Zwischen Wachstum und Energiewende Standortvorteil Rechenzentrum: Wie Deutschland wirtschaftlich profitiert

Ein neues Gutachten zeigt: Nachhaltige Rechenzentren stärken den Wirtschaftsstandort Deutschland. Doch sind energieintensive Rechenzentren eine Chance oder eine Belastung für das Energiesystem?

Bild: iStock, gorodenkoff
13.03.2025

Die Digitalisierung treibt den Bedarf an Rechenzentren voran – mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft und Energieversorgung. Ein Gutachten zeigt, dass Deutschland durch eine gezielte Standortpolitik und die intelligente Einbindung von Rechenzentren in das Energiesystem wirtschaftliche Vorteile sichern und gleichzeitig die Netzstabilität verbessern kann.

Nachhaltige Rechenzentren stärken den Wirtschaftsstandort Deutschland? Ein neues Gutachten zeigt: Mit einer gezielten Standortpolitik und einer intelligenten Einbindung in das Energiesystem können die digitale Souveränität und die Wirtschaft in Deutschland gestärkt werden.

Die fortschreitende Digitalisierung, verbunden mit dem Wachstum der Digitalwirtschaft, führt zu einem stark steigenden Bedarf an digitaler Infrastruktur. Rechenzentren sind dabei ein zentraler Baustein, sie zählen bereits heute zu den am schnellsten wachsenden energieintensiven Branchen in Deutschland. Mit über 2.000 Rechenzentren und einer IT-Anschlussleistung von mehr als 2.700 MW ist Deutschland der führende Rechenzentrumsstandort in Europa. Prognosen zufolge könnte der branchenspezifische Strombedarf bis 2030 auf 31 TWh und bis 2045 auf 80 TWh steigen – eine Vervierfachung gegenüber 2024.

Zukunftstechnologien als Wettbewerbsvorteil für Deutschland

Corinna Enders, Vorsitzende der Geschäftsführung bei Dena sagt dazu: „Deutschland braucht eine klare Strategie für den Ausbau digitaler Infrastruktur, um die Entwicklung des Energiesystems mit Sicherheitsfragen und Wirtschaftswachstum zu verbinden. Die kommende Regierung kann hierfür bessere Rahmenbedingungen schaffen, wie unser Gutachten zeigt. Europäische Datensouveränität, höhere Resilienz der Wirtschaft und Synergien von Digitalwirtschaft mit Energie- und Klimapolitik sind möglich und sollten jetzt in den Fokus rücken.“

Standortchancen nutzen und weiterentwickeln

Deutschland bietet attraktive Standortbedingungen für regionale, nationale und internationale Rechenzentren. Dies sind unter anderem eine zentrale Lage in Europa und eine hohe Nachfrage nach Rechenzentrumsdienstleistungen, die hohe politische Stabilität und hohe Datenschutzstandards sowie eine sehr zuverlässige Stromversorgung mit einem hohen und wachsenden Anteil erneuerbarer Energien.

Im Vergleich mit den USA und China sind die Investitionen in Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz in Deutschland und Europa aber gering. Doch Deutschland kann als zentraler Wirtschaftsraum in Europa mit höchsten Anforderungen an Datensicherheit mehr für eine dynamische Marktentwicklung im Land machen.

Dezentrale Strategie mit Integration ins Energiesystem

Der weitere Ausbau von Rechenzentren lässt sich gezielt mit dem Aus- und Umbau der Energiesysteme verknüpfen. Derzeit konzentriert sich das Wachstum auf wenige Regionen wie Frankfurt und Rhein/Main, was die lokalen Stromnetze stark belastet. Bei einer stärker über ganz Deutschland verteilten Ansiedlung, insbesondere in Regionen mit hoher erneuerbarer Stromproduktion, könnte die regionale Wirtschaft in der Fläche profitieren und die neuen Rechenzentren könnten als Großverbraucher besser in das Energiesystem eingebunden werden. Denkbar sind etwa eine Nutzung der unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV), inklusive Pufferspeichern, die Nutzung von Abwärme zur Einspeisung in lokale Wärmenetze oder die Nutzung von Flexibilitätsoptionen zur Netz- und Strompreisstabilisierung.

Digital-Unternehmen und Fachkräfte als Wirtschaftsmotor

In Regionen mit Rechenzentren können sich durch Zuzug von Anbietern der IT-Infrastruktur, Unternehmen der Digitalwirtschaft sowie Forschungsinfrastruktur neue Cluster entwickeln. Dort entstehen durch den Betrieb eines 1-MW-Rechenzentrums in Deutschland etwa drei bis neun Arbeitsplätze, in nachgelagerten Unternehmen hingegen zwischen 35 und 140 Mitarbeitende je MW. Um diese Potenziale zu heben, braucht es eine lokale und regionale Standort- und Ansiedlungspolitik, die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen sowie regionale Clusterbildung digitaler Ökosysteme. Zentrale Voraussetzung ist die Ausweisung geeigneter Flächen für die Ansiedlung sowie die integrale Planung im Verbund mit den Strom-, Wärme- und Glasfasernetzen.

Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat die Deutsche Energie-Agentur gemeinsam mit den Projektpartnern Borderstep Institut, Universität Stuttgart, SDIA, EY Law, Fraunhofer ISI und BBH-Gruppe die Marktentwicklung, Wechselwirkungen mit dem Energiesystem sowie Standortchancen für Neuansiedlungen untersucht. Die Ergebnisse sind im aktuellen Gutachten „Stand und Entwicklung des Rechenzentrumsstandorts Deutschland“ zusammengefasst.

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