Auch wenn die aktuellen Automaten nicht mehr wie die
Modelle aus den Anfangszeiten aus Gusseisen bestehen, hat sich ihr Funktionsprinzip seither kaum geändert. Ihren Erfolg verdanken sie zwei Aspekten: Sie verkaufen rund um die Uhr, und das praktisch ohne Personal. Die stummen Dienstleister haben jedoch auch Nachteile: Automaten können Käufer nicht aktiv ansprechen, den Verkauf anbahnen oder individuellen Service bieten. Das soll jedoch bald Vergangenheit sein. Denn leistungsfähige Systeme des Embedded-Computing-Marktes halten auch hier Einzug und verschaffen den Automaten Intelligenz und eine Verknüpfung zur Außenwelt. Damit ergeben sich Mehrwerte für Hersteller, Automatenbetreiber und Kunden.
Viele Schnittstellen, viele Möglichkeiten
Möglich wird dies, da sich inzwischen Systeme mit vielen Schnittstellen ohne nennenswerten Hardware-Designaufwand aufbauen lassen. Denn Hersteller hochwertiger und standardisierter Boards und PCBs bieten immer mehr Standardmodelle an, die sich für eine Vielzahl anspruchsvoller Applikationen eignen – so auch für Automaten. Dank neuer, leistungsfähiger Chipsätze besteht die Möglichkeit, viele externe Geräte anzuschließen. So verfügen sie etwa über mPCIe Slots, so dass sich Wireless-
Module oder Flash-Speicher ergänzen lassen. Über serielle Schnittstellen (zum Beispiel RS-232 oder RS-485) lassen sich externe Kartenlesegeräte, Kassenbondrucker oder Greifer anbinden. An PCIe-Schnittstellen kann man Erweiterungskarten anschließen, die wiederum weitere Schnittstellen bieten, etwa für Netzwerkkarten, zusätzliche Displays oder noch mehr serielle Schnittstellen. Beflügelt von der Entwicklung hin zu immer leistungsstärkeren Prozessortechniken mit wenig Verlustleistung und dadurch geringer Hitzeentwicklung, können diese komplexen Systeme auf kleinem und engem Raum platziert werden und eröffnen zahlreiche Möglichkeiten zum Ausbau der Konnektivität von Anwendungen.
So bietet Advantech einen leistungsfähigen Single Board Computer mit 3,5-Zoll basierend auf dem 4thGen Core der U-Serie. Das MIO-5271 besitzt unter anderem vier serielle Schnittstellen, zwei mPCIe und einen Ethernet-LAN-Anschluss. Die Grafikleistung kann bis zu drei unabhängige Displays gleichzeitig steuern über LVDS, HDMI und VGA. Verschie-
dene Erweiterungskarten des Unternehmens lassen sich über eine MI/O-Schnittstelle anbinden, beispielsweise für weitere serielle Schnittstellen oder Ethernet.
Interaktive Grafik, die anspricht
Viele industrielle Boards kombinieren zudem starke Grafikleistung mit sehr geringer Verlustleistung des Prozessors. Dazu gehört etwa das MiniITX-Board D3313-S von Fujitsu Technology Solutions. Es basiert auf der SoC-Prozessorplattform der AMD Embedded eKabini/SteppEagle und ist mit einem mPCIe Slot und einem PCIe x4, drei seriellen Schnittstellen und zwei Ethernet LAN ausgestattet. Sein starker Grafikprozessor ermöglicht Full HD und die Steuerung von zwei unabhängigen Displays gleichzeitig über LVDS/Displayport und DVI.
Die Waren können damit in hochauflösenden Videos oder 3D-Bildern auch auf größeren Displays präsentiert werden. Mit Hilfe der projiziert kapazitiven Touchtechnik kann der Kunde die Produktbilder auch durch dickes Schutzglas heranzoomen und drehen, bevor er einen Artikel auswählt. Diese spielerische Interaktion, die Kunden von ihrem Smartphone kennen, macht Automaten intuitiv bedienbar und motiviert deutlich stärker zur Nutzung als eine langweilige Front mit ein paar Tasten. Da der Käufer die Produkte genau in Augenschein nehmen kann,
ohne dass diese tatsächlich sichtbar sein müssen, lassen sich auch
Waren verkaufen, die bislang eher ungeeignet waren, etwa Kosmetika oder sogar auf Knopfdruck frisch aufgebackene Pizza oder Brote.
Hat der stille Verkäufer keine Kunden, kann automatisiert ein Werbevideo auf einem großen Monitor ablaufen, das die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zieht und zum Kauf animiert. Dasselbe gilt, wenn Wartezeiten zu überbrücken sind, etwa bis die PIN geprüft oder der Kaffee aufgebrüht ist. Diese
digitale Werbefläche eignet sich nicht nur dazu, um eigene Cross- und Upselling-Potenziale zu erschließen, sie kann auch an Drittanbieter vermietet werden. Beispielsweise kann ein Bank-Automat, aufgestellt in einem Einkaufszentrum, Werbespots der umliegenden Shops abspielen, die so auf ihre Spezialitäten oder Sonderangebote hinweisen.
Ist der Automat zudem mit Funk ausgestattet, lässt sich die Werbung individuell auf den Käufer abstimmen. Wie die gute alte Tante Emma kann der Automat den Käufer auf Produkte oder Services hinweisen, die zu ihm passen. Möglich werden solche Funktionen durch eine Bluetooth-Smart-Verbindung zu Smartphones in der Umgebung, die beispielsweise Google AdWords oder Facebook Ads Services nutzen. Da hier aber eine sicherheitsrelevante Anwendung indirekt mit einer Verkaufsförderung verknüpft ist, müssen zwingend die beiden IPC-Systeme komplett separat und physikalisch voneinander getrennt betrieben werden, um jeglichen Durchgriff auf der Hardware- und Software-Seite in das Banking-System zu vermeiden.
Eine andere Variante ist RFID. Auf der persönlichen Bezahlkarte mit RFID-Chip, wie sie etwa in Kantinen häufig zum Einsatz kommen, lässt sich ein Nutzerprofil speichern. Darauf abgestimmt sieht ein Kunde, der stark koffeinhaltige Produkte bevorzugt und den Adrenalin-Schub sucht, am Kaffeeautomaten Werbung vom Fitnessstudio in der Nachbarschaft. Seinem Kollegen, der den Kaffee immer mit Zucker nimmt, präsentiert hingegen ein Süßwarenhersteller seinen neuesten Schokoriegel. Auch hier wird die klassische RFID-Karte immer häufiger durch das Smartphone mit integrierter NFC-Schnittstelle ersetzt, das dann als Alternative zur Geldbörse oder dem Ausweis fungiert.
Kein Leerlauf
Von einer Verknüpfung zum Internet profitieren auch die
Automatenbetreiber direkt. Kompakte, industrielle Datenspeicher, etwa in Form einer SD- oder MicroSD-Karte, zeichnen jahrelang alle Verkaufsdaten auf. Zum Beispiel bieten Swissbit und Apacer industrielle Speicherkarten, die mit langlebigen SLC-Chips ausgestattet sind. Sie überstehen circa 120 Mal so viele Schreib-Löschzyklen wie kommerzielle Modelle. Dies ist entscheidend, da die Logdaten durchgehend mitgeschrieben werden und so in relativ kurzer Zeit extrem viele Zyklen anfallen. Die Speicherkarten verfügen zudem über einen Mechanismus, durch den bei Stromausfall oder Spannungsschwankungen keine korrupten Daten entstehen. Darüber hinaus bieten beide Hersteller eine so genannte „Fixed Bill of Material“ und damit langzeitverfügbare und stabile Speicherkarten, deren Komponenten (Flash-Chip und Controller) und Firmware stets absolut identisch sind.
Per Funk können diese Daten über das Internet an die Zentrale des Betreibers weitergeleitet werden. Damit kann dieser jederzeit die Füllstände aller Automaten abfragen, oder er erhält automatisiert einen Hinweis, wenn die Befüllung eine vordefinierte Menge unterschreitet. Verderbliche Ware lässt sich ebenso überwachen und rechtzeitig zielgerichtet austauschen, beziehungsweise in schneller drehende Automaten umlagern. Dies senkt nicht nur die Reklamationskosten und steigert die Kundenzufriedenheit, sondern vermeidet auch Ausschusskosten. Meldungen zu beschädigten oder kaputten Geräten reduzieren die Ausfallzeiten auf ein Minimum und tragen so ebenfalls zur Effizienzsteigerung der Automaten bei.
LTE versüßt Wartezeiten
Der nahezu flächendeckende LTE-Ausbau eröffnet weitere Anwendungsmöglichkeiten: Fußballspiele können etwa auf dem Display eines Automaten am Flughafen live übertragen werden – und wird so zum Anziehungspunkt für Fans. Vielleicht würden sie sich solidarisch zusammenschließen, wenn man alle fünf
Minuten einen Schokoriegel kaufen müsste, damit die Übertragung im Vollbildmodus nicht abbricht? So könnte der Versorger seinen Umsatz steigern und die Flugreisenden genießen während ihrer Wartezeit die gute Unterhaltung. Hierfür benötigt der Aufstellort des Automaten lediglich eine Steckdose zur Stromversorgung und ist somit schnell und unkompliziert zu variieren, da keine CAT-Leitungen aufwändig verlegt werden müssen.
Mit LTE fallen die Mobilfunkdatenraten oftmals um ein Vielfaches höher aus als mit einfachen DSL-Verbindungen, so dass sich Videostreams auch in sehr hoher Qualität problemlos übertragen lassen. Für einen Notbetrieb empfiehlt es sich, statische Videodateien lokal abzuspeichern, im Normalbetrieb kann ein Advertisementservice live und in Echtzeit die angezeigten Videos steuern. Eine solche LTE-basierte Möglichkeit lässt sich mit dem LTE-Modul LE910 von Telit einfach realisieren. Es ist auch im Mini-PCIe- und im M.2-Formfaktor erhältlich. Auch die Abwicklung der Einnahmeabrechnungen aus den Automatengeschäften für die Steuer lässt sich auf diese Weise erheblich vereinfachen. Hierfür stehen neu entwickelte korruptionsgesicherte Speicherkarten zur Verfügung, wie sie zum Beispiel das Unternehmen Swissbit anbietet. Sie sind mit verschiedenen, kundenspezifischen Hardware-Schutzmechanismen und Softwareverschlüsselungen ausgestattet.