Speicher für Erneuerbare Simulationsstudie zeigt: Methanol ist konkurrenzfähig zu Wasserstoff

Die Analyse von Wetterdaten über 71 Jahre hat Methanol als wirtschaftliche Alternative zu Wasserstoff herausgestellt. Was letzten Endes günstiger ist, hängt aber von einem bestimmten Faktor ab.

Bild: iStock, Natt Boonyatecha
07.11.2023

An der TU Berlin ist eine Studie zu alternativer Energiespeicherung durchgeführt worden. Das Ergebnis: Methanol wäre im Vergleich zu Wasserstoff ein wirtschaftlich konkurrenzfähiger Energieträger und darüber hinaus überall einsetzbar. Die Kostenersparnisse können sich auf bis zu 43 Prozent belaufen.

Methanol könnte als Energieträger für die Zwischenspeicherung von Strom aus erneuerbaren Energien bis zu 40 Prozent Kosten sparen im Vergleich mit Wasserstoff – jedenfalls dann, wenn sich dieser nicht unterirdisch in Salzkavernen speichern lässt. Das ist das zentrale Ergebnis einer Simulationsstudie der TU Berlin und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Sie fordern vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) deshalb, auch Methanol in seine Kraftwerksstrategie aufzunehmen.

„Was in den Diskussionen und auch in der Kraftwerksstrategie der Bundesregierung bisher zu kurz kommt, ist der Einbezug der Speicherorte in die Überlegungen“, sagt Prof. Dr. Tom Brown vom Fachgebiet Digitale Transformation in Energiesystemen der TU Berlin. Zu sehr habe man sich auf die Möglichkeit fokussiert, Wasserstoff in unterirdischen Salzkavernen zu speichern. „Solche natürlichen, geologischen Salzablagerungen finden sich aber vor allem in Norddeutschland“, erklärt Brown. Zudem bräuchte man ein Leitungsnetz, um den Wasserstoff über weite Strecken transportieren und so die industrielle Nachfrage bedienen zu können.

Brown beschreibt daher ein bisher wenig bedachtes Szenario: Was wäre, wenn sich energieintensive Industrien wie zum Beispiel die Stahlproduktion dahin verlagern, wo es sowohl Rohstoffe als auch billigen Strom aus erneuerbaren Energien vor dem Werkstor gibt? Im Falle des Stahls also beispielsweise nach Schweden, Mauretanien in Afrika oder gar Australien, wo sowohl Eisenerz als auch günstiger grüner Wasserstoff das ganze Jahr über verlässlich verfügbar sind. „Dann könnte es schlicht nicht wirtschaftlich sein, in Deutschland ein Wasserstoffnetz zu betreiben, das das Gas aus den Salzkavernen in Norddeutschland in die Industriezentren in Mittel- und Süddeutschland transportiert“, sagt Brown. Für solche Fälle sollte man laut dem Wissenschaftler einen Plan B haben.

Methanol als Alternative

Als alternativer Energieträger zu Wasserstoff bietet sich Methanol an. Dieser einfachste organische Alkohol muss anders als Wasserstoff nicht erst energieaufwendig verdichtet werden und hat gegenüber diesem einen fünfmal so hohen Energieinhalt pro Volumen. Das ist nicht nur für den Transport günstig, sondern vor allem für die Speicherung.

„Dort, wo es keine Salzkavernen gibt, muss Wasserstoff in Stahltanks gespeichert werden“, erklärt Brown. „Aufgrund des hohen Drucks des verdichteten Wasserstoffs müssen diese besonders dickwandig sein und sind deshalb um ein Vielfaches teurer als einfache Tanks für Methanol.“

Um all diese Überlegungen in konkrete Zahlen umsetzen zu können, haben sich die Forscher der TU Berlin Daten der dänischen Energie-Agentur sowie Wetterdaten der vergangenen 71 Jahre besorgt. Damit fütterten sie die von ihnen entwickelte Simulationssoftware PyPSA. Herzstück der Analyse ist dabei eine neuartige Turbine zur Stromproduktion, deren besondere Eigenschaften den alternativen Energieträger Methanol wieder ins Spiel bringen könnten.

Geschlossener CO2-Kreislauf durch Allam-Turbine

Die sogenannte Allam-Turbine wird bereits in einem Kraftwerk in Texas genutzt. In ihr findet die Verbrennung mit reinem Sauerstoff statt, sodass die Abgase nur aus Wasser und CO2 bestehen. Dieses kann daher leicht abgeschieden und gespeichert werden, um daraus später mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien und Wasserstoff wieder Methanol herzustellen. Dadurch entsteht ein geschlossener CO2-Kreislauf, und das Speicherkonzept kann quasi CO2-neutral arbeiten.

„Die Wirtschaftlichkeit kann noch weiter verbessert werden, wenn der bei der Wasserstoffproduktion mithilfe von Elektrolyse als Nebenprodukt entstehende Sauerstoff ebenfalls gespeichert wird. Dieser kann dann in der Allam-Turbine für die Verbrennung des Methanols genutzt werden“, ergänzt Brown.

Salzkavernen ausschlaggebender Faktor

„Da die Allam-Technik noch nicht im großen Stil verwendet wird, sind unsere Preisabschätzungen sehr konservativ“, sagt Brown weiter. „Denn es ist zu erwarten, dass sie mit weiterer Verbreitung wesentlich billiger wird.“ Umso erstaunlicher, dass schon unter den jetzigen Voraussetzungen Methanol sehr gut gegenüber Wasserstoff abschneidet: Kann dieser nicht in Salzkavernen gespeichert werden, sondern benötigt Drucktanks aus Stahl, so ist der Strom mit Methanol als Speichermedium 29 bis 43 Prozent billiger, je nach Wetterbedingungen. Sind Salzkavernen in der Nähe der Wasserstofferzeugung, so hat Wasserstoff die Nase vorn, und der Strom mit Methanol als Speichermedium ist 16 bis 20 Prozent teurer.

„Wir erwarten, dass mit sinkenden Kosten aufgrund fortschreitender Verbreitung der Allam-Technik diese Lücke auf sechs bis sieben Prozent schrumpft“, sagt Brown. Interessant an den Simulationen ist auch, dass die Allam-Turbinen in Deutschland nur für knapp zehn Prozent der benötigten elektrischen Energie aufkommen müssten, der Rest könnte immer sofort durch die erneuerbaren Energien beziehungsweise durch kleinere Kurzzeit-Batteriespeicher gedeckt werden.

Strategische Reserve für Notfälle

Laut Brown soll die Studie die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft vor allem dazu anregen, weiterhin offen zu sein für die Vor- und Nachteile der verschiedenen Energieträger. Weitergehende, auch EU-weite Simulationen seien nötig, um Eckdaten für strategische Entscheidungen zu erhalten. „Als Plan B sollte man Methanol auf jeden Fall auf dem Schirm haben. Auch als mögliche strategische Reserve für Krisen wie Vulkanausbrüche mit Beeinträchtigung der Sonneneinstrahlung oder Attacken auf die Netzinfrastruktur.“

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