur-Wärmepumpen zum Einsatz, die im neuen Energiesystem eine Doppelfunktion erfüllen.

Einerseits ermöglichen sie eine effiziente direkte Wärmeerzeugung, andererseits dienen sie der optimierten Beladung von Wärmespeichern durch einen energieeffizienten Prozess mittels Stromumwandlung. Interessant ist der Einsatz beispielsweise in der Papierindustrie. Hier liegt der Wärmebedarf im Bereich von 100 bis 500 °C bei etwa 80 Prozent; in der Lebensmittelindustrie sind es etwa 50 Prozent.

Im August ging unsere erste Pilotanlage in Cottbus in Betrieb. Es ist eine weltweit einzige Anlage. Sie beruht auf Turbinen und Verdichtern, wie man sie aus der Luftfahrt kennt. Mit diesen Komponenten kann man jetzt Leistungen von etwa 300 KW, später bis 10 MW erreichen. Die Effizienz hängt jedoch von der verfügbaren Abwärme ab. Zudem arbeiten wir nur mit umweltfreundlichen Kältemitteln wie Luft, Argon, Wasser oder CO2.

Mit weiteren Entwicklungen haben wir bereits in unserem zweiten Institutsteil in Zittau begonnen: Hier wollen wir mit unserer Pilotanlage ZiRa (Zittauer Rankine Prozess) 2024 für die Dampferzeugung 140 °C Abgabetemperatur bei ungefähr 400 KW Leistung erreichen und im Anschluss diese Anlage ausbauen. So können wir dann 200 °C bei etwa gleicher Leistung erreichen.

Die Hochtemperatur-Wärmepumpen des DLR sind eine innovative Technologie. Sie arbeiten sehr effizient und können Abgabetemperaturen von 200 bis 400 °C erzeugen. Diese Technologie ist so grün wie der Strom, den sie nutzt: Das sind derzeit etwa 50 Prozent erneuerbare Energien. Wenn wir in Zukunft nahezu 100 Prozent grünen Strom haben, ermöglichen Hochtemperatur-Wärmepumpen eine vollständig nachhaltige und regenerative Energiebereitstellung. Für einige Bereiche gibt es jedoch keine Alternative zur Verbrennung von Wasserstoff – dort wo Elektrifizierung nicht möglich ist, sollte sein Einsatz Vorrang haben. Die Energiewende ist jetzt und die Hochtemperatur-Wärmepumpe ist ein wichtiger Baustein dazu.

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