A&D: Welche Rolle spielt das Thema Sicherheit in der Historie Ihres Unternehmens, Herr Kübler?
Gebhard Kübler: In unseren Zielbranchen - von der Verpackungstechnik über mobile Anwendungen bis hin zu den erneuerbaren Energien - ist die Anforderung an Safety über die Jahre hinweg gewachsen. Sicherheitstechnik ist heute nicht mehr wegzudenken. Weil wir in der glücklichen Situation sind, dass unser Vertrieb nah am Kunden und dessen Applikation arbeitet, haben wir diesen Bedarf schnell erkannt und als einer der ersten auf dem Markt sichere Drehgeber angeboten. Daraus hat sich ein breites Sortiment an sicheren Inkremental- und Absolutgebern entwickelt.
Weshalb haben Sie das Sensorikangebot um ein sicheres Steuerungsmodul ergänzt?
Kübler: Auf unserem Weg vom Komponentenhersteller zum Lösungspartner mussten wir feststellen, dass es auf dem Markt nur wenige Sicherheitssteuerungen für einfache Anwendungen gibt, zum Beispiel für einzelne Achsen. Deshalb haben wir Partnerunternehmen zu einem Workshop geladen und ausführlich über diese Situation diskutiert. Unsere Vorstellungen haben wir in einer Produktstrategie definiert und gemeinsam den Kunden vorgestellt. Deren Interesse war unglaublich hoch und die Türen standen offen. Heute haben wir entsprechende Sicherheitsmodule unter der eigenen Marke im Programm. Damit können wir ein breites Safety-Portfolio anbieten und sind in Sachen Sicherheit ganz vorne dabei.
Was bedeutet das konkret?
Markus Brunner: Unser Angebot umfasst Steuerungsmodule für die sichere Positions- und Drehzahlüberwachung an einer oder zwei Achsen. Auch in Relation zueinander können zwei Achsen sicher überwacht werden. Zusätzlich zu diesen Modulen bieten wir unterschiedliche Erweiterungsmodule für die Kommunikation zur Hauptsteuerung, zum Beispiel über Canopen, Profibus, Profinet und Ethercat.
Das Thema Safety gewinnt also an Bedeutung bei Kübler?
Kübler: Ja. Ich bin aber der Meinung, dass an dieser Stelle nicht nur das Produkt zählt, sondern auch Service und Engineering Support stark ins Gewicht fallen. Deswegen haben wir zwei Mitarbeiter speziell für dieses Thema eingestellt. Einer wird sich um das reine Produktmanagement kümmern, der andere um die applikationsspezifischen Anforderungen und die Weiterentwicklung der Sensorik. In diesem Sinne wollen wir ein schlagkräftiges Team etablieren, das sich nur mit dem Thema Sicherheit beschäftigt und den Flächenvertrieb entsprechend ergänzt.
Konzentrieren Sie sich dabei auf gewisse Applikationen oder Branchen?
Brunner: Die Anforderungen einzelner Branchen sind teilweise schon sehr spezifisch. Aber an dieser Stelle helfen uns die Maschinenrichtlinie und deren Liste harmonisierter Normen. Diese Anforderungen gelten ja branchenübergreifend, dementsprechend stimmt die Funktionalität unserer Sicherheitsmodule gut damit überein. Aber wir bleiben auf gewisse Branchen ausgerichtet und es gibt auch Märkte, die wir vorerst nicht fokussieren, weil die Normenlage dort eine andere ist oder uns die entsprechenden Kontakte noch fehlen.
Wie differenzieren Sie sich als Drehgeberhersteller vom Wettbewerb?
Brunner: Neben dem großen Safety-Know-how liegt unser Augenmerk auch auf einem hohen Diagnosedeckungsgrad unserer Drehgeber, den wir über spezielle Schnittstellen wie Sinus/Cosinus oder SSI sicherstellen. Einen weiteren wichtigen Aspekt unserer Branchenstrategie sehe ich in der Robustheit der Komponenten. Wir beliefern viele Branchen, in denen unsere Geber aggressiven Umweltbedingungen ausgesetzt sind. Dazu gehört die Automatisierung von Nutzfahrzeugen genauso wie die Stahlindustrie. Um den dort herrschenden Qualitätsanspruch zu erfüllen, haben wir stark in stabile Mechanik investiert und viele Produkte in Heavy-Duty-Ausführung aufgebaut. Weil bei solchen Einsätzen klassische Kabel oft nicht ausreichen, ergänzt ein breites Spektrum an LWL-Schnittstellen und -Modulen unser Angebot. Diese Expertise bei erhöhten mechanischen und elektrischen Anforderungen differenziert uns zunehmend am Markt und macht uns immer mehr zu einem Spezialisten für härtere Anwendungen.
Wie geht es strategisch weiter?
Kübler: Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Unternehmens vor anderthalb Jahren haben wir uns vorgenommen, in den nächsten zehn Jahren den Umsatz zu verdreifachen. Dafür positionieren wir das Unternehmen auf verschiedenen Säulen. Unsere Kernbereiche bleiben sicherlich die klassische Winkelsensorik sowie die angestammte Prozess- und Zähltechnik. Relativ neu hinzugekommen ist das Feld Übertragungstechnik - zum Beispiel mit Schleifringen oder den Lichtwellenleitermodulen. Über diese drei Säulen wollen wir das Thema Safety strategisch ausrollen und in unseren Zielbranchen eine führende Position einnehmen. Dafür sind Innovationen unerlässlich - es ist wichtig, in manchen Feldern der Erste zu sein und das ist uns im Bereich Safety gut gelungen. Zudem soll die Unternehmensgruppe weiter wachsen. Wir planen neue Töchter im Ausland und schließen auch Zukäufe nicht aus. Wichtig ist dabei, auch nach 50 Jahren stets unabhängig zu bleiben - von anderen Firmen genauso wie von Banken.
Geht diese Rechnung auf?
Kübler: Definitiv, Kübler wächst und hat im Jahr 2011 einen Umsatz von 45 Millionen Euro erreicht. Eine eventuelle Beruhigung der Märkte wollen wir durch Neukunden kompensieren und auch in diesem Jahr wieder zweistellig wachsen. Dafür haben wir auch auf Mitarbeiterseite die nötigen Voraussetzungen geschaffen - das Unternehmen beschäftigt inzwischen 360 Personen, davon 260 am Hauptsitz in Villingen-Schwenningen. Mit diesem ausgezeichneten Team blicke ich optimistisch in die Zukunft.