CAN dominierte die E/E-Kommunikation der Automobilindustrie in den letzten 30 Jahren. Allerdings stößt diese Technologie in Bezug auf die Übertragungsgeschwindigkeit großer Daten immer mehr an ihre Grenzen, auch wenn der neue „Flexible Data Rate CAN“ (CAN-FD) die Leistungsfähigkeit dieser Technologie deutlich steigert. MOST kann große Datenmengen übertragen; ist aber ein proprietärer, automotive-spezifischer Standard. LIN und FlexRay spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Doch auch diese Technologien erlauben keine großen Steigerungen der Datenübertragungsrate mehr. Um die steigenden Anforderungen zu meistern, setzen immer mehr Fahrzeughersteller auf die Ethernet-Technologie. Sie ist bekannt, flexibel, skalierbar und erlaubt hohe Datenraten. Besonders Multikamera-Fahrerassistenz- und Infotainmentanwendungen erfordern die Übertragung großer Datenmengen in Echtzeit bei niedrigem Jitter. Die klassischen Mikrocontroller- und Softwarelösungen erreichen derzeit jedoch nicht die erforderlichen Datenraten, Latenzen und Jitter, da unter anderem die Kommunikation die Central Processing Unit (CPU) zu stark belasten würde (Abbildung 1). Auch Gateway-Steuergeräte mit Multicore-Anwendungen sind keine befriedigende Lösung, da der Stromverbrauch und die damit verbundene größere Abwärme ansteigen.
Die Etas Data Engine (EDE)
Um die genannten Herausforderungen zu beseitigen, liegt es nahe, die Data Plane und die Control Plane zu separieren (Abbildung 2): Die Data Plane wird vollständig in Hardware realisiert, die Control Plane nach wie vor in Software. Die CPU des Steuergeräts konfiguriert lediglich die in der Steuergerätehardware realisierte Data Plane, die Etas Data Engine (EDE). Diese ist in der Lage, selbständig die Bearbeitung der Datenframes durchzuführen. Die EDE empfängt, speichert, sendet und wiederholt bei Bedarf die Datenframes selbständig. Header werden interpretiert und modifiziert. Ebenso erfolgen die Segmentierung und das Zusammensetzen der Datenframes unabhängig von der CPU. Determinismus und Zuverlässigkeit der Übertragung (Quality of Service, QoS) sind durch entsprechendes Prioritätshandling gewährleistet. So lässt sich mit der EDE die CPU des Steuergeräts wesentlich entlasten und konstant niedrige Latenzzeiten von kleiner 5µs erreichen. Der Jitter ist dabei vernachlässigbar. Mit einem Datendurchsatz von 3 GBit/s ist selbst die Unterstützung von Gigabit Ethernet bei voller Auslastung problemlos möglich. Die Data Engine erlaubt somit ein effizientes und leistungsfähiges Datenhandling bei gleichzeitig niedriger CPU-Last und insgesamt geringerem Energieverbrauch im Steuergerät.
Neue Möglichkeiten mit der EDE
Mit Hilfe der EDE sind leistungsfähige Backbone-Architekturen möglich. Die Latenzzeiten und der Jitter werden in den Domänen-Steuergeräten minimiert. Die Quality of Service wird durch ein hierarchisches Scheduling auf drei Ebenen sichergestellt. Auf Schnittstellenebene wird nach Übertragungsrate priorisiert. Vier Prioritätsebenen pro Schnittstelle gewährleisten niedrige Latenzen. Innerhalb einer Prioritätsebene werden die Botschaften nach dem gewichteten „Round Robin“-Verfahren behandelt. Schnelle, verteilte regelungstechnische Systeme, wie Fahrdynamikregelungen oder Systeme, bei denen die Synchronizität von Bedeutung ist, wie beispielsweise Multikamerasysteme, kann man damit zuverlässig und präzise vernetzen.
Open-Market-Lösung
Die EDE entsteht in Partnerschaft zwischen dem Geschäftsbereich Automotive Electronics von Robert Bosch und Etas. Während Bosch Automotive Electronics über Know-how in der IP-Core-Entwicklung für Serienchips und Steuergeräte-Entwicklung verfügt, bringt Etas eine fast 20-jährige Erfahrung in den Bereichen Ethernet-Kommunikation ein. Durch dieses Know-how sind wir in der Lage, von der Idee über das Design bis zur Entwicklung von Großserienprodukten für zukünftige Kommunikationskomponenten zu unterstützen. Der IP-Core für die EDE wird von Bosch Automotive Electronics bereitgestellt, sodass die EDE von allen Halbleiterherstellern beispielsweise auf Mikrocontroller-Chips integrierbar ist. Dadurch wird die Datenkommunikation für den gesamten Automotive-Bereich vereinheitlicht, und die Entwicklungsingenieure müssen sich nicht mit herstellerspezifischen Implementierungen beschäftigen. Sie können sich damit auf ihre Hauptaufgaben konzentrieren. Die EDE stellt somit einen idealen Baustein im Baukasten der automotiven Kommunikation für moderne E/E-Architekturen im Automobil dar, welche die Entwicklung von vernetzten Fahrzeugsystemen sicher und effizient beschleunigt.