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Digitale Ökosysteme werden für die Industrie immer wichtiger Supply Chain-Ökosysteme für die Lieferketten der Zukunft

Digitale Datenökosysteme wie GAIA-X bieten den notwendigen sicheren Raum für den branchenübergreifenden Austausch von Lieferkettendaten.

Bild: iStock, Daniel Megias
26.03.2025

Robuste Lieferketten sind spätestens seit der COVID-19-Pandemie unverzichtbar. Supply-Chain-Ökosysteme versprechen Transparenz, Effizienz und Zusammenarbeit entlang der gesamten Lieferkette. Und Unternehmen profitieren von geringeren Risiken, neuen Geschäftsmöglichkeiten und besseren Partnerschaften – vorausgesetzt, sie bringen technologische und organisatorische Reife mit. Im Interview erklären Gaia-X-COO Roland Fadrany und Detecon-Supply-Chain-Experte Dr. Roland Keil, wie Unternehmen von diesen Ökosystemen profitieren können.

Gaia-X, Catena-X, Manufacturing-X, Aerospace-X, Arena-X – Datenökosysteme gibt es mittlerweile viele. Was sind die zentralen geschäftlichen Vorteile für Unternehmen, die sich einem solchen Verbund anschließen?

Roland Fadrany

Unternehmen profitieren von niedrigeren Kosten, da Prozesse effizienter und Daten besser verfügbar sind. Durch den Datenaustausch entstehen zudem neue Geschäftsmöglichkeiten. Anforderungen an Nachhaltigkeit (ESG) und Datenschutz lassen sich einfacher erfüllen. Zudem steigern Firmen ihre Innovationskraft, verkürzen Markteinführungszeiten und reagieren flexibler auf Marktveränderungen. Über das Netzwerk erhalten sie Zugang zu internationalen Märkten und neuen Partnern.

Welchen Herausforderungen kann man aktuell im europäischen Raum mit Hilfe von Supply-Chain-Ökosysteme begegnen?

Roland Keil

Klassische Lieferketten sind oft ineffizient, unflexibel und intransparent. Die Pandemie hat gezeigt, dass Ökosysteme diese Schwächen ausgleichen können. Aktuell stehen viele Unternehmen vor steigenden regulatorischen Anforderungen. Themen wie Datenschutz (DSGVO), Nachhaltigkeit und CO2-Reduktion verursachen hohen administrativen Aufwand. Ökosysteme erleichtern diesen Prozess, indem sie Standards für den Datenaustausch schaffen.

Roland Fadrany

Ein großes europäisches Datenökosystem wie GAIA-X kann da seine Stärken voll ausspielen. Es erleichtert die Zusammenarbeit und den Wissenstransfer zwischen Unternehmen und Partnern in einem sicheren, standardisierten Rahmen für den Datenaustausch. Die Teilnehmenden profitieren von einem breiten Netzwerk und verfolgen gemeinsame Ziele, etwa in den Bereichen Nachhaltigkeit und Effizienz. Gemeinsam setzen sie neue Standards für ihre Branchen und steigern ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Innovationen und Best Practices.

Einmal angenommen ein Unternehmen möchte von den Vorteilen eines solchen Ökosystems profitieren. Mit welchen Anforderungen muss es rechnen, um Zugang zu erhalten?

Roland Fadrany

Unternehmen, die in ein Ökosystem eintreten wollen, müssen sowohl regulatorische als auch technologische Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen Datenschutzbestimmungen wie die DSGVO einhalten, um sensible Daten zu schützen, und nachweisen, dass ihre Lieferkette nachhaltigen Standards entspricht. Technologisch sollten sie standardisierte Datenschnittstellen nutzen, um sich nahtlos mit anderen Systemen zu vernetzen. Außerdem müssen sie große Datenmengen effizient verarbeiten können, um fundierte Echtzeitentscheidungen zu treffen. Auf den ersten Blick klingt das komplex, doch in der Praxis sind diese Hürden oft überschaubar – zumindest bei GAIA-X. Wir sorgen dafür, dass der Einstieg möglichst einfach bleibt und Unternehmen sich nicht mit unnötigen organisatorischen, technischen oder finanziellen Barrieren aufhalten müssen.

Roland Keil

Neben diesen offensichtlichen Anforderungen gibt es weitere, die Unternehmen oft unterschätzen. Viele erkennen zwar die Vorteile eines Ökosystems, wissen aber nicht, wie sie die notwendigen Voraussetzungen erfüllen sollen – weder technologisch noch organisatorisch. Die Begeisterung für den Datenaustausch trifft dann auf Unsicherheit in der Umsetzung. Unternehmen müssen deshalb in Governance, Technologie und Geschäftsprozessen eine gewisse Reife mitbringen oder bereit sein, diese zu entwickeln.

Können Sie uns konkrete Beispiele für erfolgreiche Use Cases und Best Practices in Ökosystemen geben?

Roland Fadrany

Anfang 2022 startete Gaia-X mit ersten Diensten und Datenräumen, darunter der Mobility Data Space. Damit begann die Umsetzungsphase des ersten sicheren föderierten Datenökosystems in Europa. Elf Konsortien aus verschiedenen Branchen entwickeln seither marktrelevante Innovationen mit großem Potenzial. Neben diesen geförderten Projekten entstehen zunehmend industriegetriebene Ökosysteme. Ein Beispiel ist der Verkehrssektor, wo Unternehmen die vernetzte Mobilität verbessern. Auch im Schienenverkehr arbeiten Firmen aus der Bahnindustrie enger zusammen, um Prozesse effizienter zu gestalten.

Welche Rolle spielen Zukunftstechnologien wie Blockchain und Künstliche Intelligenz (KI) in Ökosystemen?

Roland Keil

Zukunftstechnologien erhöhen die Sicherheit, verbessern die Planbarkeit und optimieren die Ressourcennutzung in der Lieferkette. Blockchain verschlüsselt Supply-Chain-Daten und sorgt für eine transparente, manipulationssichere Dokumentation von Transaktionen. KI analysiert Daten, optimiert Bestände, Lieferzeiten und Produktionsplanung. Sie erkennt frühzeitig Anomalien und hilft, Risiken zu minimieren. In jedem Ökosystem gelten dabei hohe Standards für Vertrauen, Sicherheit und Datensouveränität.

Roland Fadrany

GAIA-X setzt von Anfang an auf KI. Das Ökosystem erleichtert nicht nur ihre Entwicklung und Nutzung, sondern löst auch viele der damit verbundenen

Wie sieht die Zukunft eines Datenökosystems wie Gaia-X aus? Welche Entwicklungen sind da in den nächsten Jahren noch zu erwarten?

Roland Fadrany

Gaia-X hat eine sichere und transparente Plattform für den Datenaustausch in Europa geschaffen. Jetzt geht es darum, dass Unternehmen entlang ihrer Supply Chain eigene Ökosysteme aufbauen. Sie können damit datengetriebene Geschäftsmodelle verbessern oder neu entwickeln. Dafür haben sich die Mitglieder des Gaia-X Hub Deutschland in elf Fachbereiche aufgeteilt – darunter Bildung, Gesundheitswesen, Landwirtschaft, Verwaltung und Smart Living.

Roland Keil

Zwei Faktoren bestimmen die Zukunft dieser Entwicklung: Erstens müssen Unternehmen ihre gesamte Supply Chain in einem einheitlichen Datenraum abbilden. Zweitens muss die Teilnahme an einem Ökosystem einen direkten geschäftlichen Vorteil bieten. Nur wenn Unternehmen dadurch ihr Kerngeschäft stärken, setzen sie langfristig auf digitale Ökosysteme.

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  • Roland Fadrany ist seit 2022 COO von Gaia-X. Er sorgt für effektive Strategien, Prozesse und organisatorische Aspekte, die die Vision und Mission von Gaia-X fördern. Mit mehr als 20 Jahren internationaler Management- und Beratungserfahrung bringt er starke Führungs- und Digitalisierungskenntnisse in das Team ein. Er hat einen Master-Abschluss in Engineering Management von der Southern Methodist University in Dallas, TX.

    Roland Fadrany ist seit 2022 COO von Gaia-X. Er sorgt für effektive Strategien, Prozesse und organisatorische Aspekte, die die Vision und Mission von Gaia-X fördern. Mit mehr als 20 Jahren internationaler Management- und Beratungserfahrung bringt er starke Führungs- und Digitalisierungskenntnisse in das Team ein. Er hat einen Master-Abschluss in Engineering Management von der Southern Methodist University in Dallas, TX.

    Bild: Klaus Titzer

  • Dr. Roland Keil ist Managing Partner bei Detecon und leitet dort den Marktsektor Travel, Transport & Logistics. Nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann im Großanlagenbau und dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und des Arbeitsrechts promovierte er an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Anschließend war er bei der Deutschen Telekom AG unter anderem als Referent der Konzernstrategie und später als Bereichsleiter Product Development Voice & Data bei T-Systems tätig. 2008 wechselte er zu Detecon, wo er nun seine mehr als zwanzigjährige Erfahrung in der Markt-, Kunden- und Technologieentwicklung in den Branchen Transport & Logistik, Telekommunikation/IT, Öffentliche Unternehmen und Handel einbringt.

    Dr. Roland Keil ist Managing Partner bei Detecon und leitet dort den Marktsektor Travel, Transport & Logistics. Nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann im Großanlagenbau und dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und des Arbeitsrechts promovierte er an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Anschließend war er bei der Deutschen Telekom AG unter anderem als Referent der Konzernstrategie und später als Bereichsleiter Product Development Voice & Data bei T-Systems tätig. 2008 wechselte er zu Detecon, wo er nun seine mehr als zwanzigjährige Erfahrung in der Markt-, Kunden- und Technologieentwicklung in den Branchen Transport & Logistik, Telekommunikation/IT, Öffentliche Unternehmen und Handel einbringt.

    Bild: Detecon

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